Mehr Geld für Musik

von | 19. November 2010

Crowdfunding kann die Finanzierung innovativer Projekte vereinfachen. Die starke Einbeziehung der Endnutzer ermöglicht auch Projekten, die keinen kapitalstarken Geldgeber haben, die Umsetzung. Ein mögliches Problem: die fehlende Spendenbereitschaft.

Der Google Trends-Graph zeigt für den noch jungen Begriff „Crowdfunding“ steil nach oben. Es handelt sich dabei um eine neue Finanzierungsart, die derzeit hauptsächlich von Musikern zum Bezahlen von Studioaufnahmen, Konzerten oder auch Promotion-Aktionen genutzt wird. Den Weg zur Plattenfirma ersetzt das Web 2.0, die Netzgemeinde übernimmt die Aufgabe der Kulturförderung. Auf den verschiedenen Crowdfunding-Plattformen kann jeder sein Wahlprojekt unterstützen, indem er in die Rolle des Kleininvestors schlüpft. Haben sich genug Finanziers gefunden und ist das festgelegte Budget-Ziel erreicht, kann die Durchführung des Projekts beginnen. Für den „Believer“ zahlen sich nun seine Investitionen in Form exklusiver Gegenleistungen wie CDs oder auch Gewinnbeteiligungen aus.

Fans und Künstler näher beisammen

„Man bekommt Infos aus dem Proberaum oder aus dem Studio und erfährt quasi hautnah und exklusiv, wie die Entwicklung der Band oder des Albums voranschreitet“, so Tobias Lorenz im Gespräch mit medienMITTWEIDA. Für sellaBand kümmert er sich um den deutschsprachigen Markt. Der Unterstützer könne so von Anfang an dabei sein. Lorenz: „Er bestimmt auch, welches Projekt am Ende umgesetzt wird“. Darauf hat neben der Band Radio Head, die ihre Fans einfach einen beliebigen Betrag für ihre Musikstücke zahlen ließ, auch die bekannte Hip-Hop-Formation Public Enemy vertraut, die mit ihrem geplanten Album neue Wege ausprobieren wollte.

Die Rapper ließen ihr Album bei sellaBand finanzieren und damit auch die Fans mitentscheiden. So wusste die Band schon vor der Produktion genau, was ihre Anhänger sich vom kommenden Produkt erwarten. Vor nicht allzu langer Zeit – genauer am 17. November – konnte diese Philosophie einen weiteren Top-Star überzeugen: Jonathan Davis, Korn-Sänger, der bei sellaBand auf die DVD-Veröffentlichung seines letzten Live-Auftritts spart. Viele kleinere Projekte dürfen jedoch angesichts der schieren Band-Vielzahl nur hoffen, ihr Budget-Ziel zu erreichen. Gerade deutsche Künstler haben es da bislang schwer. In der vierjährigen Geschichte von sellaBand erreichten gerade einmal zwei Künstler aus Deutschland ihr selbst gestecktes Ziel.

Chance für den Journalismus?

Generell ließe sich das Modell auch auf andere Branchen übertragen, wo hohe Anfangskosten zu einem leicht reproduzierbaren Produkt führen. So sind vom Tüftler, der Geld für die Umsetzung seiner Idee braucht, über Filmschaffende und Designer viele Anwendungsbereiche denkbar. Diese breitere Zielgruppe will startnext ansprechen. Das Dresdner Unternehmen befindet sich derzeit in der Beta-Phase, erste Projekte können aber bereits unterstützt werden. Das Ziel des Teams um Tino Kreßner, einen ehemaligen Studenten der Fakultät Medien in Mittweida, ist dabei eine Art allgemeine Kulturförderung aufzubauen.

Auch journalistische Arbeit könne mittels Crowdfunding finanziert werden, „wobei da sicherlich auch die Macht der Verleger eine große Rolle spielt“, so Tobias Lorenz. Micro-Payment-Dienste wie Flattr würden hier bereits zur Mitfinanzierung beitragen. „Crowdfunding kann den Musikmarkt verändern“, schätzt Lorenz. Doch hoffentlich nicht nur den. Denn obwohl die ersten Berichte von nur geringen Flattr-Einnahmen sprechen: Die Hoffnung, dass sich damit auch im Journalismus neue Geldquellen erschließen lassen, bleibt.

Das vollständige Interview mit Tobias Lorenz finden Sie im unten stehenden Audio.

<h3>Marcel Fröbe</h3>

Marcel Fröbe