Trimedialität für mehr publizistische Stärke

von | 19. Oktober 2012

Der trimediale Newsdesk des MDR soll unter der Leitung von Chefredakteur Stefan Raue die Inhalte aus Fernsehen, Radio und Internet stärker miteinander verbinden. Die Idee dahinter ist einfach, aber effizient: […]

MDR-Chefredakteur Stefan Raue leitet den trimedialen Newsdesk. Hier werden die Kanäle besser aufeinander abgestimmt.

Der trimediale Newsdesk des MDR soll unter der Leitung von Chefredakteur Stefan Raue die Inhalte aus Fernsehen, Radio und Internet stärker miteinander verbinden. Die Idee dahinter ist einfach, aber effizient: Innerhalb der gemeinsamen Besprechungen werden mögliche Synergien deutlich und vorhandene Kapazitäten werden gebündelt.

Im Interview spricht Stefan Raue, Chefredakteur des MDR, über die Vorteile des trimedialen Newsdesk und wie die einzelnen Kanäle miteinander verknüpft werden. Außerdem erklärt er, mit welchen Mitteln er jüngere Zielgruppen erreichen will.

Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus dem trimedialen Konzept?

Es ergibt sich die Chance, dass ein Haus wie der Mitteldeutsche-Rundfunk, der Fernsehe-, Hörfunk- und Internetangebote hat, publizistisch viel stärker wird. Ein großer Vorteil ist auch die Bündelung von Kräften. In den letzten Jahrzehnten waren die Entwicklungen im Radio-, Fernseh- und im Onlinebereich sehr unabhängig voneinander. Die Trimedialität ist ein Weg diese drei Bereiche miteinander zu verbinden. Wir fördern dadurch außerdem die Binnenkultur, weil man die Kollegen auf eine ganz charmante und auch sehr inhaltsorientierte Art wieder zusammen bringt und Diskussionen untereinander anregt.

Wie funktioniert der trimediale Newsdesk des MDR?

Der Newsdesk ist im Wesentlichen eine Planungs-Zentrale. Er besteht aus den Vertretern von „MDR-Nachmittagsprogramm“, „MDR aktuell“, „MDR Info“ und den Nachrichten von „MDR.de“, die dann die Planungsarbeit leisten müssen: Wie sieht das Programm in den nächsten Tagen aus? Welche Beiträge machen wir? Was machen wir dazu? Welche Reporter schicken wir wohin? Sie sollen also gemeinsam trimedial entscheiden, wie welche Radaktion auf ein Thema reagiert.

Wie werden die einzelnen Medien miteinander verknüpft?

Das machen wir auf unterschiedlichsten Wegen. Zum einem machen wir das ganz rustikal, indem die Kollegen der verschiedenen Redaktionen zusammensitzen und miteinander ins Gespräch kommen. Oftmals ist es so, dass beispielsweise der Hörfunk-Kollege ganz andere Dinge mit einbringen kann als der Fernseh-Kollege.

Zum anderen haben wir ein Planungs-Tool entwickelt, das vergleichbar mit einer Excel-Tabelle ist, nur wesentlich komplizierter in Aufbau und Struktur. Dort tragen alle Redaktionen ein, wer an welchem Beitrag wie beteiligt ist. So können sich die Redakteure einen guten Überblick verschaffen: Wer arbeitet mit welchen Themen? Wo kann ich mit den Kollegen reden? In welcher Art könnte man zusammenarbeiten? Wollen wir uns nicht einen Reporter teilen? Das trimediale Arbeiten geht also erst in einem inneren Kern los und fasst dann in größeren Kreisen immer mehr die einzelnen Redaktionen und Abteilungen zusammen.

Welche Maßnahmen hat der MDR ergriffen um Fernsehen und Internet weiter zu verzahnen?

Bei der Projekt-Sendung „Heute im Osten“, die am 1. Januar 2013 startet, wird es beispielsweise im Fernsehbereich so sein, dass wir alle zwei Wochen Oberthemen für eine Sendung bilden. Um hier das Internet einzubinden, wird täglich eine Woche vorher die Sendung „Web-TV“ im Netz gestreamt. Hierbei nehmen die Moderatoren Kontakt zu Bloggern, Fachleuten und Zuschauern übers Internet auf, die mit den Themen zutun haben. Die Resultate werden dann in die Fernsehsendung integriert.

Es ist ein neuer Weg, dass wir zuerst im Internet Themen diskutieren, um sie dann ins Fernsehen zu bringen. Das gibt es auch bisher nirgendwo: Nicht zuerst der „große Bruder“ Fernsehen und dann die „kleine Schwester“ Internet. So machen wir das in vielen Bereichen.

Ist der trimediale Newsdesk, unter dem ökonomischen Blick betrachtet, lukrativer als die ursprüngliche Trennung der einzelnen Bereiche?

Wir haben in der Vergangenheit häufig damit zu tun gehabt, dass Redaktionen – selbst wenn die eine im sechsten und die andere im fünften Stock des Gebäudes arbeiten – parallel zueinander gearbeitet haben. Jeder hat an einem bestimmten Thema gesessen und hat überhaupt nicht richtig wahrgenommen, was die anderen machen. Das haben die Redakteure erst in einer Konferenz festgestellt – aber da war es meistens schon zu spät. Dadurch wurden enorm Ressourcen vergeudet. Deswegen soll der Newsdesk auch darauf schauen, wo sich Synergien herstellen lassen. Wir machen das jetzt seit einem Jahr und es funktioniert ausgezeichnet.

Lohnt es sich auch langfristig höhere Kosten für die Trimedialität in Kauf zu nehmen?

Ja, natürlich. Es entstehen eigentlich keine großen Kosten außer der Installation des Tischs, an den man sich zusammensetzt. Sonst haben wir keine Kosten, weil wir ja kein zusätzliches Personal einstellen mussten. Wir haben die Kollegen, die für die Planung zuständig sind, aus den Redaktionen heraus genommen und an diesen Newsdesk gesetzt.

Neben der stärkeren Verknüpfung der einzelnen Medienkanäle ist es Ihnen auch wichtig, das Programm des MDRs in Zukunft jünger zu gestalten. Mit welchen inhaltlichen Mitteln wollen Sie das erreichen?

Wir haben im Augenblick in den dritten Programmen ein Durchschnittsalter von 61 Jahren. Wenn die öffentlich-rechtlichen Anstalten von Verjüngung reden, reden wir über Generationen von 25 bis 55 Jahren, die wir stärker erreichen müssen als bisher. Diese wollen wir dadurch erreichen, dass wir nicht die Thematik jünger machen, sondern etablierte Formate wie Bildung, Leben, Ernährung oder Service stärker in den Vordergrund rücken.

Von einer Konzentration von Jugendmagazinen halte ich nicht viel, weil diese im Allgemeinen nicht angenommen werden. Es gibt keinen Sender, der damit gute Erfahrungen gemacht hat. Viele Stunden vor dem Fernseher zu sitzen, das gehört sicher nicht zum Lebenstil und zur Lebensart von jungen Menschen.

Das Interview führte: Peter Bauch. Bild: mdr.de, Fotograf: Jonas Haase, Bearbeitung: Jonas Haase

<h3>Peter Bauch</h3>

Peter Bauch