Kommentar: Hallo neuer JMStV! Tschüss, Blogger!

von | 7. Dezember 2010

Ab Neujahr soll dank des aktualisierten Jugendmedienschutz-Staatsvertrags Schluss sein. Schluss mit der Gefährdung Jugendlicher durch unpassenden Content im Internet. Doch bedroht der Gesetzgeber mit seinen ungenauen Formulierungen eher die Netzvielfalt.

Ab 1. Januar 2011 soll der überarbeitete Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) in Kraft treten, der auch im Web für Ordnung sorgen will. Denn auch im Internet ist der Jugendschutz ein wichtiges Thema. Nur hat sich bislang leider kaum jemand darum gekümmert. Anders bei Videospielen, auf deren Verpackung sich seit 2003 verpflichtende Alterseinstufungen finden. Nun ist auch im Netz die Rede von Sendezeiten, Zugriffsbeschränkungen und Alterskennzeichnungen. In Sachen Einfachheit hätten sich die Verantwortlichen aber etwas vom Spielesektor inspirieren lassen müssen.

Internet wird noch mehr zum Paradies für Abmahnanwälte

Die Gesetzestexter haben es geschafft, so richtig Verwirrung zu stiften. Es handelt sich um einen Staatsvertrag, über dessen Auslegung sich nicht einmal Juristen einig sind, denn er lässt enormen Raum für Interpretation. Dieser Spielraum aber kann Bloggern und Webseitenbetreibern sehr schnell zum Verhängnis werden. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag stellt nämlich Anforderungen, die vielen Online-Anbietern Bauchschmerzen bereiten: So lassen sich die Bestimmungen, wie eindeutige Kennzeichnungen und Zugriffszeiten, zu schwer umsetzen und selbst wenn die Blogger diesbezügliche Maßnahmen ergreifen, bleibt ihnen die Ungewissheit, ob sie nicht doch etwas falsch eingestuft haben. Eine Ungewissheit, die für Webseitenbetreiber womöglich teuer wird. Denn manche Kanzleien suchen nur nach Rechtsverstößen – das wissen auch die Blogger. So kann der Klischee-Abmahnanwalt den Jahreswechsel wohl kaum erwarten, denn am Folgetag warten lukrative Briefe darauf, verschickt zu werden.

Blogger als aussterbende Spezies?

Kein Wunder also, dass viele teils bekannte Blogger das Handtuch werfen – Vzlog.de und der Blog von IT-Fachmann Kristian Köhntopp sind bislang die bekanntesten Beispiele. Klar, die Blogger könnten auf Nummer sicher gehen und ihre Inhalte nur Nachts freigeben. Dann ist das finanzielle Risiko, von unseriösen Anwälten abgemahnt zu werden, erheblich geringer. Sie können womöglich sogar ganz auf eine Kennzeichnung verzichten, wenn sie in Kauf nehmen, von Computern mit spezieller Filtersoftware nicht erreicht zu werden. Zwar gibt es solch ein Programm noch nicht, länger als ein halbes Jahr dürfte es trotzdem nicht auf sich warten lassen. Gut, Blogger können all das machen. Aber sie können eben auch das Handtuch werfen – einen großen Unterschied macht das nicht.

Resignierende Blogosphäre

Seit die Kritik aufbrandete, wird ebenso versucht, diese Art Befürchtung als unbegründet hinzustellen. Nur ein böser Traum, keine Sorgen machen! Doch die ungeträumte Realität sieht anders aus, denn das neue Mediengesetz pfuscht den Bloggern mächtig ins Handwerk. Gerade aus diesem Grund ist es richtig, dass einige von ihnen sagen: „Nein, so machen wir nicht weiter.“ Denn das hat die Aufmerksamkeit auf die vielfältigen Probleme wie die Abmahnpraxis gelenkt, mit denen Blogger und Journalisten zu kämpfen haben. Auch wenn beteuert wird, dass der Staatsvertrag für die meisten keine Auswirkungen habe, eines hat er bereits jetzt geschafft: Das Internet wird eintöniger, weil sich viele Schreiber daraus verabschieden. Gut, auch eine Möglichkeit die Jugend zu schützen. Es bleibt das Gefühl, dass es mal wieder die falschen getroffen hat.

<h3>Marcel Fröbe</h3>

Marcel Fröbe