Von Technik und Leidenschaft

von | 25. Oktober 2010

Das Hochschulprojekt "Technikum Mittweida Motorsport" der Fakultät Maschinenbau ist seit über vier Jahren Anlaufpunkt für alle motorsportbegeisterten Studenten. Jedes Jahr stellt sich das Team dabei aufs Neue der Herausforderung, einen einsitzigen, fahrfähigen Rennwagen zu bauen.

Das Projekt Technikum Mittweida Motorsport (TMM) ist heute ein fester Bestandteil der Hochschule Mittweida. Mit den berühmten Absolventen des alten Technikums, wie August Horch, Friedrich Opel und Jörg Skafte Rasmussen reiht sich das Motorsportprojekt hinter namenhaften Automobilpionieren ein. Angefangen hat alles ganz klein: Sechs junge Ingenieure waren auf andere studentische Teams aufmerksam geworden, die nach festen Regeln einen Formel 1 ähnlichen Rennwagen konstruieren und bauen, um anschließend Rennen gegeneinander zu fahren. Mit dem Ziel, auch einmal an einem solchen Rennen teilzunehmen, wandten sie sich an die Hochschule.

Mit der Unterstützung des Dekans der Fakultät Maschinenbau, Professor Frank Weidermann, gründeten die Studenten das Rennteam TMM. „Es waren sechs Studenten, die mir mit funkelnden Augen von der Möglichkeit erzählten, einen Rennwagen zu bauen und damit an internationalen Rennen teilzunehmen“, erzählte Weidermann auf der diesjährigen Autoenthüllung. „Da habe ich beschlossen, dass sie die Möglichkeit bekommen sollten, es zu versuchen.“ In einem langwierigen Prozess eigneten sie sich die Grundtechnik des Automobilbaus an. Nach und nach entstanden feste Gruppen, die sich um eine Baugruppe kümmerten, wie etwa die Gruppe Fahrdynamik, in der einzelne Studenten für die Konstruktion und Fertigung des Fahrwerks, der Bremse, der Lenkung, der Federung und der Pedalerie verantwortlich waren.

Von der Idee zu Formula Student

Während der intensiven Arbeitsphasen fuhr das TMM-Team zweimal zum Formula Student Rennen in Deutschland, bei dem sie mit dem ersten Auto auch starten wollten. Zusammen mit Prof. Weidermann sahen sie sich die Konkurrenz auf dem Hockenheimring an. Bei diesem Renn-Event geht es um verschiedene Leistungen im Bereich technische Entwicklung, Wirtschaftlichkeit und Verkaufsargumente, Marketingstrategie und Rennperformance. Alle angemeldeten Teams müssen ihren Wagen nach einem bestimmten Reglement ausarbeiten und zu Beginn mehrere technische Abnahmen bestehen, um überhaupt zugelassen zu werden.

Seinen Ursprung hat der Wettbewerb in den USA. In den 80er Jahren kam diese Projektentwicklung auch nach Europa. Aus diesem Grund ist der gesamte Wettbewerb in englischer Sprache. Heute zählen bereits rund 500 studentische Teams zur Formula Student, die mittlerweile jährlich in neun Ländern weltweit stattfindet. 2008 war es dann zum ersten Mal auch für TMM soweit. Nach rund zwei Jahren Entwicklung und Projektaufbau starteten die Maschinenbauer zum ersten Mal auf dem Hockenheim Ring. Doch während des Rennens musste das Team dann feststellen, dass ihr Wagen mit 65 PS und 365 kg zwar eine Höchstgeschwindigkeit von rund 175km/h erreichte, aber durch seine Länge von 3430mm und eine Breite von 1281mm auf den engen Parcours nicht konkurrenzfähig war.

Der lange Weg zum Erfolg

„Es war eine herbe Enttäuschung nur den 65. Platz erreicht zu haben“, erinnert sich der heutige Teamcaptain Stefan Lischke. „Wir hatten alle geglaubt, wir kommen dort an und fahren eine gute Platzierung ein.“ So brachten die Studenten zwar keinen Pokal an die Hochschule Mittweida, dafür aber den Ehrgeiz, es noch einmal zu versuchen. Unter dem Slogan „Vortrieb made in Mittweida“ wuchs die Anzahl der studentischen Teilnehmer in der zweiten Saison. Neben Maschinenbauern schlossen sich erstmals auch Medienstudenten und Elektrotechniker dem Team an. Doch auch das neue Team erlebte einen Tiefschlag: Auf einer der ersten Testfahrten mit dem zweiten Boliden TOURO kam Fahrer Markus Ringelhan in einer Kurve ins Schleudern und prallte mit der rechten Seite gegen einen Anhänger. Das Ergebnis war ein Totalschaden – nur zwölf Tage vor dem zweiten Rennen in Hockenheim.

Obwohl es dem Team gelang TOURO innerhalb von nur fünf Tagen wieder vollständig aufzubauen und den Schaden zu beheben, brachte auch er keine Erfolge für das Mittweidaer Team ein. Unbeirrt suchten die jungen Ingenieure nach Fehlern und Möglichkeiten, das Auto effizienter zu gestalten. So entstand schließlich JET!, der aktuelle Rennwagen von TMM. Hier hatte das Team auf mehr PS (75) und weniger Gewicht (248 Kilogramm) gesetzt. Mit ihrem neuen Auto startete das junge Team in dieser Saison im englischen Silverstone. Nach massiven Problemen bei der technischen Abnahme verpassten sie jedoch drei Rennen und erreichten so auch hier nur Platz 61.

Neue Ziele

„Ein technischer Defekt kann immer vorkommen“, erklärte der technische Leiter Andreas Petzold kurz nach dem Rennen in Silverstone. Bis heute hat das TMM Team noch keinen Pokal gewonnen. Einen kleinen Erfolg konnte das Team jedoch auch ohne Pokale feiern: Durch die Fakultät Medien und die Studierenden, die sich dem Team angeschlossen haben, ist vor rund zwei Jahren ein sehr starker kaufmännischer Bereich entstanden. „Wir sind heute bis nach Stuttgart bekannt als das Team mit dem besten Marketing“, erklärt Stefanie Berndt, Eventmanagerin bei TMM, stolz.

Jetzt, am Ende der dritten Saison, geht es in die Fehleranalyse und Planung für das neue Jahr. Obgleich auch die letzte Saison nicht nach Plan lief, sammeln die Studenten bereits neue Ideen für das nächste Auto. „Wir wollen uns dieses Mal wieder mehr auf eine grundsolide Basis stützen“, erklärt Lischke. „Unser Ziel ist es, die Konstruktion auf das Wesentliche zu konzentrieren – ohne Schnickschnack.“ Aktuell bereitet sich das Team aber erst noch auf ein saisonabschließendes Testtraining mit mehreren anderen Formula Student Teams auf dem Erzgebirgsring vor. Dazu wird beinahe jeden Tag fleißig an JET! geschraubt.

<h3>Clara Stammermann</h3>

Clara Stammermann