Medien lernen und lehren

von | 7. Juli 2014

Die schulische Ausbildung soll auf das zukünftige Leben in der Gesellschaft vorbereiten. Sie soll Basiskompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen sichern, Wissen vermitteln und das Verstehen lernen. Digitale Medien sind […]

Die schulische Ausbildung soll auf das zukünftige Leben in der Gesellschaft vorbereiten. Sie soll Basiskompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen sichern, Wissen vermitteln und das Verstehen lernen. Digitale Medien sind heute aus beinahe allen Lebensbereichen nicht mehr wegzudenken. So wie uns das Internet in der Freizeit stets umgibt, so wichtig ist es auch im beruflichen Leben. Und für dieses soll die Schule die Grundlage schaffen.

Bildungspolitik ist in Deutschland laut Grundgesetz Sache der Länder. Mehrmals jährlich treffen sich jedoch die zuständigen Minister aller Bundesländer auf der Kultusministerkonferenz. Die dort getroffenen Entscheidungen stellen lediglich Empfehlungen dar. Der Beschluss der Kultusministerkonferenz, die sich mit den digitalen Medien beschäftigte, ist vom 8. März 2012 und trägt den Titel „Medienbildung in der Schule”. In ihm heißt es: „Schulische Medienbildung versteht sich als dauerhafter, pädagogisch strukturierter und begleitender Prozess der konstruktiven und kritischen Auseinandersetzung mit der Medienwelt. Sie zielt auf den Erwerb und die fortlaufende Erweiterung von Medienkompetenz; also jener Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in der medial geprägten Lebenswelt ermöglichen. Sie umfasst auch die Fähigkeit, sich verantwortungsvoll in der virtuellen Welt zu bewegen, die Wechselwirkung zwischen virtueller und materieller Welt zu begreifen und neben den Chancen auch die Risiken und Gefahren von digitalen Prozessen zu erkennen.” Auf insgesamt zehn Seiten wird die Bedeutung der Medienbildung in der Schule und deren Umsetzung diskutiert. Dieser Artikel soll nun darauf bezogen werden, was zwei Jahre nach der Kultusministerkonferenz in den Schulen umgesetzt worden ist. Befragt wurden dazu insgesamt sechs Lehrer aus zwei Schulen in zwei Bundesländern. Hierbei wurden nicht nur Informatikerlehrer befragt, da sich die Medienkunde durch alle Fächer ziehen soll. Darum sind die Antworten teilweise sehr unterschiedlich ausgefallen. Die Namen werden zum Schutz der Interviewpartner in diesem Artikel nicht genannt.

Angebote sind ungenügend

Essentiell für eine solide Vermittlung der Medienkompetenz in der Schule ist die Möglichkeit für die Lehrer, entsprechende Fortbildungen zu besuchen. Die Umsetzung hiervon ist allerdings unzureichend. „Die Angebote für Fortbildungen auf diesem Gebiet sind als ungenügend einzuschätzen. Hinzu kommt, dass ich als Lehrer dafür für nur fünf Tage in zwei Jahren freigestellt werden kann.” Eine Vermittlung der nötigen Kenntnisse und Kompetenzen ist somit auf diesem Wege schlichtweg nicht möglich. Die Anforderungen im Bereich der Medien befinden sich in einem ständigen Wandel. Nur mit der Möglichkeit, in regelmäßigen Abständen aktuelle Fortbildungen besuchen zu können, kann es den Lehrern gelingen, eine ausreichende Medienkompetenz zu vermitteln. Unter diesen Voraussetzungen scheint dies nicht möglich zu sein. An einer der befragten Schulen wurde dieses Problem erkannt und selbständig gelöst. „Aufgrund des mangelnden Angebots an Fortbildungen haben bei uns über zwei Jahre hinweg Veranstaltungen stattgefunden, von Kollegen für Kollegen. Diese waren sehr hilfreich.”

Ausstattung ist unzureichend

Laut der Kultusministerkonferenz ist eine Umsetzung der Ziele nur mit einer zeitgemäßen Grundausstattung an Technik möglich. „Schulen benötigen eine anforderungsgerechte Ausstattung, damit die Schülerinnen und Schüler mit und über Medien lernen und arbeiten können. Dabei kommt es insbesondere darauf an, dass die erforderliche Hard- und Software dort verfügbar ist, wo Unterricht tatsächlich stattfindet – also auch außerhalb der klassischen Computerräume.” Dazu ein Lehrer, der nicht Informatik unterrichtet: „Von Plänen ist in der Schule viel die Rede. Aber von der Umsetzung habe ich nicht wirklich etwas gemerkt. Medienbildung soll jedes Fach erledigen, aber an der Ausstattung der Schulen hat sich nichts wesentlich geändert.”

„Es ist doch beschämend, wenn Lehrer ihre privaten Laptops und Beamer mit in den Unterricht bringen müssen, um einen modernen Unterricht zu gestalten.”

Eine bundesweite Übersicht über die Ausstattung der Schulen mit Informationstechnik gibt es nicht mehr. 2007 wurde diese Erhebung abgeschafft. Dies verschleiert die realen Gegebenheiten an den Schulen, die Unterschiede zwischen den Bundesländern und den internationalen Vergleich.

Wartung erledigen die Lehrer

Smartboards, also interaktive Whiteboards, auf die ein Beamer den Bildschirm eines angeschlossenen Computers projizieren und auf dem auf digitale Weise geschrieben und gemalt werden kann, haben in beiden betrachteten Schulen Einzug erhalten. „In unserer Schule gibt es vier Smartboards, zwei davon in Computerräumen. Die zwei normalen Unterrichtsräume sind sehr begehrt. Aber es gibt viele Kollegen, die die klassische Tafel bevorzugen. Allerdings fehlt diese nun in den Räumen mit Smartboard und bei technischen Problemen haben die Lehrer ein Problem.” Das Kultusministerium empfiehlt, dass die Lehrer nicht zusätzlich durch die Wartung und den Support der technischen Geräte belastet werden sollen, um sich besser auf den Unterricht konzentrieren zu können. In einer der Schulen, welche sich in einer Stadt mit ungefähr 100.000 Einwohner befindet, gibt es dazu zwei Anstellungen für alle öffentlichen Schulen und Einrichtungen. Ein ausreichender Support ist somit nicht zu gewährleisten. In der Schule selbst wird die Instandhaltung der Technik mit lediglich vier Abminderungsstunden ausgeglichen. Doch wiederholt wurde dieses Problem von engagierten Lehrern selbst in die Hand genommen. „Der Support ist bei uns trotzdem kein Problem. Mehrere Kollegen kennen sich mit der Technik aus und können bei Problemen aushelfen.”

Die Meinung der Lehrer

Grundsätzlich stehen alle befragten Lehrer den Erneuerungen offen gegenüber. „Auch wenn ich bisher kaum mit der neuen Technik gearbeitet habe, würde ich mich bemühen, sie mehr zu nutzen, wären die technischen Voraussetzungen besser. Besonders von der abwechslungsreicheren Gestaltung des Unterrichts würde ich profitieren.” Dazu ein Lehrer, der besonders die Smartboards intensiv nutzt: „Ich sehe darin einen Vorteil. Kinder brauchen nicht nur die Erklärung mit Worten. Man sollte Prozesse und Abläufe auch veranschaulichen können. Was man sieht, hört und auch noch selber tut, prägt sich viel besser ein.” Doch es werden auch Probleme gesehen. „Die Ablenkung ist definitiv größer. Weiß ich als Lehrer, ob die Schüler das machen, was sie sollen, und dass sie nicht auf Facebook surfen? Ein weiteres Problem sehe ich in der Handschrift, welche schon mit den klassischen Unterrichtsmitteln oftmals mangelhaft ist.” „Die Eltern können sich teilweise die Klassenfahrten nicht leisten, eine Anschaffung eines solchen Geräts wäre also undenkbar. Dies bedeutet, dass die Technik Eigentum der Schule sein müsste. Doch was passiert, wenn mit ihr nicht sorgsam umgegangen wird und sie beschädigt wird?”

Medienkonzepte für jede Schule

Für jede Schule wird ein Medienkonzept empfohlen. Dies soll die Gegebenheiten in der Schule dokumentieren, Vorgehensweisen beschreiben und den Lehrern einen grundlegenden Leitfaden bieten. An den zwei befragten Schulen war ein solches Konzept vorhanden. Beide geben ein Bild wieder, in dem die Schule ideal mit den Anforderungen umgeht und alle Voraussetzungen für die Bewältigung dieser Aufgabe gegeben sind.

Auswirkungen und Wünsche

Die Auswirkungen all dieser Punkte spielen in Zukunft vermutlich eine immer wichtigere Rolle. Auch die Versäumnisse auf dem Gebiet der Medienkompetenz werden immer deutlicher. Arbeitgeber werden die Kultusministerien wahrscheinlich bald mit einigen unangenehmen Fragen konfrontieren. Es bleibt offen, wie die Reaktion und Lösungsansätze aussehen könnten.

Die Wünsche der Lehrer sind aber bereits eindeutig: „Mein Vorschlag an das Kultusministerium: Man soll nicht immer nur Empfehlungen und Wünsche an die Lehrer weiterleiten, man soll konkrete Vorschläge zur Umsetzung der Wünsche liefern. Es gibt genügend Studien für weniger wichtige Dinge. Das Geld sollte eingesetzt werden, damit kompetente Personen Lösungsvorschläge für die Umsetzung immer neuer Richtlinien ausarbeiten. Nicht immer nur die Lehrer sollten die Lösungen liefern. Die Politik ist gefordert.”

Text: Philipp Körner. Grafik: Thomas Kraftschenko.

<h3>Philipp Körner</h3>

Philipp Körner