Professoren zu 25 Jahre Mauerfall: Wie war das eigentlich?

von | 7. November 2014

Am 9. November jährt sich der Mauerfall zum 25. Mal. Millionen von Menschen waren bei der Öffnung der Grenze entweder direkt vor Ort oder verfolgten die Szenen live vor dem […]

Am 9. November jährt sich der Mauerfall zum 25. Mal. Millionen von Menschen waren bei der Öffnung der Grenze entweder direkt vor Ort oder verfolgten die Szenen live vor dem heimischen Fernseher. Zwei Professoren der Fakultät Medien gaben uns einen persönlichen Einblick zu ihrem Tag des Mauerfalls.

Im Osten die Hoffnung

Für viele Studenten ist es heute kaum vorstellbar, wie sich die Leute am 9.11.1989 gefühlt haben müssen. Die Öffnung der Grenze verfolgten an diesem Tag viele Bürger von zuhause aus. So auch Prof. Dr.-Ing. Michael Hösel, Dekan der Fakultät Medien der Hochschule Mittweida. Im Interview mit medienMITTWEIDA blickte er auf diesen speziellen Tag zurück.

Als die Mauer fiel, war Michael Hösel längst kein Schüler mehr. Zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn verfolgte er die Grenzöffnung am Fernseher in seinem damaligen Wohnort im Erzgebirge. In diesem Moment hatte wahrscheinlich fast jeder denselben Gedanken – noch am gleichen Abend nach Berlin zu fahren. Doch Michael Hösel lies diese Idee schnell wieder verfliegen:

„Klar hat man überlegt, ob man nicht gleich noch in der Nacht nach Berlin fährt, aber letzten Endes hat sich dann die Hoffnung durchgesetzt, dass mit dem Fall der Mauer in Berlin, sich das Problem der Grenze über kurz oder lang erledigen würde.“

Für ihn war es in erster Linie ein Gefühl der Erleichterung und Freude, dass diese Revolution so gewaltfrei und friedlich verlaufen ist. Doch wenn er heute an diesen Tag zurückdenkt, erinnert er sich an eine Szene ganz besonders:

„Es sind schon die Bilder von der Bornholmer Straße in Berlin, die für mich den bleibenden Eindruck hinterlassen haben.“

Ein Teil seines ehemaligen Schulweges verwandelte sich innerhalb weniger Stunden zu einem der wichtigsten Schauplätze der Wende, denn an der besagten Straße, an der Michael Hösel als Schüler sonst nur vorbeifuhr, wurden die DDR-Bürger als erstes in den westlichen Teil Berlins gelassen. Für ihn wurde so eine kleine alltägliche Erinnerung aus seiner Schulzeit, zu einem Ereignis, an das er sich wohl ewig erinnern wird.

Im Westen verpennt

Auf der anderen Seite der Mauer, ca. 400 Kilometer entfernt, lag Prof. Horst Müller MBA, Projektleiter von medienMITTWEIDA und Professor für Redaktionspraxis an der HSMW, zum Zeitpunkt des Mauerfalls schon im Bett.

Den so genannten „Mauerfall“ habe ich tatsächlich verpennt, weil ich in der Nacht zuvor und den ganzen Tag des 9. November für Radio Schleswig-Holstein und andere Sender aus Bremerhaven über ein Schiffsunglück berichtet habe. Am Nachmittag bin ich dann nach Hamburg zurückgefahren und habe mich schlafen gelegt. Vom „Mauerfall“ habe ich zum ersten Mal am frühen Morgen des 10. November auf dem Weg zur Frühsendung erfahren.

Jedoch hatte Horst Müller Glück und konnte die Ereignisse noch einmal aus nächster Nähe miterleben, denn die ersten „Ossis“ waren schon in Hamburg angekommen: „Vor unserem Hamburger Studio in Hafennähe parkten lauter Trabis und Wartburgs. Ich habe gleich vier junge Männer aus der Nähe von Schwerin mit ins Studio genommen, die dann in der Morgensendung über ihren nächtlichen ersten Ausflug in den ‚Westen‘ berichteten.“

Durch die Grenzöffnung sollte sich beruflich einiges für ihn ändern. Der Arbeitsplatz verlegte sich, denn im November 1989 wurde er der „erste offiziell akkreditierte West-Journalist für die drei damaligen DDR-Bezirke Rostock, Schwerin und Neubrandenburg“. Im Frühjahr 1993 baute er den ersten privaten Radiosender im „neuen“ Bundesland Mecklenburg-Vorpommern auf – Antenne MV. Dort war er sechs Jahre als Geschäftsführer und Programmdirektor tätig.

Doch nicht nur im Beruf, auch privat sollte der Mauerfall Auswirkungen auf Horst Müllers Leben haben:

Bei einer Radiotagung habe ich im Jahr 1997 meine heutige Frau kennengelernt. Inge Seibel war damals Programmchefin von Antenne Thüringen. Und ohne den „Mauerfall“ hätte ich auch meinen heutigen „Job“ als Professor für Redaktionspraxis hier in Mittweida ganz bestimmt nicht.

Eine spezielle Erinnerung, wie die von Michael Hösel, gab es bei Horst Müller nicht. Doch verbindet er die innerdeutsche Grenzöffnung mit sehr emotionalen Gedanken. Zwei vollkommen unterschiedliche Welten hätten nach dem Mauerfall aufeinanderprallen sollen. Die Klischees waren auf beiden Seiten weit verbreitet, man konnte also kaum unvoreigenommen bleiben. Doch Müller machte eine ganz andere Erfahrung:

In der sogenannten Wendezeit, also zwischen Oktober 1989 und dem Frühjahr 1990, habe ich zumindest zeitweise das Gefühl von Wärme unter den Menschen gehabt. Wildfremde begegneten sich unvoreingenommen, kamen schnell ins Gespräch, räumten auch Schwächen und Zukunftsängste ein, gaben sich aber regelmäßig gegenseitig das Gefühl, dass sie füreinander da sind. Davon ist nach 25 Jahren leider kaum noch etwas übrig geblieben.

Text: Maximilian Fürstenberg, Johannes Pursche. Beitragsbild: © Bundesarchiv, WIKIMEDIA COMMONS. Bearbeitung: Louisa Bandura.

 

 

 

<h3>Maximilian Fürstenberg</h3>

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