Audi wird geboren

von | 7. September 2010

Mit besonderem Talent und Entwicklergeist gelang es dem Mittweidaer Maschinenbauer August Horch als Gründer der Audi GmbH eine beeindruckende Pionierarbeit zu leisten. Im Gespräch erzählt Buchautor Jürgen Pönisch über das Leben von August Horch.

Neben geschichtsträchtigen Namen wie Nikolaus Otto und Gottlieb Daimler gelang es auch dem Maschinenbaustudent der Hochschule Mittweida, August Horch, als Pionier des deutschen Automobilbaus in die Geschichte einzugehen. Dabei war das Leben von Horch, seit seinem Entschluss zu studieren, ein ständig wechselndes Hoch und Tief. Horch war schon als junger Mann im Alter von zwanzig Jahren willensstark und beschloss seine Heimat Winningen an der Mosel zu verlassen, um studieren zu gehen.

Als Sohn einer Winzer- und Schmiedefamilie hatte er zwar nur die Volksschule besucht, doch das konnte seinen Entschluss nicht verhindern. So verließ er seine Familie, um am rund 470 Kilometer entfernten Technikum im sächsischen Mittweida zu studieren. Das Technikum Mittweida war zu dieser Zeit eine der wenigen renommierten Hochschulen, die den Studiengang Maschinenbau mit dem Abschluss als Ingenieur anbot. Dadurch war es nicht ungewöhnlich, dass sich junge Männer aus ganz Europa um die Plätze im sächsischen Mittweida bemühten. Trotz einiger Schwierigkeiten konnte Horch sein Studium 1891 erfolgreich als Maschinenbauingenieur beenden.

Der Schritt in die Selbständigkeit

Nach seinem Studium arbeitete Horch eine kurze Zeit in verschiedenen Betrieben, unter anderem in der Automobilfirma von Carl Benz. Durch seine hervorragenden Leistungen gelang es ihm schnell in der Firma aufzusteigen und so wurde ihm bereits Ende 1896 die leitende Position in der Abteilung Motorwagenbau übertragen. Trotzdem konnte Horch seine Ideen und Verbesserungen unter seinem eher konservativen Chef nicht umsetzten und so entschied er sich schon drei Jahre später die Firma wieder zu verlassen, um seine erste eigene Firma in Köln-Ehrenfeld zu gründen. Unter dem Namen Horch & Cie beschäftigte er sich vor allem mit einfachen Reparaturen, aber auch der Entwicklung des ersten Zweizylindermotors mit Kardanantrieb.

Durch den wachsenden Erfolg und dem zunehmenden Interesse der Bevölkerung an seinen Entwicklungen verlegte er sein Unternehmen erst nach Reichenbach ins Vogtland, um schließlich mit mehreren Investoren 1904 die A. Horch & Cie Motorwagenwerke AG in Zwickau zu gründen. Als technischer Direktor gelang es ihm maßgebliche Neuerungen im Automobilsektor zu entwickeln. Doch seine technischen Ideen und Experimente stürzte die Firma mehr und mehr in die roten Zahlen und so dauerte es nicht lange bis der Aufsichtsrat eingriff. Jürgen Lewandowski beschreibt in seinem Buch „Audi“ die damalige Situation: „August Horch war ein viel zu genialer, aber verspielter Techniker, als das er den streng kaufmännischen Eignern mit klaren Produktlinien und einer rationalisierten Produktion entgegenkommen konnte.“

Von Horch zu Audi

Als die Schulden schließlich eine Höhe von 55.456,34 Reichsmark erreicht hatten, reagierte der Aufsichtsrat. Während die Freunde und Unterstützer Horchs im Urlaub waren, entließen sie August Horch mit einer Stimmenmehrheit aus seiner eigenen Firma. Die Entlassung aus dem Unternehmen bremste Horch jedoch nicht in seinem Tatendrang. Schnell begann Horch unter seiner neuen Firma August Horch, Automobilwerke Zwickau GmbH mit der Konstruktion eines neuen Wagens. Zeitgleich zu den ersten Bestellungen kam jedoch auch eine Klage wegen dem Firmennamen per Brief. In seinen Memoiren hält er fest: „Meine frühere Firma sprach mir das Recht ab, die neue Firma August Horch zu nennen.“ Anfangs unbeeindruckt ignorierte Horch die Klage, doch als das Reichsgericht seiner alten Firma die Rechte am Namen Horch zusprach musste er einen neuen Namen wählen. So wurden am 25. April 1910 die Audi-Automobilwerke GmbH ins Handelsregister eingetragen.

Mit immer neuen Entwicklungen und Technologien verhalf Horch der neu benannten Firma zu einem guten Ruf, den er mit vielen Zuverlässigkeitsfahrten seiner Autos unter Beweis stellte. Eines der ersten Fahrzeuge, die er unter dem Namen Audi-Automobilwerke auf den Markt brachte war der Audi-Sport-Phaeton mit 22 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h. Diesem Erfolgsmodell folgten schnell Leistungsstärkere. Vier Jahre später wurde die Firma dann in eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zwickau umgewandelt. Zu diesem Zeitpunkt galt Horch dank seiner großen Erfahrung als wichtigster Berater im Verein der Deutschen Motorfahrzeugindustrie.

Die Zeiten des Krieges

Doch dann begann der Erste Weltkrieg und 1917 wurde er vom Heer aufgefordert einen Panzerwagen zu entwickeln. Voller Elan begann Horch mit dem Konzept und baute schließlich erfolgreich einen 120 Tonnen schweren, mit vier Motoren zu je 600 PS angetriebenen Panzerwagen. Allerdings brauchte er für diese Entwicklung so viel Zeit, dass der Krieg bei der Fertigstellung des Wagens bereits vorbei war. Später erinnerte sich Horch: „Schon bei der Konstruktion war meine technische Fantasie auf das lebhafteste in Bewegung gesetzt worden, und jetzt, da ich die Konstruktion verwirklicht vor mir sah, bedauerte ich auf das tiefste, dass ein solches Fahrzeug nicht schon vor dem Krieg meinen Weg gekreuzt hatte.“

Nach Kriegsende hatte Horchs Firma einige Probleme sich mit den neu vorgestellten Fahrzeugen erneut bei den Kunden zu etablieren, da sie kaum Kleinwagen führten. Um die Lage leichter verändern zu können, ließ sich Horch 1920 in den Aufsichtsrat wählen, um schon bald die Firma in Zwickau zu verlassen und in ihrem Namen nach Berlin zu ziehen. In seinen Memoiren erklärt er: „Dort schlug das Herz des Reichs, dort fielen alle Entscheidungen, dort konnte ich für die Automobilindustrie und für meine Firma ganz anders tätig sein als im stillen Zwickau.“

Audi im Wandel

Als Horch 1925 überraschend nach Zwickau zurückreiste musste er erkennen, dass seine Firma kurz vor der Pleite stand. Man hatte sich zu sehr auf Luxusmodelle wie etwa Autos mit Sechszylinder-Motor beschränkt und so durch die mangelnde Nachfrage keinen Gewinn mehr erwirtschaften können. Horch versuchte die Situation noch durch die Produktion eines kleineren Vierzylinders zu retten, doch 1927 war die Firma Audi gezwungen Konkurs anzumelden. Dank der Überbrückungskredite der Sächsischen Staatsbank konnte eine Firmenschließung verhindert und Audi somit kurzzeitig retten werden.

Gleichzeitig erwarb Jörg Skafte Rasmussen die Aktienmehrheit der Audi AG und wurde so zum neuen Chef der Firma. Mit seiner Übernahme der Audi AG kam es zu einer ersten Fusionierung von Audi mit DKW. Dieser folgte 1932 durch die Wirtschaftskrise ein weiterer Zusammenschluss mit Horch, der ehemaligen Firma von August Horch und mit den Wanderer-Werken, unter dem neuen Namen Audi Union AG mit Sitz in Chemnitz und August Horch im Aufsichtsrat.

Besondere Tat

Als dann 1945 der Zweite Weltkrieg ausbrach, verlegte Horch seinen Wohnsitz in das westliche Münchberg. Von dort organisierte er kurz nach dem Ende des Krieges zusammen mit Edgar Friedrich, seinem letzten bekannten Lehrling, unter Lebensgefahr die Flucht von rund 600 ehemaligen Audi Union-Mitarbeitern aus der sowjetischen Besatzungszone in den Westen. Anschließend widmete er sich der dem Neuaufbau der Audi Union AG in Ingolstadt. Drei Jahre später am 3. Februar 1951 verstarb August Horch dann im oberfränkischen Münchberg.

<h3>Anna Kirchner</h3>

Anna Kirchner