Kommentar

Ein „Big Bang“ und dessen Ende

von | 4. Januar 2019

Vier Nerds und ihre soziale Inkompetenz. Von diesem Konzept hat sich „The Big Bang Theory“ längst gelöst.

Was haben die Sitcoms Scrubs, Two and a Half Men und King of Queens gemeinsam? Klar, es sind in erster Linie humorvolle Formate. Und es sind erfolgreiche Serien, die heute längst nicht mehr produziert werden. Dieses Jahr schließt sich ein weiteres Format an: Mit The Big Bang Theory endet nach zwölf Jahren auch hierzulande die erfolgreichste Sitcom der gegenwärtigen Zeit.

Am Montag, 7. Januar 2019, startet auf ProSieben die finale Staffel von The Big Bang Theory. In den Vereinigten Staaten läuft sie bereits seit September 2018. So erfolgreich das Format rund um Sheldon, Penny & Co. auch sein mag, so gleicht sie längst nicht mehr dem Konzept, mit dem die Serie 2007 gestartet ist.

Leonard, Howard, Sheldon und Raj waren vier Vollblut-Nerds, die eher abstrusen Hobbys nachgingen und sich von sozialen Beziehungen distanzierten. Als die hübsche Nachbarin Penny neben ihrem Apartment einzog, sahen sich die schrulligen Charaktere mit der Frauenwelt konfrontiert, damit war Chaos für die Geeks und Spaß für den Zuschauer garantiert. Mit diesem Formatkonzept brachte Produzent Chuck Lorre die Sitcom ganz nach oben und es hätte über eine Vielzahl an Staffeln stabil bleiben können. Doch das Autorenteam wurde experimentierfreudig und baute ab der vierten Staffel weitere Frauen als Hauptcharaktere ein, die dem Wesen der vier Jungs ähnelten. Seitdem kapselte sich die Serie von Staffel zu Staffel vom ursprünglichen Konzept ab. Die Nerds mit Vorlieben für wissenschaftliche Experimente, banale Gesprächsthemen und strategische Computerspiele verfügten nach und nach über soziale Kompetenz.

Howard und Bernadette gingen eine feste Beziehung ein, es läuteten die Hochzeitsglocken und sie bekamen irgendwann gemeinsam ein Kind. Und später noch eins. Schwerer taten sich dagegen Penny und Leonard, denn bei ihnen bestand die Beziehung darin, sich mehrfach zu trennen, bis sie sich in Staffel zehn letzten Endes das Ja-Wort gaben. Doch kein Zuschauer hätte sich zum Start der Serie erträumen können, dass ausgerechnet der Vorzeige-Nerd Sheldon ohne Sinn für Empathie gemeinsam mit einer Frau im Bett liegen würde oder im Kniefall um ihre Hand anhält. Selbst er wäre der Letzte, der dies für möglich gehalten hätte.

Weg vom Konzept

Die Grenze zu den Frauen ist durchbrochen, diese Umstrukturierung ist selbst dem hartgesottenen Fan aufgefallen. Das Thema Romanze bietet im Film- und Fernsehgeschäft jedoch eine gute Grundlage, denn Beziehungen sind ein Merkmal unserer Gesellschaft. Auch Popsongs dieser Richtung sind Charterfolge. Doch bieten Romanze auch eine Grundlage für die vier Jungs aus The Big Bang Theory? Da wird selbst die Bezeichnung Nerd der Definition nicht mehr gerecht. Dennoch läuft die Sitcom weiterhin erfolgreich, das auch dem gleichbleibenden Humor seit Formatbeginn zu verdanken ist.

Weiterhin wurden in den vergangenen Staffeln zahlreiche Lücken geschlossen: Raj kann ohne Probleme mit Frauen sprechen und die vier Freunde machten bereits die Erfahrung, eine ihrer wissenschaftlichen Erfindungen zum Patent anzumelden. An welchen Ankerpunkten gäbe es also noch zu arbeiten? Wie wäre es mit der verspäteten Schauspielkarriere Pennys, die mit einer Oscarauszeichnung einhergeht? Gut, die Macher könnten vielleicht neue Probleme schaffen, um über dessen Lösungsweg zu erzählen: Amy würde ein Kind erwarten, woraufhin Sheldon wie so oft neurotische Panikattacken aufgrund der Schwangerschaft bekommen könnte. Jedenfalls würde Sheldon sich durch die starke Zuneigung zu seiner Frau seinen Ängsten erfolgreich stellen.

Für wen sollte eine Fortsetzung auf Dauer geeignet sein? Für die Zuschauer? Oder der Wiederholungsrate für ProSieben? Eher noch für die Einnahmen durch die werberelevante Zielgruppe. Jedoch ist das Format endgültig ausgelutscht und früher oder später hätte The Big Bang Theory ohnehin geendet. Produzent Chuck Lorre und sein Team haben erkannt, dass ein vorzeitiger Cut die bessere Entscheidung ist und Mitte 2018 das offizielle Aus der Sitcom verkündet. Die am Montag anlaufende Staffel wird nicht zuletzt wegen des Finales wieder einen Erfolg garantieren.

Gibt es ein Leben nach The Big Bang Theory?

Mit dem Prequel Young Sheldon haben die Macher eine gute Grundlage für die Zukunft geschaffen, womit Geschichten rund um Nerds weiter an den Erfolg festhalten können. Sollte dieses Format nicht bereits vorzeitig durch Quotentiefs eingestellt werden, so könnte sie eine lange Zeit aufrechterhalten bleiben. Zumindest, bis sie inhaltlich an der ersten Folge von The Big Bang Theory angeknüpft – Der Kreis der Nerds würde sich somit schließen. Selbst ProSieben könnte davon profitieren und neben seinen Nonstop-Wiederholungen der Mutterserie auch Abwechslung in sein Programm bringen.

Als Fazit lässt sich sagen: So, wie die Sitcom der Urknalltheorie seinen Kurs geändert hat, so schnell ist sie auch wieder untergegangen. Oder um es in abgewandelter Form des Titelsongs zu benennen: „That all ended with the Big Bang!“.

Text: Tino Hausner, Titelbild: Lydia Pappert
<h3>Tino Hausner</h3>

Tino Hausner

Tino Hausner ist Medienmanagement-Studierender an der Hochschule Mittweida, Fakultät Medien. Seine Kenntnisse über den sächsischen ÖPNV schließen im journalistischen Untersuchungsbereich für „medienMITTWEIDA“ teilweise mit ein. Parallel betreibt er Social Media Plattformen, die auf den öffentlichen Nah- und Fernverkehr, hauptsächlich der Chemnitzer Region, ausgerichtet sind.