Blogger können weiterhin zitieren

von | 27. Mai 2011

Journalisten und Blogger zitieren in ihren Texten gern und häufig auch Artikel aus der Zeitung. Das könnte sich nun ändern, wenn sich die "Axel Springer AG" mit ihren Forderungen durchsetzt. Der Medienkonzern verschickt zur Zeit Briefe an Blogger und Verleger, in denen nachträgliche Nutzungsentgelte erhoben werden.

Jochen Krisch ist der Netzgemeinde womöglich als der Macher des „Exciting Commerce“-Blog bekannt. „Exciting Commerce ist eines der größten Weblogs beziehungsweise Branchenblogs in Deutschland, das nur in Ausnahmefällen auf Presse- und PR-Meldungen zurückgreift. Unsere Zitatverlinkungen wurden in den vergangenen sechs Jahren noch nie beanstandet“, erklärt Krisch gegenüber medienMITTWEIDA. Doch nun hat auch er Post von der „Axel Springer AG“ bekommen, für die verwendeten Zitate soll er nun zahlen.

Übernahme „ganzer Textpassagen“ unerwünscht

Doch wie kommt es zu den Forderung des Springer-Verlages nach Leistungsschutzrechten? „Grundsätzlich freuen wir uns, dass unsere Artikel geschätzt und genutzt werden“, erklärt Pressesprecherin Tanja Schlinck. „Jedoch stellen wir in zunehmendem Maße fest, dass Artikel – und damit urheberrechtlich geschützte Inhalte – vor allem von kommerziellen Anbietern ohne vorherige Zustimmung und die insoweit erforderlichen Rechte online vervielfältigt, verbreitet oder zugänglich gemacht werden.“ Das Problem sei auch, dass es sich bei den beanstandeten Texten nicht um kurze Zitate, sondern vielmehr um die Übernahme gesamter Texte oder Textpassagen und schützenswerter Kernaussagen handele.

Die Zielgruppe der Schreiben des Springer-Konzerns ist dabei breit gefächert. „Dritte sind nicht nur Blogger, sondern vor allem auch entsprechend agierende Website-Betreiber. Diese erhalten ein Schreiben von uns, dass aus unserer Sicht eine unrechtmäßige Verwendung der Inhalte vorliegt, für die als Schadensersatz ein nachträgliches Nutzungsentgelt anfällt“,  erklärt Tanja Schlinck. Im konkreten Fall von Exciting Commerce hat das Blog knapp 60 Prozent eines WELT-Artikels übernommen.

Springer-Konzern will zeigen, wie korrekt übernommen wird

Natürlich zitieren auch die Medien der „Axel Springer AG“ fremde Artikel. Zum Beispiel am 6. Mai 2011, als „Bild“ auf ein Interview von medienMITTWEIDA mit Verlagserben Konstantin Neven DuMont zurückgriff. „Korrektes Zitieren mit Quellenangabe ist und bleibt natürlich auch in Zukunft übliche Praxis in der Berichterstattung. Uns geht es darum, dass kommerzielle Anbieter Inhalte und damit geistiges Eigentum Dritter im großen Stil kopieren“, sagt Tanja Schlinck. Die von medienMITTWEIDA zitierten Passagen machen zwar beinahe ein Drittel des Artikels aus. „Bild“ habe trotzdem etwas ganz anderes aus dem Interview gemacht, wovon sich – auch im inhaltlichen Zusammenhang der Zitate – jeder selbst eine Meinung bilden kann. Eigenleistung kann dem verantwortlichen Redakteur in der Kölner Lokalredaktion ebenfalls bescheinigt werden, schließlich bemüht der Artikel noch einen „Wirtschaftswoche“-Beitrag und nennt auch „Studenten der Hochschule Mittweida“ als Quelle.

FDP relativiert Diskussionen um Leistungsschutz

Burkhardt Müller-Sönksen, medienpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, will verhindern dass das Zitieren künfitg kostenpflichtig wird. Er will eine Anpassung von Paragraph 51 des Urheberrechtsgesetzes verhindern. Müller-Sönksen: „Es entscheidet nicht die ‚Axel Springer AG‘, wer für was aufgrund von Rechtsnormen zu zahlen hat, sondern allein der Gesetzgeber.“ Paragraph 51 des Urheberrechtsgesetzes erlaubt das Zitieren, „sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.“

Zitieren bleibt weiterhin legitim und kostenfrei

FDP-Politiker Müller-Sönsken versteht die Aufregung um das Zitieren nicht. Für kommerzielle Blogger, die rechtmäßig zitieren, ändere sich nichts. „Für nicht-kommerzielle Blogger und sonstige private Seiten-Betreiber, die Snippets verwenden, sollen ebenfalls keine Abgabepflichten zugunsten von Verlagen eingeführt werden.“ Ob die „Axel Springer AG“ mit ihren Forderungen nach Schadensersatz Erfolg haben wird ist abzuwarten. Lukas Heinser, der im „Bildblog“ regelmäßig auch Artikel der „Bild“ bemüht, hat jedenfalls keine Angst vor Post von Springer. Das verriet er auf Anfrage von medienMITTWEIDA.

Text: Josefine Elze.

<h3>Josefine Elze</h3>

Josefine Elze