Aktuelle Serien-Highlights

Couchkritik im November

von | 23. November 2018

Der kalte Monat birgt politische, historische und verbrecherische Serien-Sensationen, die mit Spannung fesseln.

Vier Serien-Neuheiten im November werfen vier Fragen auf, die sich die verschiedenen Charaktere stellen müssen: Wie wird man als erste Präsidentin der Vereinigten Staaten ernst genommen? Wie geht man damit um, wenn die Zukunft bereits geschrieben ist? Was ist zu tun, um das Vertrauen eines Verbrecherbosses zu erlangen? Und warum entfernt ein Mörder bestimmte Körperteile an Leichen?

Outlander – Staffel 4 – seit 5. November auf RTL Passion

Amerika, 1767 – die neue Staffel der Fantasy-Serie Outlander versetzt den Zuschauer zurück ins Kolonialzeitalter, kurz vor der Amerikanischen Revolution. Claire (Caitriona Balfe) und Jamie Fraser (Sam Heughan) finden sich nach dem Schiffsunglück am Ende der dritten Staffel auf amerikanischem Festland wieder. Die eigentlich aus dem 20. Jahrhundert stammende Engländerin Claire ist zu Beginn der Serie durch einen schottischen Steinkreis in der Zeit zurückversetzt worden. Wie auch in vorangegangenen Staffeln bringt ihr fortschrittliches Denken, Wissen und Können immer wieder Fragen und Konflikte mit sich. So eckt sie auch in Amerika an, als sie sich mit Sklaverei oder der bevorstehenden Revolution konfrontiert sieht. Die neue Staffel bekommt, neben altbekannten Themen wie Liebe, Familie und sexuellem Missbrauch, einen neuen Antagonisten, der dem Zuschauer noch mehr Abneigung entlocken soll als der ehemalige Bösewicht Black Jack Randall (Tobias Menzies). Outlander, basierend auf der gleichnamigen Romanvorlage von Diana Gabaldon, schafft es, geschichtliche Aspekte spannend und romantisch zu verpacken, ohne dabei die Augen vor der Härte der damaligen Zeit zu verschließen. Die romantische Beziehung zwischen Claire und Jamie steht zwar stets im Zentrum der Serie, lässt aber genug Raum für bodenständige, ernste Themen. Besonders reizvoll sind im Originalton auch die unterschiedlichen Akzent-Variationen der englischen Sprache, die der Serie eine angenehme Authentizität verleihen. Die aufgeklärte Stimmung, die durch Claires Rolle vermittelt wird, zieht sich auch durch die Machart der Serie. So sind Sexszenen weder erniedrigend noch versteckt und Brutalität weder romantisiert noch ausgeschlachtet dargestellt. Insgesamt spricht Outlander zwar eher eine weibliche Zielgruppe an, deckt aber mit einer hohen optischen sowie erzählerischen Qualität auch andere Interessen ab.

Parfum – Staffel 1 – seit 14. November auf ZDF Neo

Die Geschichte um Jean-Baptiste Grenouille bekommt in der deutschen Serie Parfum einen neuen Anstrich. Basierend auf Motiven des Romans von Patrick Süskind ist eine Krimigeschichte der heutigen Zeit entstanden. Die Serie beginnt mit dem Tod der rothaarigen Sängerin K, die nackt, mit abrasierten Haaren und entfernten Achselhöhlen und Genitalbereich in ihrem Pool gefunden wird. Profilerin Nadja Simon (Friederike Becht) ermittelt in dem brutalen Mordfall und wird auf die Spur von fünf früheren Internatsschülern geleitet. Mit verschiedenen Rückblenden wird die Vergangenheit der Verdächtigen ans Licht gebracht, die vermeintlich in Bezug zu dem aktuellen Fall steht. Die Serie macht mit einer düsteren Atmosphäre und klarer, moderner Optik einen hochwertigen Anschein, wobei die Handlung auf den ersten Blick nicht allzu komplex wirkt. Die Tatsache, dass die berühmte Romanvorlage auch in der Geschichte integriert und als Inspiration des Täters genannt wird, ist auf der einen Seite eine schöne Hommage an das Original, andererseits aber ein logischer Mangel der Serie. Denn die Profilerin braucht doch erstaunlich lange, um die Parallelen zur äußerst bekannten Literaturvorlage zu erkennen. Dennoch bemüht sich die Serie mit hohem Produktionsaufwand und bekannter, deutscher Besetzung, eine möglichst hohe Qualität aus dem Format herauszuholen. Wie im klassischen Krimi bleibt es bis zum Schluss spannend, wer tatsächlich der Mörder ist.

Beat – Staffel 1 – seit 9. November auf Amazon Prime Video

Amazon hat mit Beat seine nächste deutsche Originalproduktion auf den Markt gebracht. Der Club-Promoter Robert Schlag (Jannis Niewöhner), genannt Beat, hat in der Berliner Technoszene viele Kontakte. Diese kämen dem Europäischen Geheimdienst sehr gelegen und sie versuchen, Beat als Informant zu nutzen, um die Drahtzieher des illegalen Organhandels zu überführen. Nach anfänglichem Zögern lässt sich Beat schließlich von der Agentin Emilia (Karoline Herfurth) und ihrem Kollegen Richard (Christian Berkel) überzeugen. Eine mitreißende Krimigeschichte beginnt. Dabei überzeugt vor allem Jannis Niewöhner in seiner Rolle als feierwütiger, drogenabhängiger, traumatisierter und vor allem vielschichtiger Hauptcharakter mit tragischer Hintergrundgeschichte: Eine Figur, die den Zuschauer fasziniert, fesselt und überrascht. Auch sonst präsentiert sich ein starker, deutscher Cast bis hin zu seinen Nebenrollen in einer für deutsche Verhältnisse ungewohnt spannend geschriebenen Geschichte. Besonders Kostja Ullmann sticht als hervorragend gespielter Psychopath und mit einem ausgesprochen überzeugenden Make-Up hervor. Glaubwürdige Dialoge und ein passender Soundtrack sind weitere Merkmale, mit denen die Serie sich sehen lassen kann. Nichtsdestotrotz kann das deutsche Produktionsniveau mit seiner internationalen Konkurrenz noch nicht mithalten. Es bleibt stets das Gefühl, etwas fehle oder sei nicht so hochwertig gelöst, wie es das verwöhnte Auge gewohnt ist. Innerhalb Deutschlands ist jedoch eine sehenswerte Serie entstanden, die zeigt, dass der deutsche Fernsehmarkt versucht, sich anzupassen, weiterzuentwickeln und auf ein höheres Niveau aufzusteigen.

House of Cards – Staffel 6 – seit 2. November auf Sky

Krampfhafte Rettung oder einfallsreiche Wendung: Die Zukunft der Serie House of Cards war nach Kevin Spaceys Missbrauchsvorwürfen 2017 zunächst unklar. Netflix stellte die Produktion der sechsten Staffel vorerst ein und feuerte kurze Zeit später Spacey, der als Hauptdarsteller der Serie Frank Underwood spielte. Nun ist die Netflix-Produktion mit ihrer finalen Staffel zurück und hat eine Lösung gefunden, über die man sich streiten kann. Die neue Staffel hat mit Franks Rücktritt als Präsident der Vereinigten Staaten zum Ende der fünften Staffel bereits eine gute Grundlage erhalten, um die Serie nun ohne ihn fortzuführen. Seine Frau Claire Underwood (Robin Wright) hat an seiner Stelle die Präsidentschaft übernommen und verkündet im Staffelfinale mit direktem Blick in die Kamera: „Jetzt bin ich dran“. Daran schließt die neue Staffel an und verfolgt von nun an Robin Wrights alleinige, klare und überzeugende Performance als erste Präsidentin der Vereinigten Staaten. Kevin Spaceys Abwesenheit wird offen durch den plötzlichen Tod Frank Underwoods in der Geschichte integriert, auch wenn es das krampfhafte Erzwingen der Wendung nicht vollends überdecken kann. Auf das, von Frank gewohnte, Durchbrechen der vierten Wand, also den direkte Blick in die Kamera,  muss der Zuschauer jedoch keinesfalls verzichten. Claire, die bereits in vorangegangenen Staffeln bewiesen hat, dass sie ihrem Mann um nichts nachsteht, spricht nun auch direkt zu dem Zuschauer. So vorteilhaft es sein mag, dass Robin Wright ihre schauspielerische Brillanz endlich außerhalb von Spaceys Schatten präsentiert , kann die Serie sich seinem Schatten nicht vollends entziehen. Das Ergebnis ist letztlich eine, unter gegebenen Umständen, gelungene Rettung einer fast verlorenen Serie, die mit einem leicht bitteren Beigeschmack zum Ende kommt.

Text: Lena von Heydebreck, Fotos:David Giesbrecht/Netflix | Jakub Bejnarowicz/ZDF | MG RTL D/© 2018 Starz Entertainment, LLC | © 2018 Amazon.com Inc. and its affiliates, Montage: Lena von Heydebreck
<h3>Lena von Heydebreck</h3>

Lena von Heydebreck

studiert im sechsten Semester Medienmanagement an der Hochschule Mittweida und ist Chefredakteurin bei MedienMITTWEIDA. Zudem betreut sie die monatlich wiederkehrende Couchkritik und ist in der Studienrichtung Production spezialisiert. Ihre Leidenschaft für Film und Fernsehen kann sie so auch auf journalistische Weise ausleben.