Der Joko und Klaas-Hype: Entertainment statt Infotainment

von | 10. Juni 2014

Es sind die zwei TV-Moderatoren mit dem größten medialen Hype. Kein Jugendlicher, kein junggebliebener Erwachsener kommt an ihnen vorbei. Die Rede ist von Joko und Klaas. Und wir fragen uns, […]

Es sind die zwei TV-Moderatoren mit dem größten medialen Hype. Kein Jugendlicher, kein junggebliebener Erwachsener kommt an ihnen vorbei. Die Rede ist von Joko und Klaas. Und wir fragen uns, warum sind sie denn so beliebt?

Im April erhielt das Moderatoren-Duo Joachim Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf, allseits als Joko und Klaas bekannt, den Grimme-Preis in der Kategorie „Unterhaltung“ für ihre ProSieben TV-Show „Circus HalliGalli“ mit folgender Begründung der Jury:

„Die beiden als Hoffnungsträger der hiesigen TV-Unterhaltung zu bezeichnen, käme einer Verkennung der Realität gleich: Sie sind die Unterhaltung, denn zumindest im Programm der großen Sender ist weit und breit niemand in Sicht, der ihnen das Wasser reichen könnte. Gleichzeitig ist ihre Karriere der Beweis dafür, dass man sich bei entsprechender Originalität und Hartnäckigkeit aus dem Spartendasein ins Rampenlicht arbeiten kann: Auf die ersten Gehversuche mit „MTV Home“ (ab 2009) folgte 2011 „Neo Paradise“ (ZDFneo) und schließlich der Wechsel zu ProSieben.“

Dieser Aussage ist schon zu entnehmen, dass sich nicht nur ihre Show konstanter Beliebtheit erfreut, denn auch die beiden Moderatoren kommen beim Publikum mehr als nur gut an. Vielleicht gerade deshalb, weil bei den „großen Sendern“ ähnliche Unterhaltungskünstler als Kollegen oder Konkurrenten fehlen. Doch was macht die Show und ihre zwei Moderatoren so erfolgreich?

Circus HalliGalli: Konstante Einschaltquote

Mit einer durchschnittlichen Einschaltquote von fünf Prozent aller Zuschauer hält Circus HalliGalli zwar keine Quote, die einen Programmchef in Extaste versetzt, dennoch wurde in der zweiten Staffel (02.09. – 30.12.2013) beim jüngeren und werberelevanten Publikum eine Quote von 11,3 % bei einer insgesamten Reichweite von 1,09 Millionen Zuschauern erreicht. Damit bestätigte man die Quoten der ersten Staffel (25.02. – 10.06.2013), die nahezu gleich geblieben sind. Wurden die Moderatoren mit ihrer Show vor kurzem noch von vielen kritisiert, stuft das „Quotenmeter“ das Format eher als einen konstanten und logischen Erfolg ein. Circus HalliGalli ist also nicht wie erwartet ein Quotenbrüller, sondern eher eine solide Show mit konstanter Einschaltquote.

Erfolgsschlüssel Social Media?

Dennoch kommt die Sendung beim jungen Publikum unglaublich gut an. Insgesamt 1,5 Millionen Likes haben sich Joko und Klaas mit ihrer Show Circus HalliGalli auf Facebook erkämpft. Wurde die Show durch ihren Facebook-Auftritt also erfolgreicher?

Nie wurde eine deutsche TV-Show vorher so exzessiv auf Facebook beworben und auf Reaktionen der Facebook-Community ausgelegt wie Circus HalliGalli. Während der Ausstrahlung der Show kann man diese in einer Art Bildprotokoll mitverfolgen. Immer wieder werden Bilder hochgeladen, die die TV-Witze noch einmal toppen. In Kommentaren wird zum Beispiel eifrig diskutiert, ob man bei dem Spiel „Wer lacht verliert“ nicht ebenfalls vor Lachen in Tränen ausgebrochen wäre. Außerdem entstehen auf der Circus HalliGalli Facebook-Seite immer wieder Running Gags, indem tagtäglich auf gewisse Witze durch das Hochladen von Bildern aufmerksam gemacht wird. So wurde zum Beispiel in der ARD ein Interview mit Joko und Klaas ausgestrahlt, bei dem in der Bauchbinde folgender Text eingeblendet wurde: „Joachim Winterscheidt – Grimme-Preisträger“. Klaas wurde hierbei völlig außen vor gelassen – ein gefundenes Fressen für das Social Media-Team von Circus HalliGalli: Zunächst wurde ein Screenshot mit der Beschriftung „Aber wer ist der Andere da links?“ hochgeladen. Und auch in der nächsten Ausgabe von Circus HalliGalli wurde das Thema aufgegriffen.

Durch den starken Facebook-Auftritt, auch auf den eigenen Seiten der Moderatoren, werden die Zuschauer bei Laune gehalten. Als Fan möchte man schließlich up to date bleiben und kann sich über nahezu jedes Bild königlich amüsieren. Doch was trägt außerdem zum Erfolg der Show und ihren Moderatoren bei?

Schadenfreude ist die schönste Freude

Die meisten Menschen schauen Fernsehen, um abschalten zu können. Das funktioniert am besten mit simplen Formaten, bei denen man sich nicht den Kopf über den Inhalt zerbrechen muss, aber dennoch unterhalten wird. Nicht umsonst wirbt ProSieben mit Werbeslogans, wie „We love to entertain you“. Zuschauer werden gerne berieselt und einfach auch mal unterhalten. Circus HalliGalli funktioniert zudem nach dem ältesten Prinzip des Humors: Schadenfreude ist und bleibt bekanntlich die schönste Freude. Solange man nicht selbst in der Lage ist, lacht man doch gerne über andere Menschen in ihren misslichen Situationen. Und Joko und Klaas nehmen sich gegenseitig nichts dabei, möglichst schmerzvolle und sinnfreie Disziplinen zu erfinden. Immer wieder treten sie gegeneinander an. So zum Beispiel bei „Aushalten“: Hier bekommen die beiden eine Aufgabe gestellt und derjenige, der die Situation am längsten aushalten kann, ist Gewinner. Eines der heftigsten „Aushalten“-Spiele wurde noch bei „MTV Home“ ausgestrahlt und hieß „Rauchen im Auto“. Die Regeln waren einfach, aber hart. Wer es am längsten aushalten kann, in einem geschlossenen Smart zu rauchen, gewinnt.

Wir haben uns auch einmal bei der Zielgruppe umgehört: Warum ist denn Circus HalliGalli und warum sind Joko und Klaas so erfolgreich?

Moderatoren ohne Abnutzungseffekt

Nicht nur in unserer Umfrage konnten sich die Studenten kaum andere Moderatoren vorstellen, es wurde auch im TV bewiesen, dass ein ähnliches Format mit anderen Moderatoren nicht ganz so gut ankam. Bei „Elton vs. Simon“ traten ebenfalls die zwei Moderatoren in ähnlichen Disziplinen gegeneinander an. Eigentlich das gleiche Prinzip wie bei Circus HalliGalli. Doch schon nach der zweiten Staffel fielen die Quoten laut Quotenmeter und der Abnutzungseffekt der Show tat sich hervor. Man hatte sich zu schnell an Elton und Simon sattgesehen und die Show wurde eingestampft. Dieser Abnutzungseffekt hat Joko und Klaas bisher nicht erwischt. Im Gegenteil, auch nach „MTV Home“ und „neoParadise“ gehören sie zu den beliebtesten deutschen TV-Moderatoren.

Vom Spartensender zu ProSieben

Nicht zu vernachlässigen ist außerdem der Senderwechsel. Denn Joko und Klaas moderierten auch schon auf ZDFneo ihre Show „neoParadise“. Damals hatte sich jedoch kaum einer dafür interessiert. Die Jugendlichen kannten Joko und Klaas durch die Musiksender MTV und VIVA. Auf MTV haben sie früher schon „MTV Home“ moderiert, quasi der Anfang der „Schwachsinnsdisziplinen“. ZDFneo holte die zwei zu sich mit der Intention, endlich ihr gewünschtes junges Publikum zu locken. Doch da hat der Sender die Rechnung ohne die Jugend gemacht. Denn die ist tendenziell eher gegen Infotainment, bei dem das Publikum meist über komplexere Sachverhalte gezielt informiert und nebenbei unterhalten werden soll. Vieles, was auf den Öffentlich-Rechtlichen läuft, gilt als uninteressant für die junge Generation. Hier liegt nämlich das Problem: Der große spießige ZDF-Schatten schwebt seit Entstehung des Jugendsenders ZDFneo über ihm. Teens und Twens schauen gerne amerikanische Serien und welcher Sender bietet das? ProSieben hat sie alle und somit überwiegend junges Publikum. Ideal für Unterhaltungssendungen wie Circus HalliGalli und Moderatoren wie Joko und Klaas.

Mit Joko und Klaas hat ProSieben zwei kreative Konzeptionierer gefunden, die schon auf MTV sehr gut liefen und so haben sie die beiden durch ihre Werbemaschinerie gezogen. Fazit: Die Moderatoren und der Sender haben alles richtig gemacht: Endlich einmal wieder eine gute deutsche Unterhaltungsshow für junge Zuschauer.

Text: Yasemin Arnold. Foto: © ProSieben/ Claudius Pflug.

 

<h3>Yasemin Arnold</h3>

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