„Diaspora“ endet auf dem Abstellgleis

von | 13. Januar 2012

„Diaspora“ hatte das Zeug zum ernsthaften Facebook-Konkurrenten. Ideenlosigkeit und die zu lange dauernde Entwicklung haben die Chance zerstört, kommentiert Stefan Huberth.

Als „Facebook“ im Jahr 2010 aufgrund seiner aufgeweichten Datenschutzrichtlinien in die Kritik geraten war, hatten vier Mathematikstudenten aus New York eine vielbeachtete Idee. Ihr soziales Netzwerk  „Diaspora“ sollte die Daten bei seinen Nutzern belassen. Damals erkoren Web-Experten das soziale Netzwerk zum „Facebook“-Killer.

Doch dieser Ruf wurde dem Netzwerk mittlerweile wieder aberkannt. Zu Recht, denn das Netzwerk hat eigentlich nur bekannte Projekte kopiert. Dabei haben sich die New Yorker Studenten großzügig aus dem „Social-Network-Topf“ bedient: Hashtags von „Twitter“, Kreise oder „Aspects“ von „Google+“ und der „Like“-Button vom großen Bruder „Facebook“. Das Netzwerk hat für die Plattform-Oberfläche alle elementaren Entwicklungen und Funktionen von den direkten Konkurrenten kopiert. Es fehlt an Ideen, die die Nutzer wirklich betreffen und ihnen einen echten Mehrwert geben. Noch nicht mal durch das Design hebt sich das amerikanische Start-Up von anderen Netzwerken ab. Datenschutz hin oder her, für technische Änderungen wechseln die User nicht zu einem neuen Sozialen Netzwerk, zumal „Google+“ schon viele Datenschützer befriedigt hat. „Diaspora“ hat den richtigen Zeitpunkt verpasst. Der Markt ist übersättigt.

Anderthalb Jahre Alpha-Version

Seit der ersten Version im November 2010 hat sich auf der Plattform viel zu wenig geändert. Warum ist das Netzwerk nicht schon in die Beta-Phase gewechselt? „Diaspora“ funktioniert, ein baldiger Release scheint für den Benutzer der Aplha-Version eigentlich möglich. Aber durch das Abwarten werden Nutzer eher verprellt, der Abstand zur Konkurrenz noch größer. Neue Ideen, auf die sich die Nutzer stürzen könnten, sind dadurch auch nicht zu erwarten. Ein Netzwerk, das also seit anderthalb Jahren in der „Entwicklungsphase“ steckt, wird noch unattraktiver, wenn der Code auf verschiedenen Servern vor sich hindümpelt. Web heißt probieren, auch mal etwas wagen. Das macht „Diaspora“ leider nicht. Wer als Internet-Start-Up auf Perfektion wartet, hat das Web 2.0 nicht verstanden.

Immerhin kommt es bei „Diaspora“, wenn auch zu selten, auch mal zu Neuerungen. Die User sehen Posts von Leuten, die sie weder kennen, noch als Freund selbst hinzugefügt haben. Doch darauf kann der Standard-Nutzer oft genug verzichten. Es schreckt ab, alle Äußerungen beliebiger Social Network-Mitglieder lesen zu müssen, die zu einem bestimmtem Thema abgesondert wurden. Die Zahlen belegen das: Seit dem Start im November 2010 hat das Netzwerk bis heute gerade einmal knappe 360.000 Mitglieder. Das Network hätte mit seiner nicht-zentralen Struktur gute Entwicklungsmöglichkeiten gehabt. Nur hat es den richtigen Moment verpasst und zu viel abgekupfert. Schade, „Diaspora“, Chance vertan!

<h3>Stefan Huberth</h3>

Stefan Huberth