Die Droge Facebook

von | 7. April 2014

Fast jeder hatte mindestens schon einmal den Gedanken, Facebook aus seinem Leben zu löschen, oder hat sich gefragt, was ihn eigentlich noch dazu bewegt, bei dem beliebten sozialen Netzwerk zu bleiben. Trotzdem […]

Fast jeder hatte mindestens schon einmal den Gedanken, Facebook aus seinem Leben zu löschen, oder hat sich gefragt, was ihn eigentlich noch dazu bewegt, bei dem beliebten sozialen Netzwerk zu bleiben. Trotzdem bleibt der Großteil Facebook treu. Aber wieso?

Um den Grund dieser „Abhängigkeit“ herauszufinden, habe ich in einem Selbstversuch mein Konto bei Facebook deaktiviert. Diesen Vorgang machte mir Facebook sehr, sehr einfach. Ich musste einfach nur unter den Sicherheitseinstellungen auf „Deaktiviere dein Konto“ klicken. Anschließend öffnete sich ein Fenster, in dem ich gefragt wurde: „Bist du sicher, dass du dein Konto deaktivieren möchtest?“ Darunter waren Profilbilder von meinen Freunden zu sehen – mit der Bildunterschrift „ … wird dich vermissen“. Facebook versucht also, bei der Deaktivierung die Gefühlsebene zu beeinflussen.

Daraufhin kamen mir schon die ersten Zweifel. Wie soll ich jetzt mit all meinen Leuten Kontakt halten, wie werde ich auf Geburtstage, Feiern oder Veranstaltungen aufmerksam? Denn für all das sind soziale Netzwerke wie Facebook einfach ungemein praktisch.
Aber mein Entschluss stand fest, und so erfolgte die Deaktivierung am Notebook und das Löschen der App auf meinem Smartphone.

In den ersten Tagen wollte ich mich immer wieder aus Gewohnheit anmelden. Einfach zwischendurch, um Langeweile zu überbrücken oder um zu sehen, was meine Freunde am Abend zuvor unternommen hatten. Doch irgendwie fühlte ich mich „befreiter“. Ich starrte nicht wie die anderen Smartphone-Besitzer pausenlos auf mein Handy. Sicher kennt jeder die unzähligen Bilder unserer Generation der „Smartphone Zombies“, die im Internet ihre Runde machen. Ja, na klar kennt ihr die, es haben ja schließlich alle Facebook.

Aus den Tagen wurden Wochen, und mit den Wochen begann ich, die vielen Vorzüge von Facebook zu vermissen. Jetzt war es nicht mehr die Angewohnheit, die mich dazu führte, auf die App zu schauen, um zu sehen, was es an Neuigkeiten gibt. Vor allem reizten mich nun die vielen positiven Eigenschaften, die Facebook mit sich bringt. Ich kann so gut wie jeden innerhalb kürzester Zeit erreichen, da „leider“ fast alle Mitglied sind. Besonders vermisst habe ich die vielen praktischen Gruppen, denen ich im Laufe meiner Facebook-Nutzung beigetreten bin. Von der Uni-Gruppe bis zur Mitfahrgelegenheit bietet dieses Netzwerk immer aktuelle Informationen und Angebote auf schnellstmöglichem Weg.

Ich muss zugeben, der Grund für meine Resozialisierung in das digitale Leben waren eben diese Gruppen. Und so ist es passiert. Schon nach knapp vier Wochen bin ich wieder rückfällig geworden, denn dieser Druck, immer auf dem neuesten Stand sein zu wollen und ja nichts zu verpassen, ließ die Wochen über nicht nach.

Facebook machte es mir auch bei der Reaktivierung ziemlich einfach. Ich musste wie gewohnt nur meine E-Mail Adresse sowie mein Passwort eingeben, schon war mein Konto wieder hergestellt – und ich wieder Mitglied der Gemeinschaft. Durch die so einfache Anwendung ist die Verlockung größer, einfach mal wieder „rein zuschauen“. Zudem ist die Gewissheit da, dass das Konto jederzeit wieder sehr leicht zu deaktivieren ist.

Was nach wie vor von meinem Selbstversuch übrig geblieben ist, ist die fehlende Facebook-App auf meinem Smartphone. So umgehe ich zumindest den Zwang, nur mal kurz aus Langeweile und Gewohnheit online zu gehen.

Doch jetzt mal Hand auf’s Herz, sollten wir uns nicht wirklich fragen, ob das, was da mit uns gemacht wird, in Ordnung ist? Nicht alles stillschweigend hinnehmen und über einen ergehen lassen, sondern sich nach möglichen Alternativen umschauen? Gerade jetzt, wo Facebook auch noch WhatsApp aufgekauft hat, damit bloß keine Nutzer abgeworben werden? Soziale Netzwerke und Chatforen kommen und gehen, das zeigten in der Vergangenheit StudiVZ, SchülerVZ oder ICQ. Damals war ein Abmelden unvorstellbar, und jetzt nutzt es kaum noch jemand.
Wie wäre es also mit einem sozialen Netzwerk, das die gleichen Funktionen wie Facebook hat, nur sicherer ist? Zu einem Wechsel müsste sich aber eine Mehrheit entscheiden. Denn was nützt mir die sicherste Plattform, wenn ich quasi alleiniger Nutzer bin? Auch diese Erfahrung habe ich selbst mit der kostenpflichtigen App „Threema“ (Alternative zu WhatsApp) machen müssen. Da greift man dann eben doch wieder auf die Standard-App zurück.

Zu meiner Freude haben sich viele User nach dem kürzlichen Fehltritt (Facebook kaufte WhatsApp) immerhin nach Alternativen umgeschaut. Doch eine Abmeldewelle war, zumindest in meiner Freundesliste, nicht zu beobachten.

Wo liegt unsere Schmerzgrenze? Was muss passieren, damit Facebook nicht mehr so einen wichtigen Teil in unserem Leben einnimmt?

 

Ein Text von Lisa-Sophie Mehrling. Bilder: Vanessa Schwaar und Sarah Krause. Umfrage: Anne Kluge. 

<h3>Lisa Mehrling</h3>

Lisa Mehrling

Redakteur