Direkte Mitbestimmung ausgeschlossen?

von | 3. September 2010

Die Studie "Government 2.0 in der Betaphase" stellt fest, dass die Einbindung des Bürgers in staatliche Prozesse nicht ausreichend genutzt wird. Philipp Girrger ist einer der Autoren und Student an der Fakultät Medien.

Das Web 2.0 wird zukünftig für die Bürgerbeteiligung eine große Rolle spielen, allerdings müssen die Rahmenbedingungen noch weiter ausgebaut werden. Das ist das Ergebnis einer Studie, die sich mit dem Einbeziehen der Bevölkerung in Prozesse des Staates beschäftigt. Die Autoren sind Dr. Alexander Schellong, CSC, und Philipp Girrger, Student an der Hochschule in Mittweida. CSC Deutschland Solutions GmbH ist Rechteinhaber der Studie.

Was ist E-Government?

Staatliche Institutionen haben heute die Möglichkeiten unterschiedliche Web-Anwendungen als Schnittstelle zu nutzen. So können sie etwa Videofunktionen, RSS-Feeds oder Blogs anbieten, damit der Bürger sich aktiv in die Verwaltung von Städten und Ländern integrieren kann. Dem Einzelnen ist es somit möglich, seine Meinung zu einem Thema abzugeben, Vorschläge einzubringen und über Vorgänge der Finanz- bzw. Stadtplanung abzustimmen. Mit Hilfe sozialer Netzwerke, Votings und Wikis kann die Bevölkerung aktiv in Vorgänge der Verwaltung und Politik eingebunden werden.

Welche Möglichkeiten hat der Einzelne?

Das deutsche Regierungsprogramm „E-Government 2.0“ befindet sich noch in der Entwicklungsphase. Die Bürger werden bisher lediglich informiert. Pläne zur Haushaltsführung in den Kommunen und Ländern sind etwa auf vielen Webseiten abrufbar. Das heißt, der Bürger kann Einsicht nehmen, aber die Kommunikation zwischen dem Bürger und der öffentlichen Verwaltung ist fast ausgeschlossen. Online-Abstimmungen würden noch zu selten genutzt, stellen die Herausgeber der Studie fest. Die Meinung des Bürgers bleibt deshalb unerkannt. Wenn sich der Bürger konkret beteiligen möchte, muss er noch den direkten Weg zur Behörde wählen.

Wo liegen die Probleme?

Das Potenzial der Anwendungen wurde bereits von mehreren Institutionen erkannt. Viele Verwaltungen kennen Web-2.0-Anwendungen und die internen und externen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Aber die Rahmenbedingungen sind noch nicht ausgebaut. Es fehlt teilweise noch an Budget, Akzeptanz und Wissen unter den Mitarbeitern. Außerdem ist die Umstellung oft auch mit einem hohen technischen Aufwand verbunden. Doch der Bürger soll aktiv beteiligt werden, um die Kommunikation zu erhöhen und auch staatliches Handeln zu legitimieren. Dies hätte laut Studie eine Stärkung der Bürgergesellschaft zur Folge. Fakt ist: Mit der Zeit werden sich die Möglichkeiten vervielfachen, damit jeder Bürger sich aktiv beteiligen kann. Die Studie beweist, dass die Grundlagen zur Beteiligung vorhanden sind.

Gibt es auch gelungene Beispiele?

Wenige Fälle zeigen schon jetzt, dass die E-Partizipation mit Web-2.0-Anwendungen zielgerichtet eingesetzt werden kann. Die Stadt Bonn bietet dem Bürger zum Beispiel eine Plattform, um den Oberbürgermeister direkt zu kontaktieren. Auf der Website direktzu.bonn.dewerden Abstimmungen durchgeführt. Auch Fragen der Bürger und die Antworten der Verwaltung sind einsehbar. Im baden-württembergischen Freiburg kann der Bürger der Website des Rathauses umfassende Informationen über die Stadtplanung entnehmen. Mittels Social Bookmarking kann er sie dann an andere Interessenten verteilen. Via E-Mail, Kontaktformular oder sogar Twitter erhält die Stadt Anregungen und Beschwerden. Wenn diese Kanäle in Zukunft weiter ausgebaut werden und Verwendung finden, dann hat der deutsche Bürger Möglichkeiten, sich aktiv in Prozesse der Verwaltung und Politik einzubringen.

<h3>Madeleine Kretzschmar</h3>

Madeleine Kretzschmar