Games auf der Theaterbühne

von | 26. September 2012

PC-Spiele sind kein einsames Vergnügen mehr. Denn junge Theatermacher zeigen, dass Videospiel-Storys durchaus das Zeug haben für die Bretter, die sprichwörtlich die Welt bedeuten. In einem Kinderzimmer sitzt eine junge […]

PC-Spiele sind kein einsames Vergnügen mehr. Denn junge Theatermacher zeigen, dass Videospiel-Storys durchaus das Zeug haben für die Bretter, die sprichwörtlich die Welt bedeuten.

In einem Kinderzimmer sitzt eine junge Frau. Eine Stimme behauptet, sie sei krank. Sie bestreitet das, es folgt ein Streit. Die Stimme sagt: „Die anderen Kinder sind viel netter als du.“ Und die junge Frau antwortet: „Dann geh doch zu denen.“ Plötzlich wiederholt sich die Szene. Und schnell wird klar: Um die Situation aufzulösen, muss eingegriffen werden. Die Suche nach des Rätsels Lösung beginnt.

Jeder Zuschauer ist ein Spieler

Was wie ein Computerspiel klingt, ist „in Wirklichkeit“ die Szene einer Theaterperformance der Gruppe „machina eX“ . Die Mitglieder des Kollektivs experimentieren an der Schnittstelle zwischen Theater und Game – um den Zuschauer zu mehr Interaktion zu bewegen, wie sie sagen. „Dieser ganze Diskurs wurde schon viel und oft von unterschiedlichen Performance-Kollektiven und Theatergruppen thematisiert“, erzählt Performerin Laura Naumann. Doch diese Prinzipien auf Videospiele zu übertragen – das ist bislang einzigartig.

Suche, kombiniere, löse

Das Zusammenspiel von Zuschauer und Darsteller basiert auf der Grundlage von Point-and-Click-Adventures. Die Spielprinzipien beruhen damit auf dem selben Genre wie das Kult-Adventure „Monkey Island“, bei dem die Hauptfigur durch die Kombination von Gegenständen Rätsel löst. Ähnlich wie bei diesen Videospielen soll auch der Zuschauer die Aufführung beeinflussen können, mittendrin sein: Die Darsteller stellen die Aufgaben oder verlangen benötigte Gegenstände. Wenn ihnen das Publikum hilft, geht die Handlung weiter. Wenn nicht, dann muss das Publikum halt weiter rätseln.

„Das Erlebnis entsteht beim Spieler, indem er es spielt“, fasst Naumann das Konzept zusammen. Die Verbindung zwischen Schauspielern und Zuschauern werde so noch enger.

Gamer im Theater

Durch diese neue Erzählweise werden jüngere Menschen angesprochen, als es das klassische Theater vermag. „Wir haben ein großes Gamer-Publikum und auch Leute, die nie ins Theater gehen, kommen sich uns anschauen“, erklärt Naumann. Diese Verknüpfung von Technik und Kultur hätte es im Theater zwar schon immer gegeben. „Neu ist allerdings, speziell Theater und Gaming miteinander zu verknüpfen“, erklärt Naumann. Dabei gelte es weiter auf diesem Gebiet zu forschen und zu entwickeln, oder schlicht: Auszuprobieren. Denn davon lebt das Game-Theater.

„Zwar kann man für dieses eine Format die Gamer ins Theater locken“, gibt auch Robert Koall zu. Dennoch glaubt der Chefdramaturg des Staatsschauspiels Dresden nicht, dass durch diese Experimente junge Zuschauer auch längerfristig für das Theater gewonnen werden können: „Es wird niemand, der das Theater vorher nicht sonderlich mochte, weiter das Theater besuchen.“

Die Zukunft bleibt interaktiv

„Die Idee ist zudem nicht ganz neu, es gibt bereits viele interaktive Formate“, ergänzt Chefdramaturg Koall. Nebst den Theater-Gamern von „machina eX“ sind auch andere Performance-Gruppen wie „signa“ aus Dänemark davon überzeugt, dass es schon immer die Aufgabe des Theaters war, das Publikum zu integrieren.

Arthur, Kopf der Kopenhagener Gruppe: „Es gibt ganz klar eine Tendenz, das Publikum auf die eine oder andere Art und Weise in ein Drama zu integrieren“, erklärt er. Die dänischen Theater-Künstler sind dafür bekannt, ihre Performances an ungewöhnlichen Orten wie Industrie-Brachen zu veranstalten. Und das, so erklärt Arthur, werde wohl auch in fünf Jahren nicht abnehmen.

<h3>Julia Zimmermann</h3>

Julia Zimmermann