Das Monopol der Musikrechte – Die GEMA

von | 29. Januar 2016

Gehört hat dieses Wort wohl schon mal jeder von uns – GEMA. Damit wirklich etwas anfangen, können aber die Wenigsten. Ich habe die Kritikpunkte der Verwertungsgesellschaft aufgedeckt und versucht, ein […]

Gehört hat dieses Wort wohl schon mal jeder von uns – GEMA. Damit wirklich etwas anfangen, können aber die Wenigsten. Ich habe die Kritikpunkte der Verwertungsgesellschaft aufgedeckt und versucht, ein bisschen Licht ins Dunkle zu bringen.

Ein Kommentar von Anja Posselt.

Was ist die GEMA eigentlich genau?

Ausgeschrieben nennt sich die GEMA „Gesellschaft für musikalische Aufführungs – und mechanische Vervielfältigungsrechte“. Hinter diesem komplizierten Namen steckt an sich ein einfacher Gedanke: Wer öffentlich Musik nutzt, muss die Urheber dafür bezahlen. Bei Musikurhebern handelt es sich um Komponisten und Textdichter. Über 60.000 von ihnen haben sich zusammen mit den Musikverlegern und weiteren zwei Millionen ausländischen Mitgliedern zur GEMA zusammengeschlossen.

Die GEMA hat es sich also zum einen zur Aufgabe gemacht, das geistige Eigentum des Musikurhebers zu schützen und zum anderen ihn an dem Gewinn der Nutzer zu beteiligen und einen gerechten Lohn für seine Arbeit zu zahlen.
Die Abwicklung funktioniert folgendermaßen: Die GEMA schließt Verträge mit den Nutzern von Musik ab. Das sind beispielsweise Veranstalter oder Sender. Sie müssen ihren Musikeinsatz bei der GEMA anmelden und entsprechende Lizenzgebühren dafür zahlen, dass sie diese Musik spielen dürfen. Diese Gebühr ist der Lohn für die Musikurheber und wird unter ihnen verteilt.

Angefangen hat alles 1903. Kein Geringerer als der Komponist Richard Strauss gründete die Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht, kurz Afma. Aus ihr entwickelte sich dann die GEMA – wer hätte das gedacht?!

Was ist denn jetzt öffentlich und was nicht?

Öffentlich Musik nutzen bedeutet, dass der Nutzer bei einem Livekonzert, im Club, im Rundfunk oder im Einzelhandel Musikstücke für seine Zwecke gebraucht und somit ein Vorteil für den Nutzer entsteht. Definiert ist das Wort „Öffentlich“ durch die GEMA so:

„Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehung verbunden ist.“

Im Klartext bedeutet das: Nur, wenn zwischen allen beteiligten Personen der Veranstaltung eine wechselseitige persönliche Beziehung besteht oder diese zum Veranstalter gegeben ist, ist die Veranstaltung nicht öffentlich.
So darf man also zum Beispiel in seinen eigenen vier Wänden oder bei einer kleinen Party im eigenen Partykeller mit Freunden noch Musik hören, ohne eine Gebühr zahlen zu müssen – ach, wie nett von der GEMA, oder?
Ansonsten heißt es für den Hotelier in seiner Lobby, für die Friseurin in ihrem Salon und für den Kneipenbesitzer seiner Bar: Bitte einmal an die GEMA zahlen. Des Weiteren muss zum Beispiel auch für die Musik in Warteschleifen und öffentlichen Fahrstühlen gezahlt werden – eben überall da, wo die Privatsphäre aufhört.

Darf die das überhaupt?

Diese Frage stelle wohl nicht nur ich mir, sondern auch viele von euch. Es ist ja auch kein Wunder in Anbetracht dessen, dass die GEMA keine staatliche Einrichtung ist, sondern, dass man es hier mit einem wirtschaftlichen Verein zu tun hat. Die GEMA begründet die Wichtigkeit ihres Schaffens folgendermaßen:

„Wer Musik komponiert, Musiktexte schreibt oder musikalische Werke verlegt, hat einen Anspruch auf Bezahlung, wenn diese Werke öffentlich zur Aufführung kommen. Das ist keineswegs die Entscheidung der GEMA, sondern auf der ganzen Welt durch Urheberrechtsgesetze und internationale Verträge so geregelt.“

Somit bezieht sich die GEMA also auf den verfassungsrechtlich zugesicherten Schutz des geistigen Eigentums – den Urheberrechten – die in Deutschland durch das Urheberrechtsgesetz und das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz geregelt sind. Diese Gesetze haben den Sinn, dass dem Urheber Nutzungsrechte an seinen eigenen Werken eingeräumt werden. Nun kann ja aber nicht jeder Komponist, Textdichter oder Verleger überprüfen, wo, wann und wie oft sein Musikwerk gespielt wurde – logisch, aber hey, da kommt der große Retter, die GEMA mit ihrer Verwertungsgesellschaft um die Ecke und hilft, dieses Rätsel aufzulösen. An sich klingt das ja alles recht heldenhaft. Die Methoden, die dabei angewendet werden, sind allerdings doch meistens fragwürdig.

„Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar.“

Wer kennt es nicht? Letztens wollte ich mal wieder „Love is your Name“ von Steven Tyler auf YouTube anhören. Fehlanzeige. Die GEMA hat mir mal wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Auf die Worte: „Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar“ wird wohl jeder von uns schon mindestens einmal auf YouTube gestoßen sein. Soviel also zum Thema freie Internetplattform. So kommt es dazu, dass 61,5 Prozent aller YouTube-Videos aus den Top-1000-Charts in Deutschland gesperrt sind und somit hierzulande über die Hälfte der beliebtesten Videos nicht gesehen werden dürfen. Der Rechtsstreit zwischen YouTube und der GEMA läuft nun schon über 6 Jahre und es ist kein Ende in Sicht. Kurz gefasst, verlangt YouTube einen Pauschalpreis, wie im alten Vertrag vor 2009, und die GEMA möchte dagegen für jedes angezeigte Video 0,375 Cent von YouTube. Das sieht YouTube aber nicht ein und deshalb kommt es seit Jahren zu keiner Einigung. Das Ergebnis sind die allzu bekannten Sperrtafeln von YouTube, gegen die die GEMA wiederum geklagt hat, da diese der Auffassung ist, dass die Sperrtafeln zu einer Irreführung des Marktes führen. Der Vorwurf: YouTube beschuldigte darauf die GEMA, alleinig für das Nicht-Zustandekommen einer rechtlichen Übereinkunft verantwortlich zu sein. Das Oberlandesgericht München hat die Rechtsauffassung im Mai 2015 bestätigt. YouTube darf der GEMA nun nicht mehr die alleinige Schuld an dem Streit geben. Wie das Ganze weiter gehen soll, ist fraglich, fest steht, dass sich die Fronten immer weiter verhärten.

Und was gibt’s noch zu meckern?

Als Erstes finde ich die doch sehr hohen GEMA-Gebühren etwas unerhört. Die GEMA erzielt für sich zwar keinerlei Gewinne, abzüglich ihrer Verwaltungskosten, kassiert aber dennoch ordentlich ein. Grundsätzlich gibt es zwei Berechnungsgrößen, auf die die GEMA zurückgreift. Zum einen die Veranstaltungsgröße, die über die Nutzungsfläche berechnet wird und zum anderen die Höhe des erhobenen Eintrittspreises. Des Weiteren ist die Lizenzvergütung von der jeweiligen Musiknutzung abhängig. Ist die Verwendung einmalig oder dauerhaft? Wird die Musik bei einem Live-Konzert oder in einer Bar gespielt, über das Internet zugänglich gemacht oder werden CDs vervielfältigt?
Vor allem die Kleinbetriebe trifft es meist hart. Betreiber von Dorf- und Schützenfesten, aber auch kleiner Bars und Diskotheken haben oft Existenzangst, da die GEMA-Gebühren immer teurer werden. So zahlt zum Beispiel ein Diskotheken-Besitzer für seinen Club, der bis zu drei öffentliche Regelöffnungstage hat, mit einer Göße von 100 Quatratmeter und einem Eintrittsgeld von bis zu sechs Euro 373,39 Euro, wohlgemerkt monatlich. Selbst bei Familienfeiern, wie einer Hochzeit, die einen relativ großen Personenkreis zu verzeichnen hat und meist in einem öffentlichen Rahmen stattfindet, kann die GEMA zuschlagen, falls andere Personen theoretisch sich einen Zugang verschaffen können – bei diesem Gedanken komme ich gar nicht mehr aus dem Kopfschütteln heraus.

Außerdem finde ich den riesigen Verwaltungsapparat der GEMA nicht gerade transparent. Woher weiß ich denn, wie viel Geld an welchen Künstler verteilt wird und welche Maßstäbe es gibt? Man hört nur immer wieder, dass die „Großen Künstler“ wie Dieter Bohlen oder Xavier Naidoo deutlich mehr verdienen, als die etwas unbekannteren Bands – aber an welchen Kriterien genau die GEMA ihre Geldverteilung fest macht, habe ich bei meinen Recherchen nicht herausbekommen. Deswegen glaube ich, dass bei vielen Menschen, ob bei Veranstaltern, Privatpersonen oder den Künstlern selbst, ganz einfach das Vertrauen in die Verwertungsgesellschaft fehlt. Des Weiteren ist in keiner sicheren Quelle zu finden, wie die GEMA ihre Gebührenerhebung eigentlich überprüft. Was sind ihre Methoden und wie können die Künstler sicher sein, dass die GEMA wirklich jeden „erwischt“, der ihre Musik in der Öffentlichkeit spielt? Fragen über Fragen, die ungeklärt bleiben.

Und wie sieht es mit Alternativen aus?

Was mich ebenfalls stört, ist die Tatsache, dass es bislang nicht wirklich eine Alternative zur GEMA gibt. Damit sind die Musiker ja praktisch gezwungen, der GEMA beizutreten, wenn sie für ihre Arbeit ordentlich entlohnt werden möchten. Meiner Meinung nach grenzt das schon an Nötigung, aber das muss wohl jeder für sich selbst entscheiden.

Der einzige Lichtblick ist C3S. Dabei handelt es sich um rund 20 fast ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeiter der „Cultural Commons Collecting Society“, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Monopolstellung der GEMA zu brechen. C3S möchte den Künstlern zum Beispiel mehr Freiheit und Selbstbestimmung gewährleisten und die Möglichkeit bieten, Stücke unter Creative-Commons-Lizenzen zu stellen. Die Abrechnung soll über eine selbstentwickelte Software geschehen. Das Projekt scheitert allerdings noch an der fehlenden Zulassung des Deutschen Patent – und Markenamtes. Wir dürfen also weiterhin gespannt sein.

Ach übrigens: Wer einmal vergisst, zu zahlen, und von der GEMA erwischt wird, der hat eine Straftat begangen. Sodass eine Schadensrechnung droht und zum anderen der doppelte Betrag der ursprünglichen Gebühren gezahlt werden muss. Somit kann ich nur abschließend sagen, der Grundgedanke der GEMA ist gut und auch nicht verwerflich, allerdings ist es ein Konstrukt, was nur die Wenigsten verstehen und dadurch in jedem Fall verbesserungswürdig.

 

Damit verabschiedet sich die Themenwoche #losgemeckert von euch. Wir hoffen, wir konnten euch mit unseren Kommentaren etwas zum Nachdenken in unserer Medienlandschaft anregen.

Text: Anja Posselt. Beitragsbild/Bearbeitung: Mandy Lewna; Logo der GEMA © GEMA.

<h3>Anja Posselt</h3>

Anja Posselt

Medienmanagementstudentin im 4. Semester