Kinderfernsehen ohne Sinn und Verstand

von | 26. April 2011

Viele Kinder verbringen einen großen Teil ihrer Freizeit vor dem Fernseher. Dabei sehen sie auch Serien, die weniger gut für sie geeignet sind. Zweideutige Witze sowie schlechte Wissens- und Wertevermittlung sind dabei an der Tagesordnung. Die Unterhaltung scheint wichtiger als die Bildung der jungen Zuschauer.

Einige Sender sind bemüht, nach klaren Kriterien zu entscheiden, welche der vielen Serien in ihr Programm aufgenommen werden. So hat sich der KI.KA darauf festgelegt, ein vielfältiges Serienangebot anzubieten, das die verschiedenen Geschmäcker und Altersgruppen bedient. Die Kinder sollen humorvolle, alltagsbezogene Geschichten mit Helden zum Identifizieren erleben können.

Der Sender Super RTL setzt auf ein ähnliches Konzept. „Inhaltliche Qualitätskriterien sind zu berücksichtigen: Kinderfernsehen muss altersgerecht und gewaltfrei sein, dabei lustig und unterhaltsam“, berichtet Thomas Babiel, stellvertretender Leiter der Kommunikation bei Super RTL. „Ganz wichtig ist, dass es den Programmverantwortlichen gelingt, sich in die Welt der Kinder hinein zu versetzen.“ Trotz dieser gewählten Kriterien gelingt es den einzelnen Sendern aber nicht immer, die wirklich geeigneten Serien für ihr Programm auszuwählen.

Von der Maus zum Schwamm

Während Heranwachsende früher „Löwenzahn“ und „Die Sendung mit der Maus“ gesehen haben, ist es heute Trend geworden, Serien aus dem US-Programm zu etablieren. Diese Serien haben zwar einen großen Unterhaltungswert, aber Werte- und Wissensvermittlung werden dabei nicht geboten. „Im Vergleich von älteren Kinderserien mit den heutigen ist ganz klar ein gewisser Abbau an Qualität festzustellen“, erklärt Lena Herrmann, Medienwissenschaftlerin und Jugendbetreuerin. „Die Wertevermittlung, was Familienleben, Freundschaft und Ähnliches betrifft, kommt in den neueren Serien weniger vor.“ Einige Serien nutzen eine Art von Humor, der für Erwachsene geeignet ist. Kinder können diesen aber nicht verstehen. Zudem bieten viele Serien wenig Abwechslung.

Auf RTL2 füllten Anime-Serien aus Japan lange Zeit das Nachmittagsprogramm aus. Die dabei gezeigten Inhalte waren aber meist garnicht auf Kinder zugeschnitten. So wurden in der Serie „Dragonball“ und ihrer Erweiterung „Dragonball Z“ viele Kampf- und Gewaltszenen ungeschnitten gezeigt. „Naruto“ wird dem jungen Publikum aufgrund der Kampfszenen mittlerweile stark zensiert präsentiert. Wieso es solche Unterschiede zwischen den gezeigten Serien gibt und warum das Kindernachmittagsprogramm im Januar dieses Jahres so stark gekürzt worden ist, wollte RTL2 gegenüber medienMITTWEIDA jedoch nicht erklären.

Verändertes Fernsehverhalten bei Kindern

In den letzten Jahren hat sich das Fernsehverhalten der Kinder insgesamt stark verändert. „Ein Beispiel dafür sind die Live-Action-Serien wie zum Beispiel ‚Disney Hannah Montana‘, die vor circa fünf bis sechs Jahren sehr populär in Deutschland wurden und noch immer sind“, sagt Thomas Babiel. Diese Serien bieten eine Alternative zu den normalen Zeichentrickserien und vermitteln Werte, aber der Wissensfaktor wird auch hier nicht abgedeckt.

Neben der Vermittlung von Werten und Wissen dienen die Helden der Kinderserien eigentlich auch als Vorbild. In manchen modernen Formaten ist diese Identifikation aber nicht möglich, da ein Bezug zur Realität fehlt. Gerade in Kindersendungen sollten gewisse Werte vermittelt werden, wie etwa das Akzeptieren der eigenen Fehler. „In Serien wie Kim Possible werden solche Werte aber nicht vermittelt“, sagt Lena Herrmann. „Weil der Hauptcharakter einfach alles kann, können sich die Kinder nicht richtig identifizieren.“ Falsche Vorbilder vermitteln den Kindern somit irreale Wertvorstellungen. „Kein realer Mensch ist perfekt und die Kinder könnten dadurch ein falsches Bild von sich selbst bekommen“, erklärt Lena Herrmann.

Im Audio-Interview erklärt Prof. Dr. Stefan Aufenanger von der Arbeitsgruppe Medienpädagogik der Universität Mainz nähere Hintergründe zum Thema.

<h3>Stephanie Knobus</h3>

Stephanie Knobus