Kommentar: Nervt(r)öter

von | 23. Juni 2010

Die Vuvuzela – penetrante Plastiktröte und Symbol für die Fußball-WM in Südafrika. Das Störgeräusch ist seit dem ersten Anpfiff am 11. Juni der Grundton der Übertragungen und Medienaufmacher schlechthin.

Anfänglich belächelte jedermann die höllisch laut summenden Trompeten, doch mittlerweile hat sich der Lärm-Terror zum nervenaufreibenden Dauerton entwickelt. Das Getröte der Vuvuzelas stört nicht nur die TV-Fans in aller Welt, auch die Fankultur in den Stadien wird zertrötet.

Naturtrompete Südafrikas

Die Instrumente sind fester Bestandteil der Kultur des Gastgeberlandes und zählen kulturhistorisch betrachtet zu den Naturtrompeten. Das Problem mit den Vuvuzelas ist seit dem Confed-Cup 2009 in Südafrika bekannt. Die ohrenbetäubende Lautstärke ist das europäische Ohr nicht gewohnt und über den Fernsehton wirken die Vuvuzelas noch penetranter. Die Trompeten verursachen einen Schallpegel von mehr als 120 Dezibel, da ist die Übersetzung „Krach machen“ mehr als treffend. Anfangs vermuten die Fans ein Störgeräusch des eigenen Fernsehgerätes, was hat das noch mit dem Ausleben der Fankultur zu tun?

Monotones Brummen

Fakt ist, dass die Vuvuzelas dem Fußball jegliche Atmosphäre rauben. Die Gesänge der Fans, das Raunen nach Fouls und die Freude nach erfolgreichen Torschüssen – alles übertönt durch tausende Trompeten, ein einziges, monotones Brummen. Was hat das noch mit der gewohnten Euphorie des so beliebten Mannschaftssports zu tun? Nicht nur Millionen Fans sind zu Recht genervt. Auch die Qualität des Fußballspiels leidet unter dem Dauergetröte. Schiedsrichterpfiffe sind kaum noch zu hören, die Kommunikation der Spieler untereinander leidet, ebenso die Umsetzung verbaler Anweisungen der Trainer. Die Mannschaft kann von der Stimmung des Publikums nichts aufsaugen. Außerdem treten Vuvuzelas mittlerweile nicht nur im südafrikanischen Stadion auf: Applikationen für das iPhone imitieren den Klang der Tröten und der Nutzer darf sich daran erfreuen. Der Radiosender „Hitradio RTL“ belästigt in der Morgensendung die Hörer mit dem permanenten Getröte in Zusammenhang mit einem Gewinnspiel. Genervt sind auch viele Facebook-Nutzer: „Vuvuzelas nerven!“ In allen Mediengattungen sind die Vuvuzelas derzeit Thema, egal ob beim Fernsehen, im Radio oder im Web.

Doch wütende TV-Fans werden erhört. Bei großen deutschen Public Viewings ist das Gedröns bereits untersagt. Um außerdem die Kultur Afrikas zu akzeptieren und gleichzeitig auf die vielen Beschwerden der Fans einzugehen, hat die ARD und „Sky“ ein zusätzliches Angebot: Mit Hilfe eines alternativen Tonkanals kann der Nutzer eine gedämmte Variante der Übertragung ansehen, bei der allerdings jegliche Atmosphäre im Stadion untergeht. Eine gewisse Machtlosigkeit gegen die Tröten macht sich breit.

Lärm tolerieren

Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als den Lärm der afrikanischen Kultur zu tolerieren. Eine Akzeptanz darf jeder für sich selbst entscheiden. Dennoch ist die Hoffnung bei vielen groß, dass die Vuvuzela nach der WM wieder in der Versenkung verschwindet. Natürlich gibt es auch hierzulande Befürworter der Nervtrompeten, aber mal ernsthaft: Was kann an einer ohrenbetäubenden Tröte toll sein, die sämtliche Stimmung im Stadion übertönt? Das ist kein Gemeinschaftsgefühl. Fangesänge sind deutlich attraktiver und das begeistert auch die Spieler. Aber die Vuvuzela gehört nun mal zu Südafrika wie der Sand in die Wüste.

<h3>Madeleine Kretzschmar</h3>

Madeleine Kretzschmar