Loses Mundwerk vor der Kamera

von | 21. Juni 2010

Mit dem "inneren Reichsparteitag" ein Freudengefühl auszudrücken, stieß in den Medien und der Gesellschaft auf starke Kritik. Die Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein ist nicht die Einzige, die mit unüberlegten Redewendungen von sich reden machte.

Katrin Müller-Hohensteins missglückte Aussage in der Halbzeitpause des ersten Deutschlandspiels bei der Fußballweltmeisterschaft 2010 ist nur einer von vielen „Fehlsprüchen“ im deutschen Fernsehen. Müller-Hohenstein verglich die Freude des Torschützen Miroslav Klose mit dem „inneren Reichsparteitag“. Für die sprachliche Entgleisung entschuldigte sich die Sportmoderatorin am Folgetag. Konsequenzen für ihre weitere Arbeit bei dem ZDF gibt es nicht.

Schluss mit lustig

Es gibt mehr als genug sprachliche Fehltritte im deutschen Fernsehen. Eva Herman, ehemalige Sprecherin der Tagesschau, entfachte 2007 heftige Diskussionen. Sie äußerte sich gegenüber der national-sozialistischen Familienpolitik sehr umstritten. Die Autorin brachte ihr „Eva-Prinzip“ mehrfach zum Ausdruck. Ihr Arbeitgeber reagierte auf die kontroversen Diskussionen mit sofortiger Wirkung. Durch eine fristlose Kündigung beendete der NDR-Intendant die Zusammenarbeit mit Herman.

Die gleiche Sanktion ereilte die ProSieben-Moderatorin Juliane Ziegler. Sie überspannte den Bogen während des Motivierens eines Anrufer bei einer Quizsendung: „Ja, aber komm, da musst du ein bisschen enthusiastisch und… yeah arbeiten. Arbeit macht frei“. Wenig später entschuldigte sich Ziegler vor laufender Kamera bei den Zuschauern. Zu spät, denn ProSieben kündigte ihr fristlos. „Arbeit macht frei“ ist historisch stark vorbelastet. Im Dritten Reich prangte der Spruch über den Eingängen der Konzentrationslager.

9Live suspendierte seinen Moderator Max Schradin 2007 für mehrere Wochen. Der Grund: Er nannte einen Kollegen „pädophil“. Zwei Tage später entschuldigte er sich. Nach der Suspendierung moderierte Schradin weiter bei Sat.1 und 9Live.

Versprochen ist Versprochen

Carmen Thomas moderierte als erste Frau eine Sportsendung. Statt Schalke 04 sprach sie im Juli 1973 von „Schalke 05“. Da zwischen der „Versprecher-Sendung“ und dem nächsten „Aktuelle Sportstudio“ fast drei Monate lagen, gingen Falschmeldungen durch die Presse, sie wäre entlassen worden. Die Moderatorin arbeitete jedoch noch bis Dezember 1974 im ZDF-Sportstudio. Danach wurde sie Reporterin beim Westdeutschen Rundfunk (WDR).

Auch bei vorgeschriebenen und geplanten Moderationen geschehen unmoralische Missgeschicke. ZDF-Morgenmagazin-Sprecher Mitri Sirin berichtete am 30. November 2009 im Zusammenhang mit dem Prozess gegen den ehemaligen KZ-Wachmann John Demjanjuk von dem „polnischen Vernichtungslager Sobibor“. Richtig hätte es „deutsches Vernichtungslager in Polen“ geheißen. Nikolaus Brender, damaliger Chefredakteur des ZDF, entschuldigte sich noch am selben Tag.

Eine geschmacklose Formulierung überlegte sich der NDR für das Jahresquiz 2009. Die richtige Quizantwort „das kleine Schwarze“ bezog sich auf ein dunkelhäutiges Kind. Der NDRentschuldigte sich hierfür.

Folgen durch Fehler

Auffällig ist, dass gerade die öffentlich-rechtlichen Sender bei sprachlich teils gravierenden Fehlern keine Konsequenzen ziehen. Eine Entschuldigung in den Tagen nach den verbalen Entgleisungen reicht den Programmverantwortlichen. Die Moderatorenkollegen bei den Privatsendern haben es da schwieriger. Ihnen drohen wesentlich schneller ernsthaftere Konsequenzen.

<h3>Sarah Schreiter</h3>

Sarah Schreiter