Mit Dampf ins Automobilzeitalter

von | 9. September 2010

Der gebürtige Däne zählt zu den herausragenden Ingenieuren und Wirtschaftsmagnaten seiner Zeit. Mit seinen Ideen und seinem Kampfgeist legte der Mittweidaer Absolvent und Gründer der DKW einen Grundstein für die heutige Audi AG.

Der bereits in seiner Kindheit nach Deutschland übersiedelte Rasmussen begann seine technische Laufbahn 1898 am Technikum Mittweida, wo er ein Studium der Elektrotechnik und des Maschinenbaus aufnahm, welches er 1902 in Zwickau abschloss. Im selben Jahr gründete er seine erste Firma „Rasmussen & Ernst“, um Kesselarmaturen zu verkaufen. Die Produktpalette war in ständigem Wandel und so bot Rasmussen „Maschinen, Metallwaren und Armaturen“ aller Art an. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 kamen die Geschäfte des Unternehmens, deren alleiniger Chef Rasmussen seit 1913 war, beinahe vollständig zum Erliegen. Kriegsbedingt wurde die nach Zschopau verlagerte Produktion auf Granatzünder umgestellt.

Im Jahr 1916 begann Rasmussen erste Versuche mit einem sogenannten Dampfkraftwagen zu starten. Grund hierfür war die durch den Krieg bedingte fortschreitende Benzinknappheit in Deutschland, weshalb die Versuche vom deutschen Kriegsministerium subventioniert wurden. Die Forschung lieferte allerdings nur bescheidene Resultate. Die mit Dampf betriebenen Zweitaktmotoren hatten vor allem für Steigungen zu wenig Leistung. Zudem waren die Versuchswagen im Vergleich zu benzingetriebenen Wagen wesentlich schwerer und hatten im Optimalfall eine Reichweite von 90 Kilometern, welche aber für gewöhnlich deutlich unterschritten wurde.

Vom Experiment zum Marktführer

Obwohl Rasmussen die Versuche mit Ende des Ersten Weltkrieges einstellte, sicherte er sich die Initialen des Dampfkraftwagens als Markenzeichen: DKW. Nach Kriegsende entwickelte Rasmussen zusammen mit dem Motorenkonstrukteur Hugo Ruppe Zweitaktmotoren. 1919 wurde aus DKW „Des Knaben Wunsch“, als die beiden einen Spielzeugmotor auf den Markt brachten. Auf der Grundlage des 0,2 PS starken, kleinen Motors entwickelten die zwei Ingenieure ein Pendant mit 1 PS Leistung, den Rasmussen der Öffentlichkeit als Fahrradhilfsmotor vorstellte. Der enorme Erfolg dieses Antriebs legte die Grundlage für die Neuorientierung des Betriebes als Hersteller von Motorrädern. Deshalb wurde der Firmenname ein weiteres Mal neu interpretiert: DKW stand von nun an für: „Das kleine Wunder“.

Es dauerte nicht lang, da wurden stärkere Zweitaktmotoren verbaut und die ersten Motorräder liefen vom Band. Rasmussen gelang es, mit dem Erwerb diverser metallverarbeitender Betriebe, die er als Zulieferer für DKW nutzte, weiterhin erfolgreicher zu werden. So konnte er die Produktionskosten senken und weiter expandieren. Er hatte bereits früh erkannt, dass der Erfolg nicht von der Technik allein abhing: Rasmussen führte in den folgenden Jahren beispielsweise die Möglichkeit der Ratenzahlung ein und legte besonderen Wert auf die Werbeabteilung, um die Bekanntheit von DKW rasch zu steigern. Auch war er einer der ersten, der die Massenmotorisierung in Deutschland durch preiswerte Fahrzeuge vorantrieb. Wegen diesem geschickten Management gelang es ihm ein Imperium aufzubauen, das 1928 zum weltweit größten Hersteller von Motorrädern aufstieg. Gegen Ende der 20er fing DKW mit der Herstellung von Automobilen an.

Entstehung der „Auto Union“

Die im folgenden Jahr aufkommende Weltwirtschaftskrise führte auch in der Automobilindustrie zu starken Einbrüchen. Daraufhin entstand 1932 aus den vier Automobilherstellern Audi, DKW, Horch und Wanderer die „Auto Union“. Jeder der vier Ringe im Emblem der Auto Union, aus der später die heutigen Audi AG hervorging, symbolisiert einen der zuvor eigenständigen Hersteller. Rasmussen, der Vorstandsmitglied der Auto Union wurde, war es allerdings nicht gewohnt sich mit gleichberechtigten Partnern absprechen zu müssen. Bereits zwei Jahre später führte dieser Umstand zu seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen.

Doch Rasmussen gab den Traum eines eigenständigen Unternehmens unter seiner Führung nicht auf: In den folgenden Jahren bekam Rasmussen neben einer finanziellen Entschädigung vier seiner Werke zurück und zog zusammen mit seiner Familie nach Berlin. Der Zweite Weltkrieg brachte Rasmussen durch die ab 1945 vollzogenen Zwangsenteignungen um sein gesamtes Hab und Gut, weshalb er 1948 wieder nach Dänemark zurückkehrte. Dort gelang es dem erfolgreichen Geschäftsmann eine neue Existenz aufzubauen und erneut Motorräder herzustellen, diesmal unter dem Firmennamen DISA.

Ehrenvolle Laufbahn

1964 verstarb Dr. Ing. h.c. Jørgen Skafte Rasmussen in Kopenhagen. Er prägte die Autoindustrie durch die konsequente Weiterentwicklung des Zweitaktmotors sowie den Einsatz des Frontantriebs nachhaltig. Für seine Verdienste wurde er unter anderem 1938 von der TH Dresden zum Ehrendoktor ernannt und war Träger des vom dänischen König verliehenen Danebrogsordens.

<h3>David Maerkisch</h3>

David Maerkisch