Musik-Streamingdienste – ein Minusgeschäft für Musiker?

von | 26. August 2014

Musik unterwegs zu hören ist für viele eine Selbstverständlichkeit. Über das Internet werden durch Streaming-Plattformen riesige Musikkataloge zur Verfügung gestellt. Doch ist dies auch ein faires Geschäft für Musiker selbst? Musik-Streaming ist […]

Musik unterwegs zu hören ist für viele eine Selbstverständlichkeit. Über das Internet werden durch Streaming-Plattformen riesige Musikkataloge zur Verfügung gestellt. Doch ist dies auch ein faires Geschäft für Musiker selbst?

Musik-Streaming ist ein wachsender Trend, um überall Musik zu hören. Ob am Rechner, mit dem Handy oder auf dem Tablet, diese Applikationen können heutzutage mit fast jedem mobilen Endgerät über das Internet genutzt werden und das größtenteils kostenlos. Möglich machen das Streamingdienste wie AmpyaSpotifyNapsterSimfyYouTube, Deezer, Shazam, Soundcloud und viele weitere. „Das digitale Angebot ist da und holt den Musikfan dort ab, wo, wann und wie er seine Musik hören möchte“, so formuliert der Bundesverband für Musikindustrie über die neue Art des Musikkonsums.

Die schnelle und einfache Art auf Millionen von Musiktiteln zugreifen zu können, statt aufwendige Datenverwaltung zu betreiben, ist für viele ein guter Grund, zum legalen Musik-Streaming zu wechseln. Dem schwedischen Streamingdienst Spotify ist es bereits gelungen, aus illegalen Downloadern legale Musiknutzer zu machen. Weltweit nutzen schon über 40 Millionen Spotify-Mitglieder die Plattform aktiv, darunter sind mehr als zehn Millionen zahlende Abonnenten, so der Geschäftsführer von Spotify Deutschland, Stefan Zilch, gegenüber medienMITTWEIDA.

Die mobile Musikplattform erweitert ihr Angebot mit über 20 Millionen Titeln täglich um rund 20.000 neue Songs. Spotify bietet für alle Endgeräte zwei verschiedene Nutzungsvarianten an. Der „Free Service“ ist das kostenfreie Angebot, das größtenteils durch Werbeanzeigen aufgebaut ist. Hierfür ist allerdings eine ständige Internetanbindung erforderlich. Der „Premium Service“ bietet für knapp zehn Euro im Monat ein werbefreies Abonnement, das dem Nutzer ermöglicht, ausgewählte Songs auch im Offline-Betrieb zu hören.

Die Idee für Spotify hatten die beiden Schweden Daniel Ek und Martin Lorentzon. Sie starteten den Dienst im Jahre 2008 zuerst in ihrem Heimatland. Aufgrund des großen Erfolgs begannen sie 2012 damit, Spotify in Deutschland einzuführen. Seit 2013 ist der gesamte Musikkatalog auch über Smartphones und Tablets in Form einer App abrufbar. Um die Musik noch mobiler zu machen, kooperiert Spotify mittlerweile schon mit der Automobilindustrie und mit verschiedenen Heimsystemherstellern. In einem Interview mit der Axel Springer Akademie sagte Zilch: „Wir wissen, dass unser Smartphone mittlerweile die Schaltzentrale für unsere Musiknutzung ist.“ Hört man Musik also wirklich nur noch über’s Smartphone oder gibt es auch Liebhaber für physische Tonträger? Und wer „streamt“ tatsächlich seine Musik über diese Plattformen?

Musik „zum Anfassen“ oder doch lieber der schnelle Stream?

Laut einer Statistik des Bundesverbands für Musikindustrie lag der Umsatzanteil von digitaler Musik im Jahr 2013 bei knapp über 20 Prozent und der physische Anteil bei über 75 Prozent. Musik immer und überall zu empfangen, ist für viele ein Argument, kein Geld mehr für CDs auszugeben. Gerade junge Leute benutzen diese kaum noch, weil sie mit Musik-Streamingdiensten aufwachsen. „Meine Eltern haben noch CDs und Schallplatten, aber ich brauche das nicht, ist einfach zu teuer und dauert mir zu lange“, meinte der 16-jährige Realschüler Martin aus Dresden gegenüber medienMITTEIDA. Er höre lieber Radio oder streamt seine Lieblingsmusik kostenlos über das Internet. Dafür hielt der Bundesverband für Musikindustrie statistisch fest, dass mobile Musikstreaming-Dienste 2013 im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum von über 90 Prozent verbuchten.

Medienstudent Robert Prahl abonniert den Premium Service von Spotify schon über ein Jahr. „So kann ich auf der Autobahn auch bei schlechter Internetanbindung meine Lieblings-Tracks im Offline-Modus anhören.“ Oft ist die Nutzung ohne Internet ein Argument, um den Streamingdienst zu bezahlen. Bei Prof. Dr. Signe Rotter-Broman, Musikwissenschaftlerin an der Universität der Künste in Berlin, sind physische Tonträger noch ein wichtiges Standardrepertoire und Streamingdienste keine Notwendigkeit. „Ich hatte bis jetzt schlicht keinen Bedarf. Das mag daran liegen, dass ich das Medium CD immer noch schätze.“

Eine Studie des Deutschen Musikinformationszentrums zeigt jedoch, dass der Verkauf physischer Tonträger in den letzten Jahren um über zehn Prozent zurückging. Die Zahl der digitalen Musikverkäufe stieg dagegen um 60 Prozent an. Dennoch verdienen Musikschaffende mit physischer Musik immer noch dreimal mehr als mit digitaler Musik.

Prof. Dr. Michael Hösel, Dekan der Fakultät Medien der Hochschule Mittweida, setzt auf den Erwerb digitaler Musik und sieht darin einen persönlichen Vorteil: „Ich benutze meistens den Amazon Cloud Player. Dort werden alle Alben gestreamt, die ich bei Amazon gekauft habe, quasi ein mobiles Backup meiner Sammlung an physischen Tonträgern.“

In Zeiten, in denen zahlreiche Musik-Streamingkataloge zur Verfügung stehen und die Musik zunehmend aus dem Internet gestreamt wird, rücken physische Tonträger weiter in den Hintergrund. Daher setzen nicht nur Hörer auf diese Dienste, sondern auch Musiker. Der Musik-DJ und Produzent David Jach hat neben seinen bevorzugten Diensten wie Soundcloud und YouTube auch schon einige Songs über sein Label an Spotify gesendet, um sich auf dem Markt zu etablieren.

Was verdient ein Musiker bei Spotify?

Spotify gibt auf der eigenen Website an, dass der Rechteinhaber eines Titels durchschnittlich zwischen 0,6 und 0,84 Cent pro angeklicktem Song erhält. Die Verträge über monatliche Auszahlungen von Spotify werden in der Regel mit den Labels und der GEMA abgeschlossen. Die Höhe des Ertrages hängt davon ab, welche Konditionen der Musiker mit seinem Label ausgehandelt hat. Direkte vertragliche Beziehungen zwischen Künstler und Spotify bestehen nicht.

Spotify Lizenz-Formel

David Jach hat mit seinem Label einen 50-prozentigen Anteil der Spotify-Einnahmen ausgemacht. Letztes Jahr erhielt er für 10.000 Klicks auf einen Song rund 40 Euro von seinem Label. „Das sind zwar nur Peanuts, die wir bekommen haben, aber dafür erreichen wir durch unsere Musik deutlich mehr Leute.“ Eine vernünftige Bezahlung gegenüber Musikern wäre wohl erst dann möglich, wenn Spotify eine Monopolstellung auf dem deutschen Musikmarkt innehätte. Doch dies ist bei der Vielzahl an Musikplattformen kaum noch möglich. Der DJ sieht dennoch den eigentlichen Nutzen dieser Portale: „Auch wenn nicht viel dabei für uns Künstler abfällt, machen wir es trotzdem, um uns einen Namen zu machen. Die Zeiten, in denen man das große Geld verdiente, sind vorbei.“ Dadurch scheinen Streamingdienste eher eine kostenlose Marketingplattform für Musiker darzustellen als eine rentable Einnahmequelle.

Text: Pierre Fortte. Foto: Sarah Krause, Bearbeitung: Vanessa Schwaar.

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Pierre Fortte

Redakteur