Herausforderung im Eventmanagement

Veranstalten ohne Verschwendung

von | 7. Dezember 2018

Nachhaltigkeit und Eventmanagement stehen oft im Widerspruch - der richtige Ansatz beweist das Gegenteil.

H&M bietet nachhaltige Kollektionen unter dem Namen Conscious an, McDonalds wirbt mit nachhaltigen Beschaffungsketten ihrer Lebensmittel und die Deutschen Bahn verkauft Tickets, mit denen man zu 100% mit Ökostrom unterwegs sein soll. Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich aktuell durch alle Branchen und Lebensbereiche. Auch Jürgen May, Geschäftsführer von 2bdifferent, meint: „Wer heute nicht die Gesellschaft und Umwelt in sein Kerngeschäft mit einbindet, wird zukünftig ökonomisch weniger Erfolg haben!“ Passend dazu hat das Medienforum Mittweida 2018 Jürgen May als Referent für den Workshop Be Cool, Be Different – Nachhaltigkeit im Eventmanagement“ eingeladen. Da dieser leider verhindert war, übernahm seine Partnerin Solveig Kögel das Seminar, um den Studierenden die verschiedensten Möglichkeiten und Tätigkeitsfelder des nachhaltigen Handelns in der Veranstaltungsbranche nahe zu bringen.

Veranstaltungen schaffen innerhalb langer Planungsphasen mit vielen Mitwirkenden und einem beachtlichen Verbrauch an Materialien und Ressourcen einzigartige Momente und generieren damit enorme Umsätze. Gerade Messen sind große Verbraucher durch die Mobilität der Besucher, den hohen Wasserverbrauch und dem Abfall, der durch die aufgebauten und später einfach entsorgten Messestände entsteht. Mit Nachhaltigkeit hat das wenig zu tun. Doch immer mehr Eventmanager zeigen, dass ökonomisches und nachhaltiges Handeln nicht im Widerspruch stehen müssen. Ganz im Gegenteil – laut der Studie „Tagung und Kongress der Zukunft“ im Auftrag des German Convention Bureau e.V. werden „Sustainable Meetings“ noch bis 2030 ein wachsendes Marktsegment sein.

Die drei Säulen der Nachhaltigkeit

Immer wieder hört man von dem Begriff „Green Meeting“ im Zusammenhang mit nachhaltigem Eventmanagement. Doch „green“ bedeutet nicht immer gleich „sustainable“. Hinter dem Begriff verbirgt sich nach dem geläufigen Drei-Säulen-Modell nämlich nicht nur der ökologische Aspekt, sondern auch der wirtschaftliche und der soziale.

Die grundlegendste Säule für echte Nachhaltigkeit ist die soziale Säule, das heißt vor allem Beachtung von Arbeitsschutzmaßnahmen, Gleichberechtigung und Vermeidung von Ausbeutung. Dazu gehören beispielsweise geregelte Arbeitszeiten mit Pausen, eine angemessene Verpflegung der Mitarbeiter und ein faires Entgelt. Außerdem ist eine gute Kommunikation auf Augenhöhe innerhalb aller Personalebenen wichtig, damit jeder Mitarbeiter das Gefühl hat, die Wertschätzung entgegengebracht zu bekommen, die er verdient. Doch die soziale Säule bezieht sich nicht nur auf die Mitarbeiter, sondern auch auf die Besucher von Veranstaltungen. Hierbei ist das Stichwort „Inklusion“ essentiell, denn Behinderungen oder Einschränkungen sollten in der heutigen Gesellschaft keinen mehr davon abhalten, Veranstaltungen besuchen zu können. Daher ist es unheimlich wichtig, auf Multilingualität und Barrierefreiheit zu achten sowie beispielsweise Leitsysteme in Blindenschrift anzubieten oder Übersetzer in Gebärdensprache hinzuzuziehen, auch wenn dies nur über Videochat auf einem vom Veranstalter gestellten Tablet geschieht.

Die ökonomische Säule umfasst die Versicherung, dass die nachhaltige Tätigkeit unter anderem finanziell dauerhaft betrieben werden kann. Erst dann hat diese auch wirtschaftlichen Erfolg, denn was bringt es, Unmengen an Geld in recyclebare Materialen wie biologisch abbaubares Papier bei Druckprodukten zu stecken, wenn man sich damit in den finanziellen Ruin stürzt. Außerdem sind die Mitarbeiter erst durch eine angemessene Bezahlung in der Lage, ihre Leistungsfähigkeit voll auszuschöpfen und aus eigener Motivation heraus Bestleistungen zu Gunsten des Ertrags bringen. Genauso wichtig ist der Kontakt mit Dienstleistern, der bei frühzeitigem Einbeziehen in die Planung durch Fachwissen schon im Voraus unnötige Verschwendung von Ressourcen wie Strom verhindern kann. Dies spart Geld und wirkt sich somit wirtschaftlich positiv aus.

Die ökologische Nachhaltigkeit ist die Summe des sozialen und des ökonomischen Aspekts, da diese erst langfristig möglich ist, wenn die in den vorigen Absätzen beschriebenen Grundlagen konsequent verfolgt wurden. Innerhalb dieser Säule spielen zahlreiche Handlungsfelder eine Rolle, wie zum Beispiel Catering, Location, Abfallmanagement, Wasser oder Mobilität. Gerade dieser Bereich verursacht unter anderem laut Ermittlungen von atmosfair mit rund 70 Prozent den größten Anteil der CO2-Emissionen einer Veranstaltung durch die An- und Abreise von Besuchern sowie Liefer- und Transportwegen vor Ort. Um dem entgegenzuwirken, kann beim Catering zum Beispiel auf Flugware verzichtet und auf regionale Speisen zurückgegriffen werden. Zusätzlich kann die Location nach Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausgewählt werden. Viele Veranstalter passen zum Beispiel den Startzeitpunkt ihres Events an die Ankunft von Bahnen und Bussen an und schicken im Voraus Fahrpläne an die Besucher, um diesen die Anreise möglichst unkompliziert zu gestalten. Oft kann man auch schon ein Ticket, das direkt mit der Fahrkarte kombiniert ist, erwerben. Auch 2bdifferent nutzt bei zahlreichen Events diese Möglichkeiten.

Mit Strategie langfristig günstiger

Oft werden nachhaltige Ideen im Eventbereich schnell abgewiesen, weil sie zu viel kosten würden oder man nicht auf gewohnte Angebote verzichten möchte. Doch Nachhaltigkeit kann bei einer effektiven Planung der gesamten Wertschöpfungskette auf lange Sicht sogar günstiger sein, wie das Umweltbundesamt in seinem Leitfaden zu nachhaltigem Eventmanagement bestätigt. So spart man durch den Einsatz von stromsparenden Geräten in der Technik wie LED-Lampen anstelle von konventionellem Licht Energiekosten, gleichzeitig garantieren sie eine längere Lebensdauer. Auch beim Abfallmanagement kann durch Mülltrennung gespart werden. Oft wird bei Großveranstaltungen nur ein großer Industriemüll bereitgestellt, da beim Abbau die Zeit zum Trennen fehlt. Dieser Industriemüll sammelt aber jeglichen Abfall auf einmal, so teilweise auch umweltschädigende Stoffe. Deshalb ist die fachgerechte Entsorgung sehr aufwendig und teuer. Wird der Müll im Voraus selbst sortiert, fallen die Kosten für diesen Vorgang durch das Entsorgungsunternehmen weg. Auch Solveig Kögel antwortet auf die Frage, ob Nachhaltigkeit gleich teuer sein muss, mit einem klaren Nein:

Muss Nachhaltigkeit grundsätzlich teuer sein?

von Solveig Kögel, 2bdifferent

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil

Vor Nachhaltigkeit die Augen zu verschließen, wird einem Unternehmen oder Veranstalter früher oder später Probleme bereiten, da das Thema immer mehr an Wichtigkeit zunimmt. Um gegen die Konkurrenz standhalten zu können, ist es wichtig, Vorurteile beiseite zu lassen und selbst zu handeln. Dies bestätigt auch Solveig Kögel:

Warum sollten Unternehmen auf Nachhaltigkeit setzen?

von Solveig Kögel, 2bdifferent

Grund für diesen zunehmenden Zusammenhang mit der Wettbewerbsposition von Unternehmen ist zum einen, dass immer mehr Menschen (69 Prozent) laut der Studie Sustainability Image Score auf Nachhaltigkeit bei Produkten am Markt achten. Zum anderen verpflichtet das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz seit letztem Jahr kapitalorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern, über ihr Engagement für Gesellschaft und Umwelt Bericht abzulegen. Dies betrifft nicht direkt die gesamte Eventbranche. Für eine langfristige Existenzsicherung ist es aber nicht außer Acht zu lassen, da Großunternehmen vermehrt Dienstleister aufsuchen werden, die deren Prinzipien unterstützen, um ihre Beschaffungskette „sauber“ zu halten 

Doch neben all den formalen Richtlinien, sollte man sich vor allem bewusst sein, dass es dabei wirklich um die Zukunft aller geht. Erst kürzlich kritisierte die 15-Jährige Schwedin Greta Thunberg die anwesenden Politiker bei der UN-Klimakonferenz für ihre leeren Aussagen und die fehlende Sensibilität für das Thema: „Euch gehen die Entschuldigungen aus. Und uns geht die Zeit aus.” Immer wieder erreichen uns Aussagen, dass wir die letzte Generation sind, die noch etwas für die  Besserung unserer Umweltsituation tun kann. Gerade das stellt für viele Kunden ein großes persönliches Anliegen dar.

Vermeiden – Vermindern – Kompensieren

Was muss man bei der Etablierung von Nachhaltigkeit im Unternehmen beachten?

von Solveig Kögel, 2bdifferent

Wichtig ist dann, nach dem Prinzip Vermeiden – Vermindern – Kompensieren vorzugehen. So sollten CO2-Emissionen im Handlungsfeld Mobilität zum Beispiel erst weitestgehend durch die Nutzung von Elektrofahrzeugen vermieden und die übrigen Ausstöße dann möglicherweise durch Zusammenarbeit mit regionalen Zulieferern ohne lange Transportwege vermindert werden. Der unvermeidbare Rest sollte dann nach dem Prinzip klimaneutraler Veranstaltungen über Kompensation ausgeglichen werden. Man versteht darunter, dass je nach Emissionswert ein bestimmter Geldbetrag an ein Klimaschutzprojekt ,zum Beispiel zum Bau von erneuerbaren Energieanlagen, gezahlt wird. Worauf man achten sollte, ist, dass es sich um zertifizierte Projekte handelt, die hohe Qualitätsstandards erfüllen.

Empfehlenswert ist außerdem das Aufstellen einer CO2-Bilanz nach der Veranstaltung, um dem Unternehmen inklusive aller Mitarbeiter die Auswirkungen auf das Klima zu veranschaulichen. Mittels dieser messbaren Größe können dann Ziele zur Verbesserung der Bilanz gesteckt werden.

Ein Beispiel für ein Unternehmen, das ausschließlich nachhaltige Veranstaltungen unter diesem Prinzip durchführe, ist laut der Website von atmosfair das Hotel Steigenberger am Kanzleramt in Berlin. Nachhaltiges Handeln stehe dort an erster Stelle, wie man auch der eigenen Website der Steigenberger Group entnehmen kann. Das Gebäude ist bewusst effizient gestaltet, bezieht grünen Strom, verwendet Recyclingmaterialien und bietet bio und fairtrade Produkte an. Durch dieses Konzept werden hier durch die gesteigerte Effizienz schon Kosten gespart, welche dann in die Kompensation der unvermeidbaren Emissionen fließen und somit Klimaschutzprojekte fördern, die ebenfalls wieder der CO2-Einsparung vor Ort dienen.

Glaubwürdigkeit als Grundlage der Kommunikation

Bei transparentem und glaubwürdigem Handeln ist es nicht verwerflich, damit zu werben und das Thema Nachhaltigkeit in seine Kommunikation aufzunehmen, wie Solveig Kögel meint:

Sollte das nachhaltige Handeln eines Unternehmens publik gemacht werden?

von Solveig Kögel, 2bdifferent

Glaubwürdigkeit ist hier also essentiell, denn die kritische Öffentlichkeit wird schnell merken, ob es sich um Überzeugung oder Marketing-Strategie handelt. Eine Möglichkeit zur Steigerung der Authentizität ist beispielsweise schon während der Planungsphase einen Mitarbeiter/-in als Ansprechpartner bereitzustellen, der Kunden bei konkreten Fragen zur Thematik fachliche Antworten geben und Kritik annehmen kann.

Verbesserungsvorschläge für das Medienforum 2019

Natürlich interessierte die Workshop-Teilnehmer dann besonders die Einschätzung ihres eigens organisierten Events – das diesjährige Medienforum. Die meisten Kritikpunkte, die Solveig Kögel äußerte, waren auf den Mediengipfel, also die Abendveranstaltung zur Vernetzung und zum knüpfen von Kontakten unter den Referenten bezogen. Sie wies zum Beispiel auf die unnötige Nutzung von Heizpilzen im Außenbereich hin, auf die hohen Emissionen durch unzählige Shuttle-Fahrten mit Dieselfahrzeugen oder die mögliche Wiederverwendung von Gegenständen wie Ansteck-Namensschildern, die aber nach Ende der Veranstaltung nicht wieder eingesammelt, sondern möglicherweise von Besuchern einfach weggeworfen wurden. Zudem meinte sie, solle das nächsten Mal auf einen geringeren Fleischanteil beim Buffet geachtet werden. Für die Herstellung von einem Kilogramm Rindfleisch werden nämlich rund 15.000 Liter Wasser benötigt, wie die amerikanische Organisation Foodprint Network der Zeit berichtete. Für ein Kilo Kartoffeln genügen dagegen beispielsweise schon 100 Liter. Beim Kongress selbst kritisierte sie vor allem den unheimlich hohen Papierverbrauch durch Druckprodukte wie die bedruckten Schreibblöcke und die umweltschädlichen Giveaways wie Kugelschreiber aus Plastik.

Diese Analyse hat viele Anregungen und Visionen für das Medienforum 2019 geschaffen und den Teilnehmern die Augen geöffnet. Gerade das Zitat von Ban Ki-Moon, UN-Generalsekretär 2007 bis 2016, hat nochmal die Dringlichkeit des Themas in Erinnerung gerufen: „Wir können die erste Generation sein, der es gelingt, die Armut zu beseitigen, ebenso wie wir die letzte sein können, die die Chance hat, unseren Planeten zu retten.“

Text, Titelbild und Audiospuren: Sophie Bertog

 

<h3>Sophie Bertog</h3>

Sophie Bertog

ist 20 Jahre alt und hat durch die Vertiefungsrichtung Journalismus innerhalb ihres Medienmanagement-Studiums zum Schreiben gefunden und es mehr schätzen gelernt, als sie anfangs dachte. Sie hofft, dass sie durch medienMITTWEIDA noch einigen interessanten Menschen begegnen wird, da es vor allem das ist, was sie am Journalismus bereichernd findet.