Nacho-Time

Frühlingsgefühle im Heimkino

von | 17. April 2020

In unserer Filmkolumne Nacho-Time werden dieses Mal „Emma”, „Stargirl” und „Den Sternen so nah” rezensiert.

Schmeißt das Popcorn in die Mikrowelle und wärmt die Käsesoße auf. Es ist Nacho-Time und damit Zeit, euch drei Filme vorzustellen, die auf eurer nächsten Watchlist landen könnten. Auch wenn die Kinosäle zurzeit wegen des Coronavirus geschlossen bleiben, heißt das noch lange nicht, dass man keine gemütlichen Filmabende mehr zelebrieren kann. Mit „Stargirl“ und  „Emma“ erschienen letzten Monat nämlich gleich zwei neue Filme auf den Streaming-Portalen, die gemütlich von der Couch aus geschaut werden können. Und mit „Den Sternen so nah“ habe ich einen Hidden Gem (dt. versteckten Edelstein, Anm. d. Red.) mit dabei, der es auch noch lange nach seinem Kinostart schafft, mich besonders zu begeistern. Daher ist er mein Geheimtipp der Woche. Also legt die Füße hoch, macht es euch gemütlich und lasst uns beginnen.

Hochmut kommt vor dem Fall?

Mit viel Charme, Humor und einer starken Hauptrolle startete „Emma“ am 05. März in den deutschen Kinos. Bereits am 20. März folgte der Streaming-Release auf ausgewählten Streaming-Portalen aufgrund der Einschränkungen von Kinobesuchen durch das Coronavirus und ist dort seither für 17,99 € erhältlich. Es handelt sich um eine Neuverfilmung des gleichnamigen Jane Austen Romans aus dem Jahr 1815. Emma (gespielt von Anya Taylor-Joy) ist eine in wohlhabenden Verhältnissen aufgewachsene junge Dame, die zusammen mit ihrem Vater auf einem Anwesen im Dorf Highbury lebt. Sie ist es gewohnt, dass ihre Mitmenschen ihr zu Füßen liegen und nutzt ihre Intelligenz und schnelle Auffassungsgabe gerne, um Amor zu spielen, wodurch sie schon das ein oder andere Paar zur Heirat brachte. Während sie neue Bekanntschaften schließt und bei alten plötzlich Funken fliegen, muss sie jedoch feststellen, dass sie alles andere als fehlerfrei ist.

Zwischen Missverständnissen und Sorglosigkeit ist dieser Film alles, nur nicht langweilig. Der Plot lebt besonders von seinen überzogenen Charakteren. Speziell die Frauen stehen mit ihrem Klatsch und Tratsch, Gefühlen der Eifersucht und des Neids den Frauen des 21. Jahrhunderts in nichts nach. Durch die authentischen, extravaganten Kulissen und Kostüme erlebt man die Reise in die Vergangenheit direkt mit. Die kräftigen Farben tragen zu einer sehr lockeren und freundlichen Atmosphäre bei, wodurch der Film in eine angenehme „feel-good-Stimmung“ getaucht wird, die man nur noch selten auf der Leinwand antrifft. Dies wird noch unterstützt durch die schauspielerische Leistung des Casts. Mit einer ausdrucksstarken Art zu Spielen, aber auch sehr viel Feingefühl in der Mimik unterstreichen sie perfekt den Humor des Films.

Die Handlung nimmt uns dabei mit auf eine schnelllebige Reise durch ein Lebensjahr der Protagonistin. Dabei gelingt es, Vorkommnisse einer langen Zeitspanne auf ein paar Schlüsselszenen herunterzubrechen. In diesen wird nicht davor zurückgeschreckt, schonungslos mit Emmas Charakterschwächen umzugehen. Oftmals erschließt sich ihr Handeln erst im Laufe des Plots oder überhaupt nicht. Doch obwohl ihr Charakter zu Anfang noch sehr arrogant und distanziert wirkt, wird im Laufe des Films deutlich, dass viel Einsamkeit hinter ihrer kühlen Fassade steckt. So wächst sie einem immer weiter ans Herz und schon bald kommt man nicht mehr umher, mit ihr sowohl zu lachen als auch zu leiden. Sie bleibt zwar eine Drama-Queen, wie sie im wahrsten Sinne des Wortes im Buche steht, doch sowohl bei ihr, als auch bei den fantastisch gespielten Nebencharakteren lässt sich dennoch eine starke Entwicklung mitverfolgen, die einen bis zum Ende fesselt.

Jane Austen

Jane Austen kam am 16. Dezember 1775 zur Welt und lebte mit ihrer Familie als Pfarrerstochter lange in Stevinton, Südengland. Sie war das siebte von acht Kindern und entwickelte, wie der Rest ihrer Familie, schnell eine Liebe zum Lesen sowie zur Literatur. Erst 1811 wurde ihr erster Roman „Stolz und Vorurteil“ (orig. „Pride and Prejudice“) veröffentlicht. Im Mittelpunkt ihrer Geschichten stehen meist starke Frauenrollen, die ihren Weg durch Liebe und Leben suchen und am Ende ihr Happy End finden. Dabei kritisierte sie oft im ironischen Unterton die starke Klassengesellschaft, in der sie groß geworden ist und die nur die Heirat zwischen zwei ähnlich gestellten Partnern erlaubte. Selbst blieb sie bis zu ihrem Tod, genau wie ihre einzige Schwester, unverheiratet. In England gilt sie nicht nur als literarisches Nationalerbe, ihr Gesicht prangt seit 2017 auch auf der zehn Pfund Note.

Bei dieser Neuinterpretation des englischen Klassikers stehen selbstbewusste Frauen mit ihrer Sehnsucht nach Freundschaft und Liebe im Mittelpunkt, welche stets humorvoll aufgearbeitet wird. Diese Romcom (romantische Komödie) mit Drama-Elementen empfehle ich daher jedem, der sich im trüben Corona-Alltag nach Abwechslung und liebevoller Unterhaltung sehnt, die kaum etwas zu wünschen übrig lässt.

Original heißt nicht gleich originell

So weich, rosarot und bestandslos wie Zuckerwatte. Der Kinder- und Jugendfilm „Stargirl: Anders ist völlig normal“ ist einer der fünf Originalfilme, die im März mit dem deutschen Start der neuen Streaming-Plattform Disney+ erschienen sind. Er basiert auf dem gleichnamigen New York Times Bestseller Roman von Jerry Spinelli. Die Geschichte handelt von Leo Borlock (gespielt von Graham Verchere), der nach dem Tod seines Vaters und dem Umzug in eine andere Stadt mit starken Identitätsproblemen zu kämpfen hat. So lernt er, unauffällig und ungesehen von vielen seiner Mitschüler zu leben. Doch sein ganzes Leben soll sich schon bald auf den Kopf stellen, als eines Tages ein ungewöhnliches Mädchen namens Stargirl (Grace VanderWaal) neu an seine Schule kommt. Und mit ihren bunten Kleidern,  ihrem großem Herz und ihrer offenen Art scheint sie ihn schon bald anzustecken.

„Stargirl“ hat anfangs noch Mühe, in die Gänge zu kommen. Der Erzähleinstieg durch Leo erfüllt leider jedes Klischee einer Buchverfilmung und wirkt holprig und erzwungen. Das macht den Charakter auch nicht sympathischer, was bis zum Ende ein Problem bleibt. Ein Lichtblick am Ende des Tunnels ist Stargirl. Von Anfang an strahlt sie viel Ruhe und innere Stärke aus und kümmert sich nicht darum, was andere von ihrem sehr außergewöhnlichen Erscheinungsbild denken. Während die meisten in der Schule mit farblosen T-Shirts und Hosen herumlaufen, sind Stargirls Klamotten gespickt von Pailletten, Glitzer und bunten Farben. Sie ist es auch, die die Musical-Einlagen mit sich bringt. Keine große Überraschung, immerhin handelt es sich bei der Schauspielerin auch um die „America‘s Got Talent“ Gewinnerin aus dem Jahre 2016, die mit diesem Film ihr Schauspieldebüt hinlegt. Grace VanderWaal schafft es, mit ihrer Stimme zu verzaubern und verleiht dem Film dadurch einen sehr abwechslungsreichen Touch. Die weiteren unterstützenden Rollen bleiben dagegen leider komplett unbeleuchtet und dadurch nur Mittel zum Zweck, um den Plot voranzutreiben, der einfach vor sich dahinplätschert.

Ohne Spannungskurve wird erst sehr spät der innere Konflikt des Protagonisten thematisiert: Seine Angst, aus der Masse hervorzustechen. Stargirl steht als Persona für alles, was er gerne wäre, weswegen er vermutlich auch so fasziniert von ihr ist. Doch statt Leo unter diesem inneren Zwiespalt leiden zu lassen, wird dafür Stargirl vorgeschoben, die ihn letzten Endes konfrontieren und auf den richtigen Weg lenken muss. Die Reden, die dabei geschwungen werden, sind leider genauso hochgestochen wie pseudo-tiefgründig. Sie greifen zwar Probleme auf, mit denen junge Menschen zu kämpfen haben, lassen aber wenig Raum, um sich mit den involvierten Charakteren tatsächlich identifizieren zu können. Damit steht „Stargirl“ Filmen wie „Margos Spuren“, die ähnliche Charakterprofile und Themen aufweisen, in vielerlei Hinsicht nach und wird deswegen wohl alsbald nicht zum neuen Teen Movie Klassiker.

Letzten Endes ist es offensichtlich, dass der Film an eine sehr junge Zielgruppe gerichtet ist, doch während er die jugendlichen Schwächen vorzeigt, offenbart er selbst Schwierigkeiten mit der eigenen Identitätsfindung. Wer also nach Spannung und Dramatik sucht, wird hier nicht fündig. Doch der Film bleibt eine Option für diejenigen, denen es einfach darum geht, ihren Kopf bei einem entspannten Filmabend ausschalten zu können.

Hidden Gem: Ein Marsianer zum Verlieben

Mit ganz viel Romantik und Gefühl startete „Den Sternen so nah“ am 07. Februar 2017 in den deutschen Kinos und ist damit in der Hidden Gem Kategorie perfekt aufgehoben. Hier werde ich euch Filme ans Herz legen, die ihr bis dato vielleicht noch nicht auf dem Schirm hattet, aber dringend nachholen müsst. Der Film ist seit einiger Zeit auf Amazon Prime verfügbar. Nach einer Mission zur Erkundung des Mars stellt sich heraus, dass die leitende Astronautin schwanger ist. Gardner (gespielt von Asa Butterfield) kommt als erstes Kind auf dem Mars zur Welt, doch aufgrund der Umstände seiner Geburt ist er nicht mehr in der Lage, auf der Erde zu überleben. Das hält ihn als Teenager jedoch nicht davon ab, alles zu versuchen, um trotzdem auf den Heimatplaneten seiner Mutter zurückzukehren. Dort sucht er nicht nur nach seiner Internetfreundin, sondern auch nach seinem Vater.

„Den Sternen so nah“ entwickelt sich schnell zu einen Road-Trip Film vor wunderschönen Kulissen, der auch nach sehr emotionalen Dialogen schnell wieder zu einer lockeren Atmosphäre zurückfindet. Um die Mars-Reise glaubhaft tragen zu können, werden hier einige Sci-Fi Elemente eingebaut. Dazu gehören vor allem futuristische Technologien, die der Film versucht, als selbstverständlich zu etablieren. Dies fühlt sich bis zum Schluss jedoch gezwungen und überflüssig an. An dieser Stelle wird besonders deutlich, dass sich der Film einiges vorgenommen hat. Von der Reise bis zum Mars, der Suche nach Gardners Vater, der Beziehung zu Tulsa (Britt Robertson) bis hin zu seiner Krankheit kommen hier sehr viele Handlungsstränge zusammen. Diese könnten schnell überlastend wirken, doch der Film meistert diesen Balanceakt sehr souverän. Er konzentriert sich auf seine Hauptcharaktere und verliert nicht zu viel Zeit in nebensächlichen Sub Plots und Figuren. Gardner ist unfassbar sympathisch und süß und ergänzt damit den zunächst sehr harten und toughen Charakter von Tulsa, was die beiden zu einem unschlagbaren Paar macht. 

Das Abenteuer, welches die beiden im Laufe der Zeit miteinander verbindet, führt sie durch verschiedenste Städte und Szenerien, die alle etwas Magisches an sich haben. Genau wie der sehr moderne und lebhafte Soundtrack, der die Handlung gekonnt untermalt. Damit bleibt der Film sehr kohärent in seinem Stil und einfühlsam gegenüber seiner Handlung, die am Ende jedoch, wie in fast jedem Liebesfilm, vorhersehbar daher kommt.

Von Minute eins an brachte mich der Film durch seine emotionale Erzählweise dazu, mitzufühlen und zu -fiebern und am Schluss sogar ein paar Tränen zu vergießen. Wer nach einer Romanze der etwas anderen Art sucht, wird hier auf jeden Fall fündig und damit bleibt der Film nicht nur besonders, sondern auch absolut sehenswert.

Filmweisheit der Woche

„Wir sind alle verkorkst und ängstlich und wollen was sein, was wir nicht sind und wenn wir alle einfach unsere innersten Gefühle genau denjenigen Menschen erzählen würden, für die wir sie empfinden, dann würden wir alle am Ende noch glücklich oder sowas.“

Tulsa („Den Sternen so nah“)

Text: Clara S. Eckhardt, Titelbild: Anton Baranenko, Videos: YouTube/KinoCheck, YouTube/KinoCheck Familie

<h3>Clara Sophie Eckhardt</h3>

Clara Sophie Eckhardt

ist aufgewachsen in Schleswig-Holstein und studiert nun in Mittweida Medienmanagement mit dem Schwerpunkt eSports und Games Marketing. Währenddessen engagiert sie sich als Redakteurin und Leiterin des Social Media Bereichs für medienMITTWEIDA.