Nachrichten als Comic

von | 20. September 2010

In Japan gibt es seit Mitte Oktober 2009 die weltweit erste Manga-Zeitung als Web-Format. Das Konzept beruht auf der Darstellung täglicher Nachrichten in Form von kurzen Bildergeschichten mit Sprechblasen.

Die Idee, ein Nachrichtenmedium vollständig mit Comics darzustellen, scheint innovativ. In Japan erscheint seit einiger Zeit sogar eine Zeitung, in der das aktuelle Tagesgeschehen gezeichnet wird. Das Format trägt den Namen „Manga no Shimbun“ (deutsch: Manga-Zeitung) und ist ausschließlich online verfügbar.

Teilweise realistische Umsetzung

Die Themen unterscheiden sich nicht von denen einer normalen, gedruckten Tageszeitung und decken den kompletten Bereich der Neuigkeiten ab. In der Zeitung gibt es mehrere Ressorts. Aufgegriffen werden Meldungen über Prominente, Skandale und Verbrechen. Zusätzliche Rubriken sind Wirtschaft, Politik, Unterhaltung, Elektronik und Sport. Die Zielgruppe ist der Konsument zwischen 20 und 30 Jahren. Gerade Menschen, die sonst eher selten zur Zeitung greifen, soll das Angebot ansprechen. Mit „Manga no Shimbun“ möchte die Chefredakteurin Yuko Okamura erreichen, dass sich auch die junge Generation über tägliche Neuigkeiten informiert.

Wenig Aktualität

Die grafische Umsetzung ist unterschiedlich. Die Manga-Figuren sind teils bunt, teils monochrom, der Zeichenstil realistisch oder eher abstrakt. Zwar wird die Website der Zeitung mehrmals täglich aktualisiert, aber durch den Aufwand des Zeichnens sind die Nachrichten nie sehr aktuell. Das Gestalten der Bildergeschichten nimmt mehr Zeit in Anspruch, als die Nachrichten in Textform wiederzugeben. Weiterhin entstehen Probleme bei der Wiedergabe von Themen, die sich nicht so gut in Form von Bildern und Sprechblasen darstellen lassen. Mit Mangas kann der Gestalter Emotionen beim Nutzer verstärken oder auch mindern. Am Beispiel eines Unfallberichts ist dies einfach zu verdeutlichen. Wenn die Verletzten in Comicform dargestellt werden, hat der Leser einen ganz anderen Eindruck, als wenn er die Beteiligten in richtigen Bildern sieht, jedoch soll eine Beeinflussung des Lesers in jedem Fall vermieden werden.

Ausblick

In Japan ist die Darstellung von Inhalten mithilfe von Manga-Figuren sehr erfolgreich. Japaner konsumieren fast alles in Form von Comics. Es gibt Lexika, andere Wissensbücher und sogar Kochbücher in dieser Bildersprache, aber auch für Japaner ist die Nutzung der Tageszeitung mit Sprechblasen und Bildern eher ungewöhnlich. Die Besucherzahlen auf der japanischen Website steigen stetig, sagt die Chefredakteurin Yuko Okamura dem Online-Magazin „Animey“. Das Angebot scheint sich in Japan als Nischenprodukt zu behaupten. Deshalb plant der Verlag für Oktober eine englische Ausgabe seines Angebots. Die Zeitung in Europa ist jedoch ein traditionelles Medium, also scheint es für den japanischen „Comicneuling“ eher unwahrscheinlich, sich in anderen Ländern der Welt über den Status eines Nischenproduktes hinaus etablieren zu können.

<h3>Sarah Schreiter</h3>

Sarah Schreiter