Native Advertising – was ist das eigentlich?

von | 2. Oktober 2014

Klassisches Onlinemarketing kann Kunden immer weniger davon überzeugen, ein Brand besser als ein anderes zu empfinden oder gar ein Produkt zu erwerben. Immer häufiger wird das Gegenteil erreicht. Eine zielführende […]

Klassisches Onlinemarketing kann Kunden immer weniger davon überzeugen, ein Brand besser als ein anderes zu empfinden oder gar ein Produkt zu erwerben. Immer häufiger wird das Gegenteil erreicht. Eine zielführende und moderne Alternative ist das Native Advertising.

Hauptfunktion von Native Advertising ist das Integrieren von Werbeinhalt in Nachrichten, Themenportale, Blogs oder Social Networks. Dabei kann Native Advertising auf verschiedene Weise den Nutzer erlangen, wie zum Beispiel durch Musik, Videos, Bilder und Grafiken, Feeds, Typ-Check sowie andere Medien. So erreicht der Werbeinhalt den User, indem er in seinen Lesefluss eingebunden ist und visuell abgeglichen mit dem Werbeumfeld dargestellt wird. „Content“ wird erstmals durch Native Advertising als Werbemittel definiert und reiht sich somit neben Content Ads, Skyscraper und Text oder Bild in die Onlinewerbeformate ein. Aktuell wissen nur wenige, was es damit genau auf sich hat, und kennen die richtige Definition. Eine sehr passende Auslegung nannte Dan Greenberg, CEO der Plattform Sharethrough, in einem Interview gegenüber Mashable:

„Native Advertising ist eine Form von medialen Inhalten, welche in das optische Erscheinungsbild eingebunden und bei der die Werbung Teil des Inhalts sind.“ (übersetzt)

Obwohl weniger plakativ, weisen Studien auf, dass diese Art von Marketing sehr erfolgreiche Kampagnen ermöglicht. Gerade bei Werbung auf Smartphones und mobilen Endgeräten aller Art haben native Anzeigen große Vorteile und sind eine ideale Lösung, das Marketing von Unternehmen zu forcieren. Laut einer Studie von Solve Media sehen 800 befragte Werbefachleute darin großes Potenzial. Doch es ist eine ebenso große Skepsis vorhanden.

Was macht Native Advertising so erfolgreich?

Einer der Hauptgründe für die Entwicklung und das stetige Wachstum der Native Ads ist die immer größer werdende Ignoranz gegenüber Bannern und Pop-ups der Nutzer. Die Technik, ein Pop-up zu schließen, bevor es überhaupt fertig geladen ist, beherrscht ein Großteil der Internetnutzer. Und auch das gekonnte Ausblenden von selbst bewegenden oder blinkenden Bannern ist eine Tatsache, die viele Online-Marketingstrategen vor ein Problem stellt. Hier hilft es auch nicht, den „Schließbutton“ zu verstecken oder die Strategie ‚besser zu viel als zu wenig‘ zu verfolgen. Diese Art von Werbung erreicht wohl eher Hassgefühle gegenüber einem Unternehmen und wird wohl auch keine Kaufbereitschaft hervorrufen. Nativ integrierte Werbeinhalte haben sich hier als eine durchschlagende Alternative etabliert, die weitaus unaufdringlicher wirkt. Sie werden zwar als Anzeige gekennzeichnet, doch wirken sie eher wie eine zum Thema passende Information, die einen Teil des Inhalts darstellt.
Die angesprochenen Probleme alter Marketingarten wirken sich auf mobilen Endgeräten wie Smartphone und Tablet noch erheblicher aus. Ursache ist die einfache, technische Tatsache, dass die Bildschirme der „Mobile Devices“ kleiner sind als die von Desktop-PCs und damit Banner und weitere Arten an Onlinewerbemittel den Benutzer erheblich in der Bedienung stören. So wird gerade hier intensiv nach Alternativen gesucht, da der Werbemarkt für mobile Geräte enorm wächst und eine immer größere Bedeutung bekommt. Laut dem Mac Mobile Reports der BVDW erzielte die Branche in Deutschland einen Nettozuwachs von 67 % im Jahr 2013 und es wurden über 100 Mio. Euro netto für sie ausgegeben.

Konflikt zwischen Werbenden und Inhaltsschaffenden

In Native Advertising sehen Medienunternehmen und Wirtschaft einen neuen Weg, Geld zu verdienen, der Journalist und Medienschaffende hingegen oftmals eine Gefährdung für redaktionelle Inhalte und eine bewusste Täuschung des Lesers und Konsumenten. Kolumnist Bob Garfield meint hierzu gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Guardian“:

„Der Journalismus verkauft damit seine Seele.“

Eine Diskussion, die bereits im Mainstream angekommen ist, was wohl den HBO-Moderator John Oliver dazu veranlasst hat, sich in seiner Show „Last Week Tonight with John Oliver“ damit zu beschäftigen.


Der amerikanische Talkmaster geht gekonnt auf die redaktionellen und werbenden Seiten der Medien ein. Mit Witzen über Zeitungsgrößen wie „The Time Magazin“ oder die „New York Times“, die bereits mit Native Advertising arbeiten, legt er auf sehr humorvolle Weise dem Zuschauer die Problematik dar. Die Tatsache, dass der TV-Sender HBO werbefrei ist, verleiht dem Ganzen eine besondere Authentizität.

Welche Gefahr bereiten Native Ad’s der Presse?

Worin sehen Sie die größte Bedrohung für den Journalismus durch Native Advertising? Journalist und Studierender Jakob Struller erklärt medienMITTWEIDA in einem Interview:

„Native Advertising ist dann eine Gefahr für den Journalismus, wenn der Rezipient nicht mehr genau weiß, was Journalismus und was Werbung ist. Das wäre ein riesiges Problem für die Glaubwürdigkeit. Denn: Werbung will etwas verkaufen, Journalismus soll mich aufklären. Das sind ja ganz unterschiedliche Motivationen. Dazwischen sollte der Leser trennen können.“

Trotz Kennzeichnung ist bezahlter Inhalt oft nicht von redaktionellem zu unterscheiden, was zu einen Konflikt mit dem Kodex des Deutschen Presserats führt. Unter Ziffer 7.1 heißt es:

„Bezahlte Veröffentlichungen müssen so gestaltet sein, dass sie als Werbung für den Leser erkennbar sind. Die Abgrenzung vom redaktionellen Teil kann durch Kennzeichnung und/ oder Gestaltung erfolgen. Im Übrigen gelten die werberechtlichen Regelungen.“

Eine weiter Frage, die sich an Herrn Struller richtete: Entstehen bei Ihnen moralische Bedenken, wenn die klare Trennung von Inhalt und Werbung für den Nutzer nicht erkennbar ist? Seine Antwort lautete:

„Ich als Journalist will mit Werbung nichts zu tun haben. Wie gesagt: Es ist wichtig, dass es sie gibt, weil damit Geld verdient wird. Aber ich will nicht wissen, wer in meiner Publikation wirbt und wie viel er dafür bezahlt. Und vor allem will und werde ich niemandem versprechen, positiv (oder nicht negativ) über ihn zu berichten, nur weil er Werbung schaltet. Sobald ein Journalist über ein Unternehmen nicht mehr unvoreingenommen berichten kann, weil das Unternehmen in seiner Zeitung oder Webseite wirbt, geht der Journalismus kaputt. Das ist aber nicht erst seit dem Internet so.“

Die Entwicklung und immer größer werdende Bedeutung von Native Ads im Marketing, so die Zahlen vieler verschiedener Studien und Befragungen, ist wohl nicht mehr aufzuhalten. Ihre Verschmelzung mit dem Lesefluss des Users macht sie zu einem starken Tool der Werbewirtschaft. Durch das unauffällige Einfließen in das Werbeumfeld ist es eine wichtige Werbeart für den immer größer werdenden Mobile Marketing-Markt. Allerdings ist es von größter Wichtigkeit, dass der aufklärende Journalismus dadurch nicht verloren geht, vielmehr muss es das Ziel sein, die unterschiedlichen Inhalte klar zu trennen und mit den erhöhten Werbeeinnahmen qualitativen Journalismus verstärkt zu finanzieren.

Text: Peter Heinz. Bild: Thomas Kraftschenko.

<h3>Peter Heinz</h3>

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Redakteur