„Nintendos“ Rettungsanker

von | 22. Juni 2012

„Nintendo“ verzeichnete im letzten Jahr einen starken Umsatzeinbruch. Doch ob die „Wii U“ das Konsolengeschäft wieder profitabel macht, hängt vor allem von den Spielkonzepten ab.

„Microsoft“ und „Sony“ haben es mit den Gamer-Netzwerken „Xbox Live“ und „PSN“ vorgemacht, Ende 2012 will auch „Nintendo“ mit seiner neuen Konsole und einem sogenannten Kommunikationsnetzwerk nachziehen. Die „Wii U“ soll zum Weihnachtsgeschäft in den Läden stehen und die Kunden – wie vor knapp sechs Jahren schon die Vorgängerkonsole „Wii“ – mit einem neuen Controller von sich überzeugen. Neben den üblichen analogen Steuerelementen hat das Gamepad einen 6,2 Zoll großen Touchscreen, eine Kamera, Lautsprecher – und soll mit der neuen Funkübertragungstechnologie NFC ausgestattet sein.

Der ungewöhnlich große Controller ist Steuereinheit und zweiter Bildschirm zugleich. Das klingt zunächst nach einer guten Hardware-Idee. Vor allem sind aber die Software-Hersteller gefragt, die die Steuerung auch sinnvoll in ihre Spiele integrieren müssen. „Bei ersten Vorführungen von Action-Titeln auf der ‚Wii U‘ hatten wir den Eindruck, dass uns der ständige Blickwechsel vom Fernseher zum Tablet eher aus dem Spielfluss herausreißt als ihn zu verstärken“, bemängelt Hartmut Gieselmann, Spieleexperte bei „C’t“. „Daran müssen die Entwickler noch arbeiten.“

Network als Lösungshilfe?

In dem neuen „Nintendo“-eigenen Kommunikationsnetzwerk „Miiverse“ sollen sich Spieler gegenseitig Tipps zu schwierigen Levels geben können, sogar während des Spielens. Auch Videotelefonie ist möglich. „Ich glaube aber nicht, dass die Online-Anbindung bei der ‚Wii U‘ eine entscheidende Rolle spielen wird, zumal die Kernzielgruppe weiterhin Kinder im Grundschulalter sind“, so die Einschätzung Gieselmanns.

Auf Fragen zur neuen Konsole, dem Gamepad und dem Netzwerk „Miiverse“ reagiert „Nintendo Deutschland“ aktuell nur mit Pressemitteilungen. Auch die wichtigsten Faktoren wie Preis und genaues Release-Date bieten noch Raum für Spekulationen. Einzig im Interview mit dem Videospiele-Portal „IGN “ verriet Nordamerika-Präsident Reggie Fils-Aime etwas über die Preiskalkulation: „’Nintendo‘ glaubt daran, ein Massenprodukt zu sein. Im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern, die bei ihren Konsolen-Launches immer sehr hohe Preise veranschlagten und im Lauf der Zeit immer günstiger wurden, glauben wir an eine andere Strategie.“

Zu wenig Neuerungen

Insgesamt läuft es für die großen Konsolenhersteller nicht gut. Was auch die Spielemesse „E3“ zeigte, die jährlich in Los Angeles stattfindet und am 7. Juni endete. „Was wir bisher gesehen haben, sah nicht besser aus als das, was man von einer ‚PS3‘ oder ‚Xbox 360‘ her kennt. Also muss die ‚Wii U‘ mit neuartigen Spielkonzepten punkten und da sind die Spielentwickler noch in der Experimentierphase“, erklärt Gieselmann. So sei der Erfolg der Konsole maßgeblich vom neuen „Mario“-Spiel abhängig.

Erstmals Millionen-Verluste

Die großen Hersteller haben den App- und Smartphone-Trend lange Zeit verschlafen, der Kundenkreis ist damit deutlich reduziert. Das Geschäftsmodell Spielekonsole bröckelt; für „Nintendo“ war das letzte Geschäftsjahr das erste überhaupt, in dem ein enormer Verlust verzeichnet werden musste: Das Minus von 404 Millionen Euro ist vor allem einem Umsatzeinbruch von 36,2 Prozent geschuldet.

In Zukunft werde die Nische für Konsolen sogar noch kleiner, wie Gieselmann prognostiziert: „Man bezahlt dann einmal bei einem Anbieter für einen Titel und kann ihn dann auf jeder beliebigen Plattform spielen, ob als installierte Version oder per Online-Stream aus der Cloud“, meint der „C’t“-Spieleexperte.

<h3>André Krautschick</h3>

André Krautschick