Polizeiarbeit meets Social Media

von | 12. März 2014

Man hört oft, dass Facebook, Twitter und Co. genutzt werden, um vermeintlich Verdächtige oder auch verschwundene Person zu suchen. Mit Hilfe der User sollen dabei Hinweise oder sogar Zeugen gefunden werden. Welche Grenzen […]

Man hört oft, dass Facebook, Twitter und Co. genutzt werden, um vermeintlich Verdächtige oder auch verschwundene Person zu suchen. Mit Hilfe der User sollen dabei Hinweise oder sogar Zeugen gefunden werden. Welche Grenzen hat die Ermittlungsarbeit im Netz und welche Möglichkeiten stehen der Polizei dabei zur Verfügung?

Ja, ich bin einer von 700 Millionen Nutzern, die Facebook täglich verwenden. Wenn ich am Tag einmal nichts zu tun habe, greife ich zu meinem Smartphone und durchstöbere die weite Welt der sozialen Netzwerke. Ich unterhalte mich mit meinen Freunden darüber, was wir heute Abend noch machen. Es wird nachgesehen, wann das neue Album von meiner Lieblingsband erscheint und dann informiere ich mich noch schnell, was in meiner Umgebung so geschieht.

Dabei stoße ich auch immer wieder auf Meldungen der Polizei Sachsen, die von Freunden geteilt werden. In diesen „Posts“ steht meist wo und wann es einen Unfall gab, ob ein Dieb gefasst werden konnte oder wo es letzte Nacht gebrannt hat. Aber hin und wieder wird auch um Unterstützung gebeten, um zum Beispiel vermisste Personen zu finden oder um Zeugen für eine bestimmte Tat auszumachen.

Die virtuelle Jagd nach dem Täter

Nicht jede Polizeibehörde einer Stadt oder eines Bundeslandes hat heutzutage einen Facebook-Auftritt, auf dem sie zum Beispiel zur Mithilfe aufrufen können. Jedoch erhoffen sich die Behörden, die einen solchen Internet-Auftritt haben, durch das Medium eine größere Reichweite und eine schnellere Aufklärung der Fälle. Erst am 24. Februar 2014 habe ich wieder eine Meldung der Polizei Sachsen über Facebook gelesen: „OT Hilbersdorfd In der Wohnung beraubt/Zeugen gesucht“. Dabei frage ich mich, inwieweit die Polizei Facebook nutzt, um Verbrechen aufzuklären und wo dabei die rechtlichen Grenzen liegen.

Ein Sprecher des Innenministeriums sagt mir hierzu: „Ermittlungen und Recherchen im Internet und in sozialen Netzwerken sind zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben sowohl im Einsatz, als auch im Ermittlungsbereich von zunehmender Bedeutung.“ Er fügt hinzu: „Das gezielte Zusammentragen und Verwerten zugänglicher Daten einer Person bedürfen aber einer Rechtsgrundlage, die sich je nach Sachverhalt schwerpunktmäßig aus dem ‚Sächsischen Polizeigesetz‘ oder der Strafprozessordnung ergeben. Diese stellen zugleich den rechtlichen Rahmen und bilden neben dem gesetzlichen Auftrag auch seine Grenze.“

Rechtliche Grenzen im Netz

Ich habe auch bei Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei „WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte“ nachgefragt. Diese Kanzlei hat auf „YouTube“ einen Kanal, auf dem sie stetig neue Videos, aktuelle Rechtsprechungen aus dem Internetrecht, Medienrecht und Berichte über relevante Gesetze erklären und Fragen dazu beantworten. Hierbei wird auch auf das Thema Facebook-Polizeiarbeit eingegangen:

Solmecke fügt außerdem hinzu, „dass die meisten Nutzungsbedingungen der sozialen Netzwerke die Abtretung sämtlicher Rechte der Bilder vorsehen, die auf der Plattform hochgeladen werden. Problematisch ist bei solchen Plattformen auch immer die Tatsache, dass diese Fahndungsfotos kommentiert werden können und die Gefahr besteht, dass die abgebildete Person beleidigt und/oder vorverurteilt wird. Denkbar sind im schlimmsten Fall sogar Aufrufe zur Lynchjustiz.“

Private Facebook-Fahndungen

Aber nun frage ich mich, wie steht es um private Fahndungen − sprich wenn eine Privatperson auf eigene Faust bei Facebook und Co. nach Verdächtigen fahndet − sind diese denn rechtlich zulässig? Auch hier beantwortet Christian Solmecke die wichtigsten Fragen in einem Video:

Ergo: „Die Durchführung einer Fahndung ist allein Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, deren Befugnisse unter anderem in § 131a StPO und § 131b StPO geregelt werden. Dort ist auch genau geregelt, wer eine Personenfahndung anordnen darf. Denn nur auf diese Weise werden die Persönlichkeitsrechte der mutmaßlichen Täter gewahrt.“

Fazit: Gesetzmäßigkeit hat Vorrang

Facebook allein hat 1,23 Milliarden Nutzer pro Monat. Diese Zahl verdeutlicht eindrucksvoll, dass heutzutage ein großer Teil des Lebens im Internet stattfindet. Es ist darum wohl unabdingbar, dass sich die Polizei auch diese sozialen Netzwerke zunutze macht. Soziale Netzwerke geben der Polizei die Möglichkeit, neue Hinweise auf Verbrechen, Täter oder Zeugen zu erlangen und so ihrer gesetzlichen Pflicht besser nachkommen zu können. Dabei sollten aber unbedingt alle relevanten Gesetzmäßigkeiten beachtet und kontrolliert werden. Ansonsten ist es auch schnell möglich, dass eine Person bloßgestellt wird, oder Behörden im schlimmsten Fall gar unwissentlich zur Selbstjustiz anstacheln.

Text & Grafik: Tobias Patzschke; Videos: Kanzlei „WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte“, Christian Solmecke.

<h3>Tobias Patzschke</h3>

Tobias Patzschke

Redakteur