Kulte unserer Kindheit

Diddl-Maus

von | 7. Juni 2019

Die Springmaus gilt als Star der 90er und frühen 2000er und ließ nicht nur Kinderherzen höher schlagen.

Nach fast 30 Jahren ist die Diddl-Maus in den meisten Regalen eingestaubt und zunehmend in Vergessenheit geraten, denn neue Kinder-Helden liegen jetzt im Trend.  Trotzdem kann die Springmaus mit den großen Füßen auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken. Mit ihrem Comeback versucht sie deshalb, sich zurück in die Herzen ihrer Fans zu schleichen.

Diddl in der pinken Latzhose eroberte Kinderherzen im Sturm. Deshalb ging das Taschengeld oft für eine einzige Maus drauf: Diddl-Plüschtier, Diddl-Stifte, Diddl-Zeitung. Auf dem Schulhof florierte das Tauschgeschäft mit Papierblättern der Springmaus und auch Diddls Freunde erfreuten sich großer Beliebtheit. Der Hype um die Cartoonfigur wuchs stetig und Diddl erlangte Kultstatus.  

Am 24. August 1990 erwachte Diddl erstmals auf dem Papier zum Leben. Allerdings handelte es sich bei den anfänglichen Skizzen von Schöpfer Thomas Goletz noch nicht um eine Maus, sondern um ein Känguru. Wenig später beschloss der Grafiker, seine Figur kleiner und handlicher zu zeichnen – heraus kam schließlich die bekannte Springmaus mit den übergroßen Füßen. Kurz darauf erhielt die Maus auch ihre bekannte Bezeichnung. „Ich wollte einen Namen finden, der sich niedlich, quirlig und etwas frech anhört. Einfach passend zu meiner Maus. So bin ich schließlich auf „Diddl“ gekommen“, erklärte Thomas Goletz in einem Interview mit der Diddl-Zeitschrift „Käseblatt”.

Superstar aus dem Käsekuchenland

Knapp ein Jahr nach der Entstehung von Diddl, veröffentlichte der Depesche Verlag aus Hamburg 1991 die erste 48-teilige Postkartenserie mit der Springmaus – und landete damit einen vollen Erfolg. Die Zweimillionenauflage war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft und bildete den Startschuss des Maus-Imperiums. 

Auf den Karten-Boom folgten 1992 die ersten Plüschtier Diddl-Mäuse. Zwei Jahre später kamen Diddl Blockblätter mit diversen Motiven auf den Markt. Die limitierten Auflagen lösten ein regelrechtes Sammelfieber aus, besonders beliebt waren Sonderausgaben mit Duft oder Glitzerdetails. Dabei standen die einzelnen Diddl-Blätter besonders auf Schulhöfen hoch im Kurs und wurden fleißig miteinander getauscht. Um das Sammelsurium an Papierbögen fein säuberlich aufbewahren zu können, gab es passende Ordner – natürlich ebenfalls im typischen Maus-Design. 

In den darauffolgenden Jahren wuchs die Produktpalette stetig. Die laut Steckbrief „dreikäsehochfünfzig“ große Maus zierte unter anderem Wecker, Tassen, Bettwäsche, Schulranzen und Brotbüchsen. Im Laufe der Zeit kreierte Thomas Goletz außerdem weitere Figuren und vergrößerte dadurch die Diddl-Welt. Seit Ende 1998 bekam die Springmaus dadurch 27 Freunde und Verwandte. Darunter die weibliche Maus Diddlina, Teddy Pimboli, Fuchskaninchen Mimihopps oder die Professor-Maus Diddldaddl Blubberpeng. Außerdem kam 2001 unter dem Namen „Diddl’s Käseblatt“ eine eigene Zeitschrift dazu. Nach Angaben von Spiegel Online verbuchte das monatlich erscheinende Heft 2008 eine Auflage von 340.000 Exemplaren in den Sprachen deutsch, französisch und niederländisch. Von 2004 bis 2009 konnte die Zeitschrift allerdings nur im Abonnement bei Depesche oder über Händler von Diddl-Produkten erworben werden. Im Jahr 2009 zog das Diddl-Magazin schließlich wieder in die Regale der Zeitschriftenhändler ein. Noch heute ist das „Käseblatt“ zu einem Verkaufspreis von 3,99 Euro erhältlich.

Diddl ist für alle da

Die Springmaus mit dem leicht verträumten Blick eroberte nicht nur Kinderherzen im Sturm. In einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen erklärte Thomas Goletz, dass seine Maus für jeden gedacht sei, egal ob jung oder alt, der sich an Diddl und seiner „blubberbunten Welt“ erfreuen könne. Auf der offiziellen Diddl-Website beschreibt der Erfinder seine Maus außerdem als „Freund, der Zärtlichkeit und Liebe verschenkt“ und bei dem man sich geborgen fühle. 

Auch hinter den überdimensional großen Füßen steckt für den Zeichner eine ganz besondere Bedeutung. Damit wolle er ausdrücken, dass niemand perfekt sei und dazu ermutigen, sich selbst zu akzeptieren. Darüber hinaus soll seine Maus dabei helfen, Gefühle zu zeigen: „Diddl spricht Dinge aus, die einem selbst manchmal nur schwer über die Lippen gehen. Gerade in Herzensangelegenheiten.“ Diese Intention spiegelt sich auch in der für Diddl typischen Sprache mit Verniedlichungen und zahlreichen Wortschöpfungen wie „superduperdiddlig” oder „knautschknuffelkuschelig” wieder. Zusammenfassend beschreibt Erfinder Thomas Goletz die Diddl-Maus deshalb als „Wesen mit dem sich Jung und Alt identifizieren kann“.

Ein Konzept, das nicht nur in Deutschland aufging. Laut einem Artikel von Spiegel Online wurden 2008 mehr als 1000 verschiedene Diddl-Produkte in 26 Ländern verkauft. Den Durchbruch seiner Kreation erklärte sich Erfinder Thomas Goletz durch die „Vielzahl an Motiven, Gruß-Botschaften, Geschichten und Interaktionen mit den Fans.“ Dabei schaffte es die Springmaus weitestgehend aus eigener Kraft zum Erfolg. Im Vergleich zu anderen Comicfiguren wurde Diddl nicht durch Fernsehen oder Bücher bekannt, sondern über den direkten Verkauf im Einzelhandel. Obwohl für die Diddl-Maus also kaum Werbung gemacht wurde, machte sie anderen Kinder-Helden Konkurrenz. Der weltweite Umsatz mit Diddl-Produkten lag 2005 bei schätzungsweise 150 Millionen Euro.

Aus die Maus – oder doch nicht?

Der Maus-Hype aus den Neunzigern hielt über Jahre an, 2014 mussten alle Diddl-Fans dann allerdings ganz stark sein. Die Depesche Vertriebsgesellschaft gab bekannt, die Herstellung von Diddl-Produkten zum Jahresende einzustellen. Grund für die Entscheidung seien zurückgehende Umsätze gewesen. Dadurch gingen die Rechte zurück an Erfinder Thomas Goletz.

Nachdem Diddl und seine Freunde in den folgenden zwei Jahren vorerst von der Bildfläche verschwunden waren, entschied Goletz zusammen mit der Vertriebs- und Vermarktungsgesellschaft Kiddinx Meedia, die Diddl-Produkte neu aufzulegen. Im Jahr 2016 feierte die Diddl-Maus unter der Marke Diddl Forever dann offiziell ihr Comeback. Neben einem Online-Shop wurde auch ein eigener Instagram-Account angelegt, auf dem Neuigkeiten und Eindrücke aus der Diddl-Welt geteilt werden.

Diddl-Schöpfer Thomas Goletz genoss den Erfolg seiner Cartoonfigur über all die Jahre  im Stillen. Der Nürnberger hielt sich bewusst im Hintergrund, Fotos und Informationen zu seiner Person sucht man weitestgehend vergeblich. Dafür war seine Kreation für viele Jahre umso präsenter – in Kinderzimmern, auf Schulhöfen und in den Herzen aller Liebhaber. Die Maus gilt als Kultfigur der 90er und frühen 2000er. Das zeigt sich auch daran, dass Diddl 2015 in der TV-Sendung „Wir sind Deutschland“ zu einem von 20 Helden der vergangenen 25 Jahre gekürt wurde. In den letzten Jahren ist es trotz Comeback allerdings eher ruhig um Diddl und seine Freunde geworden. Charaktere wie die „Minions“ oder die „Eiskönigin“ liegen jetzt im Trend. Nichtsdestotrotz kann Erfinder Thomas Goletz stolz auf seine Maus und deren Erfolge sein, denn die durchschnittliche Lebenserwartung einer Springmaus beträgt rund drei Jahre – Diddl hat diese Zeit deutlich überlebt.

Text und Titelbild: Lisa Müller 

<h3>Lisa Müller</h3>

Lisa Müller

ist 22 Jahre alt und studiert an der Hochschule Mittweida Medienmanagement in der Vertiefung Journalismus. In diesem Semester leitet sie bei medienMITTWEIDA das Ressort Story.