Gute PR statt mangelndem Journalismus?

von | 10. Juli 2012

Ungleich gewichtete Honorare verbinden PR und Journalismus zunehmend miteinander. Eine klare Trennung beider Gebiete ist jedoch wichtig, nicht nur um vor Irreführung zu schützen. Wer professionell Public Relations betreibt, trägt […]

Immer mehr Journalisten sind auf PR-Nebenjobs angewiesen.

Immer mehr Journalisten sind auf PR-Nebenjobs angewiesen.

Ungleich gewichtete Honorare verbinden PR und Journalismus zunehmend miteinander. Eine klare Trennung beider Gebiete ist jedoch wichtig, nicht nur um vor Irreführung zu schützen.

Wer professionell Public Relations betreibt, trägt die Verantwortung für den Ruf vieler Unternehmen. Doch immer öfter findet eine Vermischung von PR und Journalismus statt. Darunter leidet vor allem eines, die Glaubwürdigkeit der Medien.

Laut Leitlinie fünf des Medienkodex von „Netzwerk Recherche“ dürfen Journalisten keine PR machen. Dieser Anspruch geht jedoch an der Lebenswirklichkeit vieler Medienschaffender vorbei. Journalisten nehmen sich zunehmend den Aufgaben der PR-Schaffenden an und akzeptieren somit die geringen Honorare für Journalisten. „Diesen Satz aufzugeben, hieße somit, Gehälter und Honorare zu akzeptieren, von denen Journalisten nicht leben können“, verdeutlicht Ingmar Cario, verantwortlicher Redakteur des ARD-Presseclubs und Mitglied des Vorstands Mitautor des Medienkodex von „Netzwerk Recherche“. Während der PR-Mensch pro Stunde bis zu 150 Euro verlangen darf, startet das Honorar eines Journalisten bei knapp 10 Cent pro geschriebener Zeile.

Zweckjournalismus durch falsche Grundsätze

Laut der deutschen Public-Relations-Gesellschaft gibt es in der Bundesrepublik ungefähr 50.000 Öffentlichkeitsarbeiter. Ihnen stehen rund 50.000 hauptberufliche Journalisten gegenüber. „Die Sorge besteht, dass PR mehr und mehr den Journalismus ersetzt“, beklagt der WDR-Redakteur Cario. Für ihn fuße „die Glaubwürdigkeit und der Erfolg eines Mediums auf dessen journalistischem Output, auf Recherche und auf Haltung“.

Durch den ökonomischen Druck und eine falsche Selektion der „Gatekeeper“ werde Journalismus jedoch immer mehr Mittel zum Zweck. Der ehemalige Deutschlandfunk-Chefredakteur und jetzige redaktionelle Mitarbeiter bei „Netzwerk Recherche“, Prof. Rainer Burchardt, sagt deshalb: „PR ist und sollte allein aus berufsethischen Gründen für Journalisten tabu sein!“

Der Grundsatz, dass Journalisten trotz Geldnöten auf Nebenverdienste durch zum Beispiel PR verzichten, richtet sich aber nicht nur an die Redakteure – sondern auch an die, die sie einstellen. „Wir  fordern in Artikel 10 des Medienkodex Verleger und Intendanten auf, Honorare zu zahlen, die ein ‚zweites Bein‘ für Journalisten nicht erforderlich machen“, beteuert Prof. Burchardt. Journalisten sollten nicht auf PR-Jobs angewiesen sein.

Public Relations können für sich auch Gutes schaffen

Ganz ohne professionelle Unternehmenskommunikation kann sich der ehemalige Zeitungs- und Radio-Journalist Burchardt die Medienwelt aber auch nicht vorstellen. „Professionelle und originelle PR kann Positives schaffen“, erklärt er. Zum einen bieten Public Relations den Nutzern kostenlose Informationen. Zum anderen „können sie Interessen und Meinungen in der Öffentlichkeit schaffen“, fügt „Presseclub“-Redakteur Cario hinzu. 

Durch wirksame Öffentlichkeitsarbeit können Firmen auf preiswerte Art und Weise Streuverluste vermeiden und sich am Markt platzieren. Diese Chance hängt aber auch mit der Größe und dem Budget des Unternehmens zusammen. Nicht jeder hätte die gleichen finanziellen Mittel und Chancen dafür, beteuert ARD-Presseclub-Mitglied Cario. Gerade kleine Betriebe hätten hier kaum die nötigen finanziellen Mittel, die Preise von PR-Agenturen übersteigen oft das Budget mittelständischer und kleiner Betriebe. 

Trennung statt Vermischung

„Es braucht den Journalismus, der PR-Informationen einordnet, überprüft und auch denjenigen eine Stimme gibt, die sonst keine Chance hätten, gehört zu werden“, erklärt Cario. Es sei die berufsethische Pflicht der Journalisten, den Verbraucher vor einer Irreführung zu schützen.

Text: Julia Zimmermann. Bild: sxu.hu, Fotograf: ilker, Bearbeitung: Nicole Schaum.

<h3>Julia Zimmermann</h3>

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