„Die Erfolgsaussichten sind gering“

von | 28. Juni 2012

NRW will die 7-Tages-Frist bei den öffentlich-rechtlichen Mediatheken abschaffen. Gegen die CDU gibt es kaum eine Chance, sagt Dirk Panter, medienpolitischer Sprecher Sachsens SPD.

Die rot-grüne Regierung von Nordrhein-Westfalen hat sich ambitionierte Ziele für die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesetzt. Im Koalitionsvertrag heißt es: „Beitragszahlerinnen und -zahler sollen die öffentlich-rechtlichen Telemedienangebote über die im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebene 7-Tages-Frist hinaus abrufen können.“

Dirk Panter ist medienpolitischer Sprecher der „SPD“-Fraktion im sächsischen Landtag und Mitglied des „MDR“-Rundfunkrates. Im Interview mit medienMITTWEIDA gibt er dem Vorhaben wenig Chancen.

Im rot-grünen Koalitionsvertrag von NRW heißt es, die Regierung wolle sich für einen längeren Verbleib von Videos in den öffentlich-rechtlichen Mediatheken einsetzen. Wie kam es zu der jetzigen 7-Tage-Regelung?

Diese Regelung kam auf Drängen der privaten Rundfunkanbieter zustande, die bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt hatten und insofern Recht bekamen, als dass der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, also des ÖRR, im Internet eingeschränkt werden sollte. Konkrete Vorgaben machte die EU-Kommission darauf hin aber nicht. Das Bundesverfassungsgericht sprach den ÖRR im Rahmen der damaligen Diskussion sogar einen „genuinen Online-Auftrag“ zu. Im Laufe der Diskussion wurden 2010 jedoch, vor allem auf Betreiben von Roland Koch und der unionsgeführten Länder, die aktuellen Regelungen in den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag aufgenommen.

Brauchen wir bessere Onlinepräsenzen oder ist das kein Teil der Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Sender?

Das aktuelle Verweildauerkonzept ist nicht zielführend und sollte reformiert werden. Denn niedrige Verweildauern im ÖRR helfen den privaten Anbietern nur bedingt – eine eigene Zukunftsstrategie brauchen sie trotzdem. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht aus meiner Sicht völlig zu recht den öffentlich-rechtlichen Sendern auch einen Online-Auftrag zugeschrieben. Es ist den Verbraucherinnen und Verbrauchern schwer zu erklären, warum die von ihren Gebühren finanzierten Beiträge im Zukunftsmedium Internet nur kurzzeitig verfügbar sein sollen.

Hat die NRW-Regierung Aussicht auf Erfolg mit ihrer Initiative?

Für eine Neuerung bräuchte es den Konsens über einen neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die Aussichten auf einen solchen Erfolg sind eher gering, da die unionsregierten Länder in diesem Punkt nicht gesprächsbereit sind. Die „AG Beitragsstabilität“, eine von den Ministerpräsidenten der Länder eingesetzte Arbeitsgruppe, setzt sich für noch stärkere Beschränkungen des ÖRR ein. Unter dem Deckmäntelchen der Beitragsstabilität wollen sie die Verbreitungswege der Sender einengen, das zeigt auch die Diskussion um die originären Digitalkanäle.

Auch Hannelore Kraft kritisiert die Digitalsender von „ARD“ und „ZDF“ als Geldverschwendung. Ist eine Verbreitung über Internet eine Alternative zu Digitalsendern?

Eher nicht, denn eine Verbreitung im Internet ermöglicht keine flächendeckende Verfügbarkeit. In vielen Teilen Deutschlands, gerade im ländlichen Raum, gehört Breitbandversorgung noch nicht zum Standard. Unabhängig davon täten „ARD“ und „ZDF“ aber gut daran, bei den Digitalkanälen stärker zu kooperieren. Teure Alleingänge sind nicht zielführend. Die Pläne des „MDR“, in Zusammenarbeit mit dem „Südwestrundfunk“ den Digitalsender „EinsPlus“ zu einem starken Jugendkanal weiter zu entwickeln, gehen deshalb in die richtige Richtung.

Bringt die im Koalitionsvertrag weiterhin geforderte Verbreitung über Internet Sparpotential mit sich?

Gute Netzpräsenz ist nicht zum Billigtarif zu haben, sondern braucht ebenso ein hohes Maß an Professionalität – und die hat ihren Preis. Zumal die Netzinhalte ja auch erst einmal hergestellt werden müssen.

Wie sieht eine sinnvolle Online-Strategie aus?

Das Zauberwort heißt ‚Trimedialität‘ und meint das kluge Zusammenwirken von Radio-, TV- und Internetpräsenz. Klug ist zum Beispiel, die unterschiedlichen Zielgruppen der drei Medien zu beachten. Das bedeutet unter anderem: Keine Eins-zu-Eins Verwertung der TV-Nachrichten im Internet, sondern nutzergerechte Aufbereitung der Inhalte.

<h3>Tim Jungmittag</h3>

Tim Jungmittag