Sterbehilfe

Tod durch fremde Hilfe

von | 20. März 2020

Sterbehilfe ist nicht gleich Sterbehilfe. Jedes Land hat andere Gesetze und Bestimmungen - ein Überblick

Sterbehilfe: Ein sehr umstrittenes Thema.  Jedes Land hat andere Regelungen , inwiefern man über seinen eigenen Tod bestimmen darf. Es folgt ein Überblick über die Regeln und Besonderheiten zum Thema Sterbehilfe in den Ländern Deutschland, Schweiz und den Niederlanden.

Deutschland

Seit dem 6. November 2015 sind laut Paragraph 217 des Strafgesetzbuches alle organisierten Hilfen für Freitodbegleitung verboten. Dies hat der deutsche Bundestag mehrstimmig beschlossen. Wer dagegen verstößt, muss mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Demnach ist aktive Sterbehilfe in Deutschland verboten. Es gibt aber Ausnahmen, denn Ärzte dürfen in Einzelfällen helfen (Suizidhilfe). Allerdings ist das ein langer und komplizierter Weg. Der Betreffende muss schriftlich einen Antrag stellen und nach einem Medikament verlangen. Laut dem  Dokumentarfilm Streitfall Sterbehilfe – Wer bestimmt über mein Ende?” von Erika Fehse wird dieser Antrag in den meisten Fällen abgelehnt. Die indirekte Sterbehilfe ist hierzulande erlaubt. Das heißt, dass ein Arzt einem Patienten bewusst starke Schmerzmittel verabreicht, die als Nebenwirkung zum Tode führen können.

Schweiz

Seit dem 1. Januar 1942 gibt es in der Schweiz gesetzliche Regelungen zur Sterbehilfe. Das Schweizerische Strafgesetzbuch schreibt Folgendes im Artikel 114 „Tötung auf Verlangen“ sowie 115 „Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord“: Die Beihilfe zum Freitod ist dann verboten, wenn selbstsüchtige Motive im Spiel sind. Das bedeutet zum Beispiel das absichtliche Verleiten zum Suizid durch egoistisches Handeln. Falls diese Motive nicht vorhanden sind, liegt keine Straftat vor. Es gibt einige Vereine in der Schweiz, die Personen in den Tod begleiten und Suizidhilfe anbieten. Beispiele hierfür sind DIGNITAS, EXIT oder lifecircle. Die Mitgliedschaft in einem solchen Verein ist Voraussetzung, um die Unterstützung eines solchen Vereins zu erhalten. Bei der Freitodbegleitung nimmt der Patient selbstständig das notwendige Medikament ein. Dieses wird in Wasser aufgelöst und getrunken. Falls die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, selbstständig zu handeln,  gilt laut DIGNITAS folgendes: „Mitglieder, die über eine Magensonde ernährt werden müssen, führen sich das Medikament selbst durch die Magensonde zu. Wer weder trinken noch eine Magensonde bedienen kann, hat die Möglichkeit, sich das Mittel durch eine zuvor vorbereitete Infusion zuzuführen.“ Um an ein solches Medikament zu gelangen benötigt man das ärztliche Rezept eines Schweizer Arztes. Dieses kann beantragt werden von Personen, die eine todbringende physische Erkrankung haben, von Menschen mit einer unzumutbaren Behinderung sowie solchen, die an nicht beherrschbaren Schmerzen leiden. 

Niederlande

Die Niederlande ist das erste Land, das aktive Sterbehilfe legalisiert hat. Seit dem 1. April 2002 besteht das Euthanasie-Gesetz. In Artikel 293 des Gesetzes über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung” wird beschrieben, dass jeder, der das Leben eines anderen auf dessen ausdrückliches Verlangen hin beendet, mit einer Gefängnisstrafe bis zu zwölf Jahren rechnen muss. Die Handlung sei jedoch nicht strafbar, wenn die Maßnahme von einem Arzt begangen werde. Dazu muss die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen eingehalten werden. Außerdem sind die genannten Sorgfaltskriterien bei der Hilfe zu Selbsttötung einzuhalten.

Sorgfaltskriterien

Der durchführende Arzt muss 

  1. Sich davon überzeugen, dass der Patient einen freiwilligen und sorgfältig überlegten Antrag gestellt hat
  2. Sich davon überzeugen, dass das Leiden des Patienten unerträglich war und dass keine Aussicht auf Erfolg der Verbesserung bestand
  3. Den Patienten über seine Situation und seine Aussichten informiert haben
  4. Zusammen mit dem Patienten zu der Überzeugung gelangt sein, dass es keine vernünftige Alternative im Hinblick auf die Situation des Patienten gibt
  5. Mindestens einen weiteren, unabhängigen Arzt konsultiert haben, der die Patienten gesehen und eine schriftliche Stellungnahme zu den unter A. bis D. genannten Sorgfaltskriterien abgegeben hat
  6. Bei der Lebensbeendigung mit medizinischer Sorgfalt vorgegangen sein

Seit 2003 veröffentlicht das niederländische regional euthanasia Review committee (RTE) einen Jahresbericht. Dieser enthält Zahlen zu den im jeweiligen Jahr eingegangenen Euthanasie-Anmeldungen. Außerdem werden Fälle beschrieben, die bemerkenswert sind. Lebensschutz in Rheinland-Pfalz ist eine Lebensschutzgruppe in Deutschland. Sie setzt sich für das Leben von Menschen ein und ist somit gegen Sterbehilfe aller Art. Lebensschutz in Rheinland-Pfalz hat die Zahlen aus den bisher veröffentlichten Berichten analysiert und kommt zu dem Fazit: „Dies ist eine deutliche Warnung, dass in der Gesellschaft ein Gewöhnungseffekt eintritt, sobald eine Rechtsbarriere gerissen wurde. Dies zeigt der stetige Anstieg der Tötungen, welche inzwischen 4 Prozent der Todesfälle in Holland ausmachen.“
Laut einer Studie von Nikkie B. Swarte und Mitwirkenden der Universität Utrecht wurde folgendes Ergebnis ermittelt: Die Hinterbliebenen und Freunde von Personen, die Sterbehilfe erhielten, kamen mit traumatischen Trauerreaktionen und posttraumatischen Stressreaktionen besser zurecht, als die Hinterbliebenen von Personen, die eines natürlichen Todes starben.

Begriffserklärung: Die Arten von Sterbehilfe

Die Arten von Sterbehilfe

  • Direkte aktive Sterbehilfe / Tötung auf Verlangen: Der Sterbewillige ist nicht oder nicht mehr in der Lage, seinen Tod selbst aktiv herbeizuführen und fordert Dritte auf, sein Leben zu beenden, z.B. durch Injektion eines letalen Medikaments, also eines, dass zum Tode führt. 
  • Passive Sterbehilfe (Sterben lassen): Verzicht auf Ergreifung von lebenserhaltenden und verlängernden Therapien,  Abbruch von Behandlungen sowie Nahrungs- und Flüssigkeitsverzicht.
  • Indirekte aktive Sterbehilfe: Dem Patienten werden Medikamente zur Linderung von Leiden verabreicht, die als unbeabsichtigte, aber nicht immer vermeidbare Nebenwirkung die Lebensdauer vermindern bzw. den Eintritt des Todes beschleunigen können.
  • Suizidhilfe / Beihilfe zur Selbsttötung: Der Patient entscheidet über sein Lebensende selbst und führt den letzten Akt auch selbst aus. In Deutschland ist die Beihilfe zum Suizid erlaubt, solange sie nicht geschäftsmäßig (wiederholt) durchgeführt wird.
  • Euthanasie: aus dem Griechischen stammend, für guter, leichter, richtiger, schöner Tod”; absichtliche Herbeiführung des Todes bei unheilbar kranken Menschen durch Medikamente oder durch Abbruch der Behandlung.

Text: Verena Sack, Titelbild: Verena Sack

<h3>Verena Sack</h3>

Verena Sack

ist 23 Jahre alt, gebürtige Münchnerin, studiert Medienmanagement im fünften Semester in der Vertiefungsrichtung Media and Sports. Bei medienMITTWEIDA ist sie in der Bildredaktion tätig