Schon in den 70er Jahren war der deutsche Schlager als bieder und konservativ verschrien. Warum heute Schlager gehört wird, erklärt die ehemalige Erotikdarstellerin Michaela Schaffrath zu Beginn der Sendung: „Auch wenn man sonst nicht Fan von diesen Liedern ist, ab einem bestimmten Alkoholpegel kann man sie alle mitsingen.“ Diese Tatsache beweist die Regie. Immer wieder das gleiche Schnittbild: Junge Damen grinsen in die Kamera und erheben ihr Sektglas. Für Nachschub sorgt der Moderator Jochen Bendel, der während seiner Moderation leere Gläser wieder auffüllt. RTL II zeigt unreflektiert, dass Alkohol zum Feiern dazugehört, während Experten vor übermäßigem Alkoholkonsum bei Teenagern warnen. Über Konsequenzen in der Denkweise von zuschauenden Heranwachsenden haben sich die Verantwortlichen offensichtlich keine Gedanken gemacht.
Verglühte Sterne
Mit „Musiklegenden treffen Neuentdeckungen“ warb der Sender vor der Ausstrahlung im eigenen Videotext für das neu aufgelegte Format. Es könnte auch heißen: „ehemals Erfolgreiche treffen zweite Garde“. Weder Schlager-Legenden, wie Udo Jürgens oder Andrea Bach, die aktuell mit ihren Alben in den Top Ten der deutschen Albencharts gelistet sind, noch über längere Zeit erfolgreiche Künstler vom Kaliber Silbermond oder Tokio Hotel treten auf. Hohe Erwartungen an die Gäste werden somit nicht erfüllt. Ein Mann darf trotzdem nicht fehlen: Jürgen Drews. Der Troubadix der RTL-Senderfamilie, der vor jeder CD-Veröffentlichung in jedem Magazin auftritt, aber selten singt, beendet die Sendung mit einem Zusammenschnitt seiner Evergreens. Dass er dabei – im Gegensatz zur Originalsendung – nicht live singt, fällt nicht weiter auf. Alle Lieder wurden Playback präsentiert. Wer die „Neue Hitparade“ nicht einschaltet, verpasst also nichts.
