Über „Facebook“ zum Kleinkredit

von | 21. September 2012

Bonitätseinstufung via „Facebook“? Richtig gehört: Ein deutsches Unternehmen hat einen Algorithmus entwickelt, der in Sekundenschnelle die Kreditwürdigkeit der User ermittelt. Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Um sicher zu […]

Bonitätseinstufung via „Facebook“? Richtig gehört: Ein deutsches Unternehmen hat einen Algorithmus entwickelt, der in Sekundenschnelle die Kreditwürdigkeit der User ermittelt.

Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Um sicher zu gehen, dass Kunden ihre gekaufte Ware auch bezahlen können, müssen Unternehmen über sogenannte Scoringverfahren die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden ermitteln – mittlerweile geht das auch bequem via „Facebook“. Für eine solche Bonitätsprüfung via „Facebook“ wertet das Hamburger Start-Up „Kredito“ Informationen wie Alter oder Uhrzeit der Bestellung aus. Rechtsanwalt Alexander Zieschang, der sich auf Telekommonikations- und Internetrecht spezialisiert hat, warnt jedoch davor. „Ähnlich wie bei einer Bank werden der Schufa automatisch sämtliche Informationen über die eigene Zahlungsfähigkeit übermittelt, wenn der Nutzer einen Kredit beantragt“, warnt der Anwalt für Internetrecht.

„Wer den Dienst dennoch in Anspruch nehmen möchte, sollte unbedingt die Nutzungsbestimmungen beachten“, rät Zieschang. Möglicherweise könnten nämlich Informationen an Dritte weitergeleitet werden.

Ohnehin kann der Dienst nur mit bestimmten Einstellungen genutzt werden. „Sollte der User die Einstellungen auf privat gestellt haben, so würde sich das Unternehmen laut Strafgesetzbuch Paragraf 201 strafbar machen, da hier die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes stattfinden würde“, betont der Anwalt.

Anzahl der Freunde bestätigt Identität

Das „Facebook“-Darlehen soll das Vergabeverfahren vor allem vereinfachen und beschleunigen. Bei „Kredito“ entscheidet ein vollautomatisiertes System basierend auf bis zu 8.000 Datenpunkten binnen Sekunden über die Kreditwürdigkeit eines Antrages. Nur ein Teil dieser Datenpunkte wird allerdings über „Facebook“ ermittelt. „Mittels des ‚Facebook‘-Profils stellen wir lediglich fest, ob die Person real ist, zum Beispiel anhand der Anzahl der Freunde“, erklärt Stephanie Schmidt von „Kredito“.

Auch die „Schufa“ experimentiert anscheinend, wie sie aus “Facebook“-Profilen Informationen über die Kreditwürdigkeit von Privatpersonen erlangen kann. „Kredito“ wirbt vor dem Kontext damit, dass der Kunde vor dem Offenlegen des eigenen Profils zumindest einwilligen muss. „Bei ‚Kredito‘ stimmen Nutzer dem explizit zu, indem sie sich optional und aus eigener Initiative heraus über ‚Facebook‘ anmelden“, erklärt Schmidt.

Datenschutz bremst Technologie

Doch die Mehrheit der Deutschen ist sehr vorsichtig, was die Offenlegung von Daten angeht. Auch wenn soziale Netzwerke wie „Facebook“ oder „Twitter“ zeigen, dass eine Vielzahl freiwillig sehr viel über sich preisgibt. „Die sogenannte ‚Facebook‘-Generation, die das Internet selbstverständlich nutzt um Kontakte zu pflegen, einzukaufen und Bankgeschäfte zu erledigen, ist auch eher bereit, für einen Service wie unsere Bonitätsprüfung ihr ‚Facebook‘-Profil offenzulegen“, weiß die PR-Managerin des hanseatischen Unternehmens.

Trotzdem sei das Bankensystem in Deutschland weniger modern und flexibel als in vielen anderen Ländern. „Mit unserem Modell sind wir der erste Anbieter auf dem deutschen Markt und derzeit die schnellste Möglichkeit, um einen Minikredit zu beantragen“, wirbt Schmidt.

Text: Anja Wanger. Bild: flickr.com, Wikipedia, Fotograf: 401(K) 2012, Bearbeitung: Nathalie Gersch

<h3>Anja Wanger</h3>

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