Verstehen ich das nicht

von | 25. Februar 2013

„Schneewittchen und die sieben Kleinwüchsigen.“ („Zwerg“ darf man nämlich nicht mehr sagen!) Schon wieder fegte eine erhitzte Debatte um unsere Sprache durchs Land. Diese Diskussion mag richtig sein, wichtiger wäre […]

Der Kleine ist verzweifelt. Er versteht ja kaum Deutsch, aber wenn Politiker sprechen, setzt es bei ihm völlig aus.

Der Kleine ist verzweifelt. Er versteht ja kaum Deutsch, aber wenn Politiker sprechen, setzt es bei ihm völlig aus.

„Schneewittchen und die sieben Kleinwüchsigen.“ („Zwerg“ darf man nämlich nicht mehr sagen!) Schon wieder fegte eine erhitzte Debatte um unsere Sprache durchs Land. Diese Diskussion mag richtig sein, wichtiger wäre aber eine über die Sprache der Politik und den Medien. Ein Diskussionsanstoß von der-tie.de.

Anfang Februar: Die EU in Jubelstimmung. Nach 26 Stunden haben sich die Regierungschefs endlich auf einen Haushalt für die nächsten Jahre geeinigt. Prompt berichteten die meisten Medien vom neuen „Sparkurs“ Europas.

Diese Meldungen sind schlicht und ergreifend falsch. Denn „sparen“ bedeutet „Geld nicht auszugeben, sondern [für einen bestimmten Zweck, Anm. d. Red.] zurückzulegen.“ So sagt es der Duden und ich behaupte mal, auch der gesunde Menschenverstand. Sogar Wikipedia ist dieser Meinung und dann muss es ja stimmen. Die Medien haben aber eine andere Bedeutung des Wortes im Laufe der Jahre kommentarlos übernommen – die Bedeutung der Politiker.

Neue Schulden statt Rücklagen

Fakt ist: Die EU gibt bis 2020 weniger Geld aus als in der Vergangenheit, aber sie spart damit noch lange nicht. Ganz im Gegenteil: Denn die Staaten haben sich auf rund 960 Milliarden Ausgaben geeinigt, aber sie zahlen nur 908 Milliarden in den Haushalt ein. des EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zeigte sich darüber empört: Ich sehe darin ein unglaubliches Täuschungsmanöver […] und auch keine seriöse Politik.“

Hier wird der Sinn des Wortes „sparen“ also ganz offensichtlich in „neue Schulden anhäufen“ umgemünzt. Diesen Zustand verstecken die Politiker, indem sie wieder die Sprache als Instrument benutzen. Denn der einfache Zustand, dass genauso viel ausgegeben wie eingezahlt werden muss, wird mit den Wortmonstern „Verpflichtungsermächtigungen“ und „Zahlungsermächtigungen“ umschrieben. Dass die Medien es schwer haben solche Inhalte zu transportieren, versteht sich von selbst.

Neue Wörter braucht das Land

Und so erfinden Politiker oft fröhlich Wörter, um deren Bedeutung zu verbergen und zu verschleiern. Haben Sie sich eigentlich schon über die „Gesundheitsprämie“ gefreut? Finden Sie es auch schön, dass Homosexuelle nur „eine Partnerschaft eintragen“ dürfen? Und fühlen Sie sich in einer „Sicherheitszone“ auch so richtig wohl und sicher? Ich nicht, aber ich bedauere Abgeordnete, weil sie „parlamentarischen Zwängen“ und den „freien Märkten“ unterworfen sind. Solche Begriffe werden von der Politik und Wirtschaft meist eingeführt und von den Medien plump übernommen ohne sie zu hinterfragen. Darüber sollten wir uns mal unterhalten. Diese Diskussion wäre auch tatsächlich wichtig für unser Land.

Weiterführende Links

Text: Thilo Tiede. Illustration: Thilo Tiede, Bearbeitung: Jonas Haase.

Über Thilo Tiede:

Da gibt es nicht viel zu sagen, ich tue es trotzdem: Mein Name ist Thilo Tiede (BA Eng.) und ich studiere zurzeit den Master-Studiengang Information and Communication Science an der Fachhochschule Mittweida. Am liebsten esse ich Pudding und Spaghetti mit Ketschup.

Über der-tie.de:

Die faulen Griechen verschleudern unser Geld, die Banken sowieso! Die Bundeswehr ist doof, wenn sie versucht Kinder anzuheuern! Die eindimensionale und selektive Berichterstattung in deutschen Medien geht mir oft – gelinde gesagt – auf den Keks. Deswegen versuche Themen hintergründiger zu recherchieren und Themen von mehreren Seiten zu beleuchten. Da mir beim zweiten Blick oft eine ungeheure Ungerechtigkeit begegnet, gleite ich auch ab und zu in die böse Welt der Ironie und des Zynismus ab. Deswegen versuche ich den Spagat zwischen ernster Berichterstattung und satirischen Inhalten hinzubekommen. Das gelingt mir vielleicht nicht immer, aber dann muss der Leser auch mal nachdenken, was ich ernst meine. Des Weiteren setze ich mich dafür ein, dass die Reichsmark aus dem Kaiserreich wieder eingeführt wird. Meine Petition dafür hat schon über vier Stimmen!

<h3>Marcus Jänecke</h3>

Marcus Jänecke