Vom Zukunfts- zum Auslaufmodell

von | 12. Mai 2011

Auf den Fachmessen angepriesen, nun redet niemand mehr davon. Das dreidimensionale Fernsehen schien noch vor einem Jahr die Innovation zu sein. Doch letzten Endes stimmen die Verbraucher mit ihrer Geldbörse ab, ob sich ein vermeintlicher Trend durchsetzt.

Wer noch immer an 3D-TV als neuen Standard glaubt, denkt illusorisch. Selbst das hochauflösende Fernsehen, HDTV, hat sich noch nicht mehrheitlich durchgesetzt, obwohl es den zukünftigen Standard vorerst definiert. Nun wartet schon die nächste technische Innovation: HbbTV. Die Hybridtechnik aus Fernsehen und Internet hat wohl die besseren Chancen und wird sich gegenüber dem 3D-Fernsehen behaupten. Vernetztes Fernsehen ist die weitaus realistischere Perspektive, auch vor dem Hintergrund, dass 3D-Fernsehproduktionen etwa das Doppelte herkömmlicher Produktionen kosten.

Auf der Messe hoch gelobt, doch im Verkauf ein Flop

Die Fachmesse für Kabel, Breitband und Satellit, „Anga Cable“, in Köln stand im Vorjahr ganz im Zeichen des 3D-Fernsehens. Ein Jahr danach ist die Vision, 3D als neuen Fernsehstandard zu etablieren, gefloppt. Allein die aufwendigeren Produktionen sind für die Sender und Produktionsfirmen ein Graus. Durch die nötige Verwendung von zwei Kameras verdoppeln sich in etwa auch die Produktionskosten. Kaum ein Fernsehsender will dies für den täglichen Gebrauch investieren. Außerdem wurde in vielen Fällen die Technik erst auf das hochauflösende Fernsehen umgestellt. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Senderchefs nicht gleich wieder in die nächste, angeblich zukunftsträchtige Technik investieren wollen, ohne die genauen Gewinnaussichten zu kennen.

Auch im Consumerbereich lassen sich die Verbraucher nicht immer neue, überflüssige Dinge aufschwatzen. Für den Genuss des räumlichen Fernsehens müssten sich die meisten Haushalte erst neue Technik anschaffen. An kostspieligen 3D-Fernsehern und BluRay-Player ist kein Vorbeikommen. Zudem benötigen viele der erhältlichen 3D-Fernseher immer noch die völlig unpraktischen 3D-Brillen. Allein die Vorstellung, eine in der Wohnung verlegte 3D-Brille verhindert den Fernsehgenuss, ist geradezu lächerlich und grotesk.

Immerhin kann der Zuschauer bei der neusten Generation der Fernseher auf die lästige Brille verzichten. Das wird dem „sterbenden Patienten“ 3D im Fernsehen nicht mehr helfen. Auch diese Geräte sind trotz stolzer Preise ab etwa 1.000 Euro nicht technisch ausgereift. So muss der Zuschauer zentral vor dem Apparat sitzen, damit die 3D-Effekte wirken. Da wird der Patriarch in der Familie wieder den Fernsehsessel beanspruchen oder einfach keinen 3D-Fernseher kaufen.

3D im Fernsehen – Für Kinofilme zu wenig und im Sport ein Rückschritt

Den angeblichen Boom löste der dreidimensionale Kinohit „Avatar“ aus. Doch für solche Filme allein kauft sich bestenfalls eine kleine Gruppe, die Technik-Avantgarde, neue 3D-Fernseher. Die führenden Hersteller, allen voran Panasonic, versuchen verzweifelt, ihre Investitionen doch noch zu retten. Das Marketingzugpferd Sport soll bei der Vermarktung von 3D-TV helfen. Ob es dabei erfolgsversprechend ist, auf die French Open als Verkaufsargument zu setzen, ist fraglich. Einige Versuche, große Sportarten wie Fussball in der dritten Dimension zu senden, wurden schnell wieder abgebrochen. 3D-Technik für Sportveranstaltungen im Fernsehen bietet generell keine klaren Vorteile. So hält WDR-Sportchef Steffen Simon zumindest Fussball in 3D für einen „großen Fake“ und „Rückschritt“, wie er gegenüber der Frankfurter Rundschau verlauten ließ.

<h3>Holger Schuchardt</h3>

Holger Schuchardt