News-it-Yourself – Info-Aggregatoren statt Tageszeitung

von | 16. Mai 2013

Newsaggregatoren im Internet stellen übersichtliche Alternativen zu Zeitungen und Zeitschriften dar. Aus der Masse an Informationen filtern die Dienste die gewünschten Neuigkeiten – speziell auf den Leser abgestimmt oder von der […]

Nachrichten auf Bestellung - Newsaggregatoren liefern zielgerichtete Informationen für jedes Interesse.

Nachrichten auf Bestellung – Newsaggregatoren liefern zielgerichtete Informationen für jedes Interesse.

Newsaggregatoren im Internet stellen übersichtliche Alternativen zu Zeitungen und Zeitschriften dar. Aus der Masse an Informationen filtern die Dienste die gewünschten Neuigkeiten – speziell auf den Leser abgestimmt oder von der Crowd empfohlen.

An der Kasse des vertrauten Supermarkts sticht sie vielversprechend ins Auge – die Schlagzeile. Ein schneller Griff und die Zeitung landet im Einkaufswagen. Zu Hause folgt die Enttäuschung. Der erste Artikel ist noch ganz spannend, der Rest interessiert nicht. Gibt es da vielleicht eine Möglichkeit, die weniger interessanten Artikel wegzulassen?

Newsaggregatoren als Alternative

Die Online-Nachrichtendienste filtern Neuigkeiten aus einer großen Masse von Informationen und präsentieren sie in kompakter Form. Mit verschiedenen Konzepten gehen dabei Entwickler von Diensten wie „Filtr“, „10000 Flies“ und „niiu“ vor. Für beinahe jedes Themengebiet gibt es spezielle Informationsprogramme.

Anfang April startete „niiu“ als iPad-App in die zweite Runde. Bereits 2009 versuchten die Gründer Hendrik Tiedemann und Wanja Sören Oberhof ihr Glück mit einer individualisierten Tageszeitung. Die beiden stellten allerdings die Produktion 2011 wieder ein. Jetzt reihen sie sich mit „niiu“ in die Riege zahlreicher digitaler News-Dienste ein.

Die mit den meisten „Fliegen“

„10000 Flies“ greift auf Daten der sozialen Netzwerke Facebook, Twitter und Google+ zurück. Das Ranking hierbei ist einfach beschrieben: Die Nachricht mit den meisten Likes, Shares oder +1-Klicks, wird veröffentlicht. Es entscheiden also Social-Networker mit ihren Aktivitäten, was wichtig ist und was nicht. Oder um es in der Sprache von „10000 Flies“ zu formulieren: Die Nachricht, auf der die meisten „Fliegen“ landen, ist im Ranking ganz oben.

Leserschaft liefert wichtige Informationen

Wie die News-Lieferanten davon profitieren, weiß Journalist und Autor Jens Schröder, von dem die Grundidee des Programms von „10000 Flies“ stammt: „Lieferanten können sich inspirieren lassen, sie sehen, welche Themen die Menschen derzeit besonders interessieren, sie erkennen, mit welchem Dreh Konkurrenten bei einer Geschichte womöglich erfolgreicher waren und sie erhalten bei Erfolg und Auftauchen in unseren Rankings natürlich auch Besucher, die sie sonst womöglich nicht gehabt hätten.“

Leistungsschutzgesetz bringt Einschränkungen

Allerdings stellt das am 1. August in Kraft tretende Leistungsschutzrecht einige Probleme dar. Laut Schröder ist es zwar „völlig uneindeutig formuliert und es ließe sich im Zweifelsfall wohl erst vor Gericht klären, welche Dienste, Websites und Services davon betroffen sind.“ Dennoch werden womöglich in Zukunft nur noch Headlines und keine Snippets, also kurze Textauszügen aus Websites, oder Teasern veröffentlicht.

Konsequenzen zieht auch der Tech-Dienst „Filtr“, dessen Autoren entscheiden, welche Themen besonders wichtig sind. „Wir zitieren bestimmte Zeitungen nicht mehr, die als besonders starke Befürworter des Leistungsschutzrechts gelten“, erklärt Autor und Mitbegründer Marcus Schuler. Von anderen Publikationen haben sich die Journalisten ein explizites „Okay“ geholt, um sie auch künftig zitieren zu dürfen. Manche Chefredakteure von Onlinemedien seien hierbei teilweise viel kulanter gewesen als die jeweiligen Verlagslinien.

Andere Ausweichmöglichkeiten

„niiu“ ist wohl der erste Newsaggregator, den das Leistungsschutzrecht nicht tangiert, wie es in der letzten Pressemitteilung heißt. Die Gründer Wanja Sören Oberhof und Hendrik Tiedemann unterhalten direkte Lizenzverträge mit ihren Partnerverlagen wie BILD, The European oder der Berliner Morgenpost. Somit können Leser gänzlich ohne Verlinkungen und Bezahlschranken die, von ihnen im Voraus, aus über 20 Titeln ausgewählten Neuigkeiten durchstöbern. „Bei ‚niiu‘ wählt der Leser seine persönlichen Interessengebiete aus einem breiten Spektrum qualitativ hochwertiger, redaktioneller Inhalte und erhält daraufhin die individuell abgestimmten News“, erklärt Ann-Kathrin Barthel, Business Developerin bei „niiu“.  Im Gegensatz zu „10000 Flies“ ist der Newsaggregator jedoch kostenpflichtig.

Suntka von Halen, Pressesprecherin des Deutschen Pressevertriebs und Mitarbeiterin der Unternehmenskommunikation bei Gruner + Jahr fordert in der Debatte ein faires Geschäftsmodell für beide Seiten: „Für Contentlieferanten bestehen Chancen im Ausbau von Bekanntheit. Newsaggregatoren bauen ihre Reichweite aus und sind damit angewiesen auf die Contentleitungen von Medien.“

Wachsende Verluste auf dem Printmarkt durch Technifizierung?

Mit der zunehmenden Technifizierung stellt sich die Frage, ob damit die wachsenden Verluste im Printmarkt verstärkt werden. „Newsaggregatoren führen journalistischen Websites viele Nutzer zu, die deren Inhalte sonst womöglich nicht gefunden hätten“, erklärt „10000 Flies“-Gründer Schröder. Gerade Websites, die nicht zur Top 5 gehören, profitieren von solchen Diensten. Hendrik Lange, Leiter der Marketingkommunikation der WELT-Gruppe, sieht in derartigen Angeboten ebenfalls eine „zusätzliche Ergänzung im Rahmen der Mehrfachverwertung der Inhalte.“

Auch Suntka von Halen von Gruner + Jahr sieht dies gelassen: „Nach wie vor orientieren User und Leser sich an den Medienmarken ihres Vertrauens, wenn sie tiefe Informationen, Kommentierung und Einordnung suchen.“ Zudem ist sie der Meinung, dass Newsaggregatoren zusätzliche Reichweiten ermöglichen. Es sei allerdings nicht akzeptabel, dass diese ihr Geschäftsmodell auf dem Content von Verlagen aufbauen, ohne eine Vergütung zu erbringen.

Eins ist jedoch klar: Newsaggregatoren sind eine spannende Alternative für alle, die sich gezielt und ihren Interessen entsprechend informieren wollen.

 Text: Laura Berghold. Bild: David Mönch.

<h3>Laura Berghold</h3>

Laura Berghold

Redakteur bei 99drei Radio Mittweida Kontakt: lberghol[at]hs-mittweida.de