Ein Unterschied zwischen Ost und West zu DDR-Zeiten war die Ausländerregelung. In der DDR-Oberliga waren ausländische Spieler undenkbar.
Wenn die Fans des FC Energie Cottbus heutzutage Jiayi Shao applaudieren oder Bewunderer des FC Erzgebirge Aue ihren Toptorschützen Najeh Braham huldigen, verbindet die Fans eine Gemeinsamkeit. Erst seit 19 Jahren, also seit der Saison 1990/1991 dürfen die Fans ausländische Fußballspieler für sportliche Erfolge in Ostdeutschland feiern. In der DDR-Oberliga, der höchsten DDR-Liga, gab es keine ausländischen Fußballer.
Nach dem ersten zentralen Beschluss des Fußballverbandes der DDR vom 16. Januar 1961 durften in der höchsten Spielklasse der DDR keine Ausländer mehr spielen. Der Chef des Dresdner Fußballmuseums Jens Genschmar bestätigt gegenüber medien-mittweida.de: „Es stimmt, dass mit der Gründung der Oberliga 1949 keine ausländischen Spieler mehr aktiv sein durften, aber in der zweiten Liga gab es sogar eine Mannschaft nur mit russischen Fußballern“. Der Beschluss galt also nur für die Oberliga. „Diese Regelung sollte dazu führen, in der DDR Spitzensportler auszubilden“, erklärt Genschmar, „Ausländer hätten den heimischen Kickern vielleicht den Rang abgelaufen.“
Kein vorhersehbarer Erfolg
Der Sport lief in der DDR nach Plan. Während Erfolge in den Einzeldisziplinen vermeintlich vorhersehbar und kalkulierbar waren, musste die DDR-Führung schnell erkennen, dass Fußball als Mannschaftssport keine Planerfüllung zulässt. Mit 112 Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen in Einzeldisziplinen und gerade einer Teilnahme der DDR Nationalmannschaft an den Weltmeisterschaften 1974, zeigt sich der frappierende Unterschied. Im Messen mit den großen Nationalmannschaften aus Polen oder der Tschechoslowakei spielte die DDR nur eine untergeordnete Rolle.
Durch Nachwuchsleistungszentren unter anderem in Dresden, Leipzig und Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz, sollte die Jugend mit gezielter Förderung eine erfolgreiche Nationalmannschaft aufbauen. Voraussetzung dafür: ausreichend Spielzeit auf hohem Niveau für den Heimatverein, also der Jugend in der Oberliga Spielzeit zur Entwicklung geben, anstatt auf Ausländer zu setzen. Die Zentrale Festlegung des DDR-Fußballverbandes war daher Mittel zum Zweck für eine erfolgreiche Nationalmannschaft.
Streitfall letzte Saison
Die Ausländerregelung war bis zum Schluss der Oberliga unumgänglich. Streitfall bildet nur die vermeintlich letzte Saison. „Die Frage ist, ob die Saison 1990/1991 die letzte Oberliga Saison war oder nicht“, meint Jens Genschmar. Damit spielt er auf den Mauerfall an. Die Wende war in dieser Saison eigentlich vorbei, trotzdem spielte die Oberliga einen Meister aus, um dann mit der Bundesliga auf westdeutscher Seite zu verschmelzen. DDR-Regularien galten daher nicht mehr und erste Ausländer spielten für Vereine, wie Hansa Rostock und Energie Cottbus.
Einer der ersten Ausländer bei Energie Cottbus war Petar Aleksandrov, heutiger Co-Trainer beim Schweizer Erstligisten FC Luzern. Nach einer Saison, verließ er den Cottbuser Oberligisten wieder. „Ausländer wurden in den ostdeutschen Mannschaften nicht akzeptiert und waren klar in der Unterzahl“, war vom Kreis der ersten Ausländer bei Ostmannschaften zu erfahren. Ebenso erging es Paul Caliguiri, sogar Fußballer des Jahres 1986 in den USA, bei Hansa Rostock. Nach der erreichten Meisterschaft bekam er auf Grund mangelhafter Leistungen keinen Folgevertrag. Die ersten Ausländer in der vermeintlich letzten Oberligasaison schafften nicht nur auf Grund der Leistungsdichte der Ostmannschaften, sondern auch wegen fehlender Akzeptanz nicht den Sprung zum Topspieler. Heute sieht diese Bilanz anders aus. Beim FC Energie Cottbus spielten letzte Saison mehr Ausländer als Deutsche und 2001 war Energie in der Bundesliga sogar das erste Team, das ganz ohne einen Deutschen Fußballer in der Startformation auskam.
Ausnahmen und Härtefälle
In der DDR-Oberliga durften zwar keine Ausländer spielen, in der zweiten DDR-Liga griffen die Beschlüsse des DDR-Fußballverbands jedoch nicht. Deshalb gab es in der DDR-Liga ein Team, welches ganz aus russischen Spielern bestand und auch Ungarn und Polen tummelten sich in den Staffeln der DDR-Liga. Mittelfeldspieler Jürgen Schröder vom SC Neubrandenburg kann sich noch sehr gut an einen ausländischen Mitspieler erinnern. Sulaimane „Pele“ Sheriff aus Guinea kam im Rahmen eines DDR-Abkommens 1961 nach Neustrelitz zur Berufsausbildung. „Von Neustrelitz hat ihn unser Trainer Gottfried Eisler nach Neubrandenburg zu unserer Zweitliga-Mannschaft geholt“, erklärt der ehemalige Mitspieler Jürgen Schröder.
Der Afrikaner spielte in der DDR-Liga mit und half beim Aufstieg in der Saison 1963/64. „Sheriff hat uns dort sehr gut geholfen, nachdem wir in die Oberliga aufgestiegen sind, durfte er aber nicht mehr spielen“, sagt Schröder. In der Saison 1964/65 musste Neubrandenburg in der Oberliga ohne seinen „Pele“ auskommen. „Ob er es dort geschafft hätte sich durchzusetzen weiß ich nicht“, sagt Schröder rückblickend. Der Afrikaner wechselte, nachdem er in Neubrandenburg nicht mehr spielen durfte, zurück nach Neustrelitz und verließ nach seiner Ausbildung die DDR. In Afrika wurde Sheriff dann ein großer Star, in Guinea war er siebenmaliger Nationalspieler und holte sich 1972 den Titel „Fußballer des Jahres“ in Afrika. „Vielleicht hätte er unseren Abstieg 1965 nach der einen Oberligasaison verhindern können“, meint Jürgen Schröder angesprochen auf den späteren Erfolg von Sheriff. Noch heute ärgern sich die Verantwortlichen des SC Neubrandenburg über die damalige Reglung des Fußballverbandes der DDR und „wir trauern der vergebenen Chance nach, den Star in unseren Reihen zu haben“, sagt Schröder.
Text: Markus Drowatzky