„Qualitätsjournalismus schafft sich selber ab“

von | 10. November 2010

Bürgerbeteiligung im Journalismus ist umstritten. Die Anzahl der Zeitungen, die sie einsetzt steigt jedoch und der Markt für Laienreporter unterliegt einem steten Wachstum. Trotzdem muss dies nicht zum Qualitätsverlust führen.

Der Chefredakteur der Salzburger Nachrichten Manfred Perterer kritisierte vor kurzem in seinem Artikel „Schindluder mit der Qualität“ den Bürgerjournalismus stark. Laienreporter und Blogger seien Amateure: „Wer von uns würde sich gern von einem Bürgerzahnarzt behandeln oder einem Bürgerpiloten in den Urlaub fliegen lassen? Niemand“, polterte der 50-Jährige. Mit seiner Meinung steht er nicht allein da. Regelmäßig brandet Kritik auf, wenn es darum geht, dass einfache Bürger sich selbst journalistisch betätigen.

Bürgerjournalisten – eine Gefahr für Redakteure

Entschließt sich eine Redaktion, die unbezahlten Reporter einzusetzen, erhöht dies natürlich Druck auf die Redakteure. Die Tendenz zu Stellenstreichungen wird nicht besser, wenn Laien die Arbeit der Journalisten übernehmen. Doch dies hat auch Nachteile. „Die Quellen sind fragwürdig. Es steht auf fast allen Seiten das Gleiche“, so Perterer. Hinzu komme, dass die Bürgerjournalisten nicht über die nötigen Qualifikationen verfügen. „Der Leser bekommt dadurch eher Quantität statt Qualität geboten.“

Mitarbeitende Bürger sind immer noch auf dem Vormarsch. DWDL.de berichtete, dass auch das „Hamburger Abendblatt“ mit Bürgerjournalisten zusammenarbeiten will. Sieben Hobbyreporter sollen, mit Laptop und Kamera ausgestattet, aus ihrer Region bloggen. So soll die Attraktivität des seit einiger Zeit hinter einer Pay-Wall versteckten Lokalteils der Zeitung weiter erhöht werden.

Heimatberichterstattung im Netz

Das Portal myHeimat.de ermöglicht Bürgern, online über Geschehnisse in ihrer Region zu schreiben. Einige der Beiträge werden sogar in den myHeimat-Heften abgedruckt und mit der Tageszeitung verteilt. Dennoch gibt es Unterschiede zwischen den Bürgerjournalisten, wie sie das Hamburger Abendblatt einsetzen will und denen von myHeimat.de. „Der myHeimat-Autor sieht sich nicht als Journalist. Er hat mehr Spaß und Interesse daran, Geschehnisse aus seiner Umgebung ins Gespräch zu bringen“, sagte Clemens Wlokas gegenüber medienMITTWEIDA. Er ist stellvertretender Chefredakteur der Madsack-Mediengruppe, zu der neben einigen Tageszeitungen auch myHeimat.de gehört. Nach Auffassung Wlokas‘ helfen die Bürgerreporter mit ihrem Engagement den Lokalredakteuren, alsdass sie ihnen schaden. „Bürgerreporter können bei der Themenfindung in den Lokalzeitungen ungemein wichtig sein“, so Wlokas. Der Redakteur könne dann selber entscheiden, ob er zu dem Thema recherchiert und letztendlich darüber berichtet.

Zukunft der Medien

In Zukunft werden wohl immer mehr Zeitungen auf die Bürgerreporter und Bürgerjournalisten zurückgreifen. Walter van Rossum, Investigativjournalist und Autor, sagte zu medienMITTWEIDA: „Prinzipiell ist der Bürgerjournalismus eine neue und interessante Verständigungsform im formalen Kontext. Die Qualität wird sich bald sortieren.“ Die Laienreporter seien aber nicht daran Schuld, wenn die journalistische Qualität weiter sinke. „Es bleibt nur die Frage, ob der Journalismus der User sich gut genug organisieren kann“, erklärt er.

<h3>Jana Rittstieg</h3>

Jana Rittstieg