Trauern im Web 2.0

von | 23. November 2010

Das deutsche Internetportal stayalive.com bietet eine neue Möglichkeit, sich mit dem Tod zu arrangieren. Da jeder Mensch irgendwann mit seinem Ableben konfrontiert wird, ist der Weg ins Internet naheliegend.

Das deutsche Internetportal stayalive.com bietet eine neue Möglichkeit, sich mit dem Tod zu arrangieren. Da jeder Mensch irgendwann mit dem Tod konfrontiert wird, ist der Weg ins Internet naheliegend.

Virtuelle Gedenkstätte

Das World Wide Web kommt an den Themen Tod und Trauern nicht vorbei. Das deutsche Start-Up stayalive.com bietet nun einen neuen Ansatz zur Trauerbewältigung. In diesem sozialen Netzwerk können User einem verstorbenen Angehörigen oder sich selbst eine virtuelle Gedenkstätte einrichten. Getreu dem Motto „Machen Sie sich unsterblich“ können die Nutzer – kostenpflichtig – unter anderem Fotos, Lieblingslieder und Rezepte für die zukünftigen Hinterbliebenen hinterlegen. Der Mitbegründer und teilhabende Geschäftsführer Matthias Krage will mit stayalive.com Nutzern die Möglichkeit geben, die schönen Momente und Erinnerungen an den Verstorbenen im Gedächtnis zu behalten. Nach der Meinung der sechs Gründer von stayalive.com, unter anderem der Herausgeber und ehemalige Chefredakteur des Focus Helmut Markwort, bieten Netzwerke wie Facebook und Co. in diesem Sektor nicht genug, es könne schließlich niemand wissen, „was genau nach dem Tod mit seinem Facebook-Profil geschieht“.

Geistliche Hilfe im Internet

Aber auch die klassischen Trauerhilfen, wie die Kirche und Beratungsstellen in freier Trägerschaft, verschließen sich nicht vor dem Weg ins Internet. So betreiben die evangelisch-lutherischen Kirchen in Deutschland seit Jahren das Internetportal trauernetz.de, deren Mitarbeiter dem Trauernden hilfreich mit Tipps und Ratschlägen in digitaler Form oder auch im persönlichen Gespräch zur Seite stehen. Außerdem stehen Foren und ein Chat zur interaktiven Trauerbewältigung mit anderen Betroffenen zur Verfügung – alles komplett kostenlos. Im Gegensatz zu stayalive.com bieten diese keine Vernetzungsfunktionen – eine Funktion die nicht unbedingt notwendig ist.

Keine Werbung aber auch keine Hilfe

Nun bietet stayalive.com einen Dienst an, über dessen Sinn oder Unsinn natürlich gestritten werden kann. Positiv fällt auf, dass die Entwickler der Seite komplett auf Werbung verzichten, um die Integrität zu wahren. Allerdings sucht der User auf der Website vergebens nach Tipps für die Trauerbewältigung oder einer professionellen Betreuung. Den größten Nutzen scheint das Portal für den intensiven Nutzer von sozialen Netzwerken zu haben, da dieser direkt seine Freunde aus Facebook importieren kann. Diese werden im Ernstfall über den Tod des Verwandten oder Freundes informiert. Auch können vom Nutzer hinterlegte Dokumente, wie Briefe oder Memoiren, festgelegten Verwandten oder Freunden nach dem Tod zugestellt werden. Das mediale Interesse an dem Projekt deutet auf das Potential der Idee hin und so könnte auch Matthias Krages Lebenstraum erfüllt werden. Sein Wunsch ist, dass „eine deutsche Website weltweiter Marktführer wird, bevor mein persönliches stayalive-Profil auf verstorben umgestellt wird“.

Im Audiointerview erklärt Mitgründer Matthias Krage, was das Portal stayalive.com so besonders macht.

<h3>Martin Kisza</h3>

Martin Kisza