Olympische Winterspiele 2014: Medaillenhoffnungen aus Mittweida

von | 10. Februar 2014

Die Olympischen Winterspiele in Sotschi sind teuer, gut organisiert und werden von zahlreichen politischen Belangen beeinflusst: Tritt damit der olympische Gedanke des sportlichen Wettbewerbs in den Hintergrund? Auch drei Studenten […]

Die Olympischen Winterspiele in Sotschi sind teuer, gut organisiert und werden von zahlreichen politischen Belangen beeinflusst: Tritt damit der olympische Gedanke des sportlichen Wettbewerbs in den Hintergrund? Auch drei Studenten der Hochschule Mittweida nehmen an völlig unterschiedlichen Herausforderungen und Disziplinen der Spiele teil.

Statistisch gesehen ist jeder zweitausend-dritte Student der Hochschule Mittweida bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi vertreten. Anders gesagt: Von den 6009 Absolventen unserer Hochschule nehmen zwei an den Spielen Teil. Ein weiterer ist als Cheftechniker der deutschen Skispringer vor Ort. Bei den Sportlern handelt es sich um die Immobilienmanagerin Franziska Fritz und den Wirtschaftswissenschaftler Eric Frenzel. Franziska Fritz tritt als „Bremserin” eines Zweierbob-Teams an, Eric Frenzel hingegen in der Disziplin Nordische Kombination.

Die Delegation der Hochschule Mittweida wünscht beiden Studenten der Fakultät Wirtschaftswissenschaften viel Erfolg bei den anstehenden Disziplinen!Die Erwartungen an den Skisportler sind besonders hoch – schließlich ist er zweifacher Einzelweltmeister und Weltcup-Gewinner 2012/13. Somit ist der gebürtige Annaberger auch in Sotschi kein Fremder, denn der russische Wintersportort war Gastgeber des letzten Weltcups. Die Bobpilotin und Teampartnerin von Franziska Fritz, Sandra Kiriasis, war dort übrigens ebenfalls vertreten und belegte in ihrer Disziplin den ersten Platz. Bei der Europameisterschaft holten die zwei Frauen als Team die Silbermedaille. Bisher sind die zwei Studenten übrigens noch keine „Olympioniken”: Dieser Begriff bezeichnet nämlich nicht etwa die Teilnehmer, sondern die Sieger des Wettkampfes.

Franziska Fritz – Im Zweierbob aufs Siegertreppchen

Franziska Fritz, Immobilienmanagerin an der Hochschule Mittweida, ist seit drei Jahren im Bobsport tätig. Ihre Erwartungen an Olympia sind etwas zurückhaltender als die ihres Kommilitonen, in Trainingsaufwand und Leidenschaft ist die 22-jährige Hildburghausenerin jedoch jedem anderen Athleten in Sotschi ebenbürtig. So absolviert sie in ihrem Studiengang nur wenige Module pro Semester, um Zeit für Wettkämpfe und das Training zu haben. Die Mühe macht sich offenbar bezahlt: Ihr Team erreichte bei der Weltmeisterschaft 2013 den 7. Platz, in Koenigssee wurden sie zweite. Franziska und ihre Pilotin Sandra Kiriasis treten am 18. und 19. Februar an.

Eric Frenzel – Gold-Favorit der Nordischen Kombination

Eric Frenzel wurde schon Wochen vor Beginn der Spiele als Favorit seiner Disziplin gehandelt. Das ist leicht erklärt: 16 Siege in Solo-Disziplinen, weitere sechs Weltcupsiege im Team und das alles in den letzten sechs Jahren. Natürlich treten auch die anderen 54 Kombinierer mit Erfahrung und einer ruhmreichen Vorgeschichte an. Einige davon, wie beispielsweise Norweger Magnus Moan, sind als Konkurrenten nicht zu unterschätzen. Was den 25-jährigen Frenzel jedoch zum Favoriten macht, sind seine aktuellen Saisonergebnisse. Klingenthal, Oslo, Lahti – wo man nur hinsieht: Bestplatzierungen. Am 12., 18. und 20. Februar finden die Wettkämpfe der Kombinierer in Sotschi statt. Die Erwartungen sind hoch.

Mit dem Sieg von Eric Frenzel in der Nordischen Kombination – Normalschanze führt Deutschland aktuell den Medaillenspiegel an. Nach dem Skispringen am Vormittag mit einem Sprung über 103 Meter gewann Frenzel auch den spannenden 10 km-Langlauf. Mit sechs Sekunden Vorsprung startete er vor dem Japaner Akito Watabe in das Rennen und erreichte 4,2 Sekunden vor diesem die Ziellinie. Mit seiner entscheidenden Attacke kurz vor dem Stadion setzte sich Eric Frenzel von seinem Konkurrenten ab und machte das erste deutsche Kombinations-Gold perfekt.

 

Ob Eric dem deutschen Team eine weitere Gold-Medaille bescheren kann, das wird sich am kommenden Dienstag im Einzel von der Großschanze zeigen.

Vom Profi-Sportler zum Cheftechniker der deutschen Skispringer

Neben den beiden Athleten und aktiven Teilnehmern am größten Wintersportevent des Jahres, arbeitet Erik Simon − Student der Hochschule Mittweida und ehemaliger, erfolgreicher Skispringer − als Cheftechniker der deutschen Skispringer und wird somit hinter den Kulissen der Spiele tätig sein.

Als ich Erik zum ersten mal anrufe, ist er auf dem Weg zum Frankfurter Flughafen. Von dort aus fliegt er, unter anderem begleitet von Franziska Fritz, nach Russland. Aufregung ist ihm nicht anzumerken: Schließlich war er zwölf Jahre lang im Profi-Sport tätig und kennt inzwischen die meisten Schanzen in Europa. Nur wenige Monate nachdem er seine Karriere als Skispringer unfallbedingt beenden musste, wurde er vom sportlichen Leiter und Bundestrainer zum Techniker berufen. So war Erik Simon im vergangenen Jahr beim Weltcup tätig. Doch nicht nur aus diesem Grund gibt es eine Verbindung zwischen Eric und Erik: Die beiden teilten, neben der gemeinsamen Leidenschaft für Skisport, fast vier Jahre lang eine WG in Oberwiesenthal.

Als Cheftechniker ist Erik schon drei Tage vor den Sportlern in Sotschi. Er nutzt die Zeit, um die Skier des Teams mittels Schliff und Wachs an die Gegebenheiten der Schanze anzupassen. Die ist, so Erik, fast optimal: „Beim gestrigen Training war es an der Schanze so gut wie windstill. Auch der skandinavische Schanzenbauer, die Präparateure und Assistenten haben ganze Arbeit geleistet.” Insgesamt ist er begeistert: „Die Veranstaltung ist merklich besser organisiert als zum Beispiel in Vancouver. Die Sicherheitskontrollen sind unproblematisch, die Stimmung in den zwei olympischen Dörfern ist überwältigend. Die freiwilligen Helfer tun ihr Übriges.” Zwei olympische Dörfer? „Ja. In Krasnaya Polyana gibt es zwei olympische Dörfer. Im Unteren befinden sich die Unterkünfte für die nordischen Disziplinen Langlauf und Biathlon: Im Mountain Village befinden sich die Quartiere der Alpin-Sportler. Die Häuser sind zehngeschossig und mit Außenpools und Wellnessbereichen ausgestattet – großartig!“ Erik selbst ist aber nicht im olympischen Dorf untergebracht, sondern etwas außerhalb im Hotel des Skiverbands.

Während des Telefonats findet im Stadion die Eröffnungsfeier statt: Beginn 17:14 Uhr, Ortszeit. In den sozialen Netzwerken herrscht vorab eine gewisse Häme, doch die Rezeption der Zeremonie fällt unerwartet positiv aus. SPIEGEL ONLINE beschreibt sie gar als „bieder„. Erik befindet sich derweil mit einigen anderen, die es nicht zur Eröffnung geschafft haben, im deutschen Haus und verfolgt die Feier im Fernsehen. In den ersten drei Tagen seit seiner Ankunft ist bereits einiges passiert: „Wir haben zum Teil bis nachts um zwei gearbeitet, um mit den Vorbereitungen fertig zu werden. Und die Besichtigung der Wettkampfstätten wie Krasnaya Polyana steht für kommende Woche an.”

Viel Kritik an Russlands Olympia…

Im Gegensatz zu den Gewinnern steht, zumindest aus Sicht deutscher Medien, der erste Verlierer der Winterspiele längst fest. Es handelt sich um die ehemaligen Bewohner von Sotschi, die – zum Teil auch ohne Entschädigung – umgesiedelt wurden. Offiziellen Zahlen zufolge handelt es sich um 6000 Betroffene. Die Nachnutzung der nun entstandenen Wohnflächen hingegen ist weitgehend unklar. Auch aus anderen Gründen stand der Gastgeber Russland vorab in der Kritik: Das im Juni des vergangenen Jahres verabschiedete „Gesetz gegen homosexuelle Propaganda” wurde international auch als Angriff auf die Rechte der Athleten und Besucher aufgefasst. Bis jetzt gibt es von vielen Seiten Kritik an den Menschenrechtsverletzungen, die im Dunstkreis der Olympischen Winterspiele stattfinden. So gab Bundespräsident Joachim Gauck bereits Ende 2013 bekannt, im Rahmen der Olympischen Winterspiele nicht nach Russland zu reisen. Fraglich ist dabei, ob nicht ein gewisser Anteil der Kritik mehr die russische Außenpolitik als das olympische Geschehen betrifft. Schließlich findet seit Jahren ein Tauziehen zwischen der EU und Russland um die Ukraine statt, in dem vor allem europäische Medien dem Präsidenten Wladimir Putin gern Unsportlichkeit vorwerfen. In dieses Bild fügen sich auch Berichte ein, nach denen die Arbeitsumstände der Journalisten in Sotschi gern als katastrophal bezeichnet werden dürfen.

Bei aller Kritik an den Rahmenbedingungen der Olympischen Winterspiele wird sich die Aufmerksamkeit der Sportwelt in den kommenden Tagen auf die Wettkämpfe richten. Deren Ergebnisse werden bekannt sein, lange bevor sich das Schicksal von Sotschi mit den neuen Wohnräumen und Wettkampfstätten entscheidet.

Egal ob auf Facebook oder Twitter, medienMITTWEIDA berichtet in den kommenden Tagen für Euch über die aktuellen Wettkampfergebnisse von Franziska und Eric. Wir drücken unseren Mittweidaer Athleten die Daumen und wünschen viel Erfolg!

Text: Clemens Arnold. Bilder: BSD, Horst Nilgen, Erik Simon, Eric Frenzel, Hochschule Mittweida. Video: Schmidt Media.

<h3>Clemens Arnold</h3>

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Redakteur