Beim Reden zugucken und beim Sehen zuhören. Die LateLine-Show bringt das Radio ins Fernsehen und das Fernsehen ins Internet. Alles ist miteinander verwoben und man hat das Gefühl, es ist alles möglich: einen Blumenstrauß in Hunde stecken, an Fäkalien rütteln und mit Dixiklos kuscheln. Oder war es andersherum?
Die LateLine existiert bereits seit fünf Jahren als reines Radioformat. Es wird ein Thema vorgestellt und die Zuhörer können Anrufen und sich mit dem Moderator darüber auslassen. Was veraltet und vielleicht langweilig wirkt, scheint wohl eine neue Renaissance zu erwarten. Denn vor drei Jahren entschied man sich, genau diese Show zusätzlich noch ins Fernsehen zu bringen. Ab 23 Uhr auf Einsplus der ARD. Als Radiosender sind unter anderem Sputnik, Njoy, DasDing (Rheinland-Pfalz) und Fritz mit im Boot. Der Jugendschutz greift ab dieser Uhrzeit nicht mehr – das wird gerne ausgenutzt.
Die Show tourt momentan durch Deutschland und war am 19.05. in Mittweida zu Besuch. Der ARD und die Studenten arbeiteten gemeinsam an der Umsetzung der Show und es gab das volle Backstage-Programm: Catering, Gastbetreuung, Kameramänner, Moderatoren, Produktionsleiter, Regie etc. pp. Eine gute Möglichkeit für alle, in die reale Medienwelt rein zu tauchen.
Ich wurde ins Fernsehstudio der Hochschule Mittweida zum „Pudding“ (Bezeichnung der Sitzanordnung um die Hauptbühne) gebracht. Ich saß, aß mein Popcorn und wartete geduldig. Die Stimmung war ausgelassen, es wurden Selfies gemacht, viel geredet und gelacht. Vier alte Kinostühle und ein Röhrenfernseher zierten die Bühne vor dem Übergroßen LateLineschild. Ingmar Stadelmann kümmerte sich selbst um das Warmup. Dem Publikum gefiel es, auch wenn es ab und zu mal beleidigt wurde. Nicht wahr, Paul? Dies wurde aber mit Berliner Charm des Moderators wieder wett gemacht.
Nach dem Warmup kam die offizielle Begrüßung und die Show ging los. Die Sendung und das Thema wurden vorgestellt und auch Hubert war wieder von Anfang an dabei. Hubert scheint ein Mix aus einer Katze und einem Kuschelbären zu sein, geht aber offiziell als Hund durch. Er ist süß und erfüllt seinen Zweck als geheimes Maskottchen der LateLine perfekt.
Das Thema „Festivals“ schaffte im Vorhinein schon die Grundlage für verrückte Geschichten, auch wenn es sich im Laufe der Sendung etwas zuspitzte und es zu abstrusen Kot-Stories kam:
Man stelle sich ein Festivalgelände vor. Zelt an Zelt an Zelt an Zelt. Jemand kommt aus einem dieser Zelte und scheint unter Druck etwas zu suchen. Anscheinend findet er es im Nachbarzelt. Es wirkt leer, denn niemand ist drin. Perfekte Vorausetzungen also, nicht über das ganze Gelände zum nächsten Dixiklo rennen zu müssen. Es bietet Sichtschutz, alles ist schön bunt und man hält viel von Nachbarschaftshilfe. Der Rest ist Geschichte.
Einerseits etwas fragwürdig, andererseits spielt das Leben nun einmal so.
Anfangs war ich sehr skeptisch, ob solch ein Konzept überhaupt funktionieren kann. Doch als der erste Anrufer durchgestellt war, fühlte ich mich irgendwie wohl. Mitten im Mediapool zwischen Skype, Twitter, Facebook, Radio, Anrufer und Moderator. Diese Art der direkten Interaktion war mir neu. Das Fernsehen als Plattform für alle gängigen Kommunikationsmittel zu nutzen und das auch noch so leicht. Auch Sputnik schaltete sich mit Hilfe des Hauseigenen Radiosstudios von 99drei mit dazu und rundete die ganze Sache ab. Ingmar Stadelmann machte über die zwei Stunden eine gute Figur und wurde stets von Michael v. Wolfframsdorff – seinen Sidekick – gekonnt unterstützt. Wolfframsdorff kümmerte sich um den Social Media Aspekt, las die Kommentare vor und brachte immer kleine eigene Stories und Witze ein. Es wirkte in keinem Moment zu viel, oder zu wenig.
Zum Ende hin kamen die Beiden noch einer Aufforderung von Zuschauern nach, Ingmar Stadelmann das Festivalspiel Flunky-Ball (auch bekannt als BüchsDeluxe) näher zu bringen. So kam es zum Schluss, dass sich die allgemeine Showelite mit den Gästen und dem Publikum gemeinsam betrank. Mit Wasser selbstverständlich. So viel Anarchie muss sein.
Mit Kontra K und LOT als musikalische Gäste hat man Genretechnisch einen großen Spagat gewagt, was aber der Qualität der Sendung keinen Abbruch tat. Sie selbst machten ebenfalls einen entspannten Eindruck und wurden gut in die Sendung integriert.
Letztendlich kann ich nur für mich sprechen: Ich will nicht sagen, dass die 2 Stunden wie im Flug vergingen, aber diese Art der Sendung hat mehr Potenzial, als manch andere größere Show, die es bisher gibt . Es hat Spaß gemacht, zuzuhören. Alles wirkte nahbar. Der Zuhörer und Zuschauer wurde direkt in die Gestaltung der Sendung einbezogen. Und trotz der Spontanität und gewisser Ungewissheit, verlor man nicht den roten Faden. Es war einfach schön zu sehen, dass Fernsehen nicht nur für Wettkämpfe, Nachrichten und Sex geeignet ist.
Ihr wollt mehr über das Konzept der LateLine-Show erfahren? Dann klickt hier, für das Buddygespräch mit Moderator Ingmar Stadelmann und Producerin Anne Reißner. Auf Storify haben wir für euch den Ablauf des Abends aus der Social Web-Sicht zusammengefasst. Das könnt ihr hier nachlesen.
Text: Clemens Albert. Fotos: Campusfestival Mittweida.