Wie wird sich der Onlinejournalismus entwickeln? Wie erreiche ich mit meinem Radiosender junge Menschen? Was muss eine zeitgemäße News-App bieten? Die „Call for Papers“-Gewinner Christoph Rieth, Hans-Jörg Evert und Johannes Meyer erklären ihre jüngsten Innovationen.
Die 15 Thesen des Onlinejournalismus
„Sei auf allen Plattformen zu Hause“ – das ist die erste der 15 Thesen, die Christoph Rieth vom MDR Entwicklungsbüro vorstellte. Noch immer steht die Frage im Raum, in welche Richtung sich der Onlinejournalismus entwickeln wird. Bedeutet der Journalismus im und fürs Netz einen endgültigen Werteverfall des klassischen Journalismus oder ist er eine Chance, junge Menschen durch Schnelligkeit und Multimedialität zu erreichen? Christoph Rieth sagt selbst, er sei nicht zu 100 Prozent von seinen Thesen überzeugt, sie seien eher eine Idee, ein Leitfaden. Fakt ist jedoch, dass Onlinejournalismus Regeln braucht, um die Menschen zu erreichen, sie zu begeistern und dem Leser hochwertigen, technisch einwandfrei präsentierten Content zu bieten.
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Sei auf allen Plattformen zu Hause!
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Mach deine Inhalte überall nutzbar.
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Schaffe ein eigenes Produkt mit starkem Markenkern.
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Gestalte Fomate und Inhalte so, dass sie teilbar sind.
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Kenne deine Nutzer und lerne sie zu adressieren und zu erreichen.
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Behandle und schaffe Themen, die Gesprächswert erzeugen.
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Produziere Inhalte und Formate originär für Plattformen und das Netz.
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Fördere und fordere Interaktion und Partizipation!
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Finde eine Tonalität über Plattformen und Ausspielwege hinweg.
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Nutze „Türöffner“ für verschiedene Zielgruppen.
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Agiere flexibel und experimentell!
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Baue eine vernetzte Infrastruktur auf, in der integrierte Teams dynamisch Projekte umsetzen können.
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Verwende einen signifikanten Teil deines Budgets für Online.
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Stelle Nutzerbedürfnisse und Produkte vor Unternehmenspolitik.
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Entwickle dich weiter!
„Jeder kann und darf publizieren, solang er sich an Recht und Ordnung hält“, appelliert Rieth. Wichtig sei die Verbreitung und Vernetzung – vom kleinen Blogger bis hin zum großen Unternehmen. „Man muss ein Netzwerk und eine Community aufbauen“, ergänzt er seine Thesen. Da sowohl das Netz, die Social Media-Kanäle als auch die Ansprüche der Nutzer einem ständigen Wandel unterliegen, sei er stark auf Feedback angewiesen und betonte in dem Zusammenhang, für jede Anmerkung dankbar zu sein.
Von der News-App zur mobilen News-Marke
Wie müssen Nachrichten gestaltet und publiziert werden, damit sie Dich und mich, stellvertretend für die Generation der 18- bis 35-jährigen, ansprechen? Richtig: Kompakt, übersichtlich und überall zu erreichen. Hans Evert sieht die Grundlage des Erfolgs seiner News-App „KOMPAKT“ in der Anpassung des Contents an das Smartphone. Doch nicht nur das: Er betont, dass sich die Entwickler bewusst gegen eine mobile Website und für eine App entschieden haben, um den Zugang zu den Nachrichten noch leichter zu gestalten. Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als 200.000 Downloads, eine durchschnittliche Verweildauer von fünf Minuten pro Visit und ein 95-prozentiger Returning-Faktor. News-Apps sind aber nicht neu auf dem Markt – was also macht „KOMPAKT“ so erfolgreich?
Der Entwickler der App ist überzeugt, dass kurze, knappe Artikel mit zusätzlichen Informationen wie Karten, Bildern und Videos der Schlüssel sind, um Rezipienten dauerhaft zu befriedigen und als Leser zu binden. Zudem betont er die neuartige Lösung des „Killerfeatures Kommentare“. „Die Pflege der Kommentare bereitet Probleme“, gesteht Hans Evert. Deswegen integrierte er ein neuartiges System: Die Nutzer können über einen grünen und roten Button über bereits veröffentlichte Kommentare abstimmen. Stimmt ein Nutzer gegen einen Kommentar, bekommt er selbst die Möglichkeit, seine Meinung kundzutun. Dabei helfen verschiedene, vorgegebene Keywords. Trotzdem müsse die Blacklist ständig aktualisiert werden: „Die Nutzer sind sehr kreativ beim Erfinden von Schimpfwörtern.“, witzelt der Journalist.
Produziert wird der Content für die App in Schichten von einem sechsköpfigen Team. Der Anspruch, schnell auf den Punkt zu kommen, steht für Evert dabei im Vordergrund. Die Frage aus dem Publikum, ob dieser Ansatz nicht zu oberflächlich wäre, beantwortet er selbstbewusst:
„Es ist nicht primäres Ziel, tiefgründig zu sein und es ist nicht möglich, die gesamte Komplexität eines Themas abzubilden. Das können wir nicht bieten.“
Trotzdem: Er scheint so ein Konzept entwickelt zu haben, um die kurzen „Smartphone-Moments“ seiner Rezipienten zu erhaschen. Die App gibt es übrigens für Android- und iOS-Nutzer kostenlos in den entsprechenden Stores.
Campusradio in der Hosentasche
Die Zukunft des Radios liegt in unserem Smartphone. Wenn ein Radiosender nicht über unser Smartphone zu erreichen ist, existiert er nicht in unserer Lebenswelt. Johannes Meyer, Entrepreneurial Journalist – wie er sich selbst bezeichnet – entwickelte auf Grundlage dessen die „NRWCampusRadioApp“.
Der ehemalige Student der Universität Siegen schwärmt von seiner Leidenschaft für Campusradios: „Im Radio kann ich ausführlicher erzählen, ich habe Sendezeit und einen Rahmen zum Experimentieren.“, erklärt er. Außerdem berichtete Johannes Meyer, wie er oft im Bus zur Universität fuhr und die Leute beobachtete, wie sie Musik über ihre Smartphones hörten – oftmals auch Radio.
„Ich fühlte mich in meiner Eitelkeit gekränkt. Sie sollten auch mich hören“, verriet er.
Diese Empfindung bot letztendlich die Basis für die Entwicklung seiner App, die nunmehr 13 nordrhein-westfälische Campusradios vereint.
„Alle Campusradios haben kein Geld. Alle Campusradios werden nicht gehört.“, fasst der Journalist zusammen. Ziel seiner Idee wurde, über zwei Klicks vom Homescreen jedes Smartphones erreichbar zu sein. Es dauerte knapp anderthalb Jahre, um die App zu konzeptionieren und zu entwickeln. Inzwischen erreicht er zwischen 500 und 1000 Nutzer. Genauere Angaben kann Meyer nicht machen, da die App lediglich „verteilt“ und die Nutzer mit den einzelnen Sendern verbindet. Begeistert spricht der Entwickler von den Besonderheiten der App:
„Der zuletzt gehörte Sender startet automatisch über die „ON AIR“-Funktion. Außerdem werden die Songtexte angezeigt und man kann die Lieder über einen „Plus-Button“ zu seiner persönlichen Merkliste hinzufügen.“
Johannes Meyers Idee ist neu, innovativ und hat Aufsehen erregt. Viele Campusradios aus anderen Bundesländern haben ihn bereits um Beratung gebeten.
Dass die Zukunft der Medien in den mobilen Endgeräten liegt, ist keine neue Information. Print vs. Online, PC vs. Tablet sind Diskussionen von gestern und haben längst keinen Platz mehr bei der Suche nach den perfekten Darstellungsformen für den Content der Digital Natives. Die drei Referenten scheinen individuelle und innovative Lösungen gefunden zu haben – sie begeistern die jungen Rezipienten und wissen, wie sie die Zielgruppe der 18- bis 35-Jährigen erreichen. Wir sind gespannt darauf, ihre Angebote nun in aller Ruhe zu testen.
Text: Magda Lehnert, Beitragsbild: Lisa Rößler.