Provinzflucht mit Milch & Zucker, bitte

von | 31. Januar 2017

Suche einen gemütlichen Ort außerhalb der Hochschulgebäude mit Steckdose, Wifi, Kaffee & leckeren Snacks. Los! Was in einer Großstadt ganz einfach wäre, ist in Mittweida gar nicht so leicht. Ich habe den perfekten Ort für eine kurze Flucht aus der Provinz gefunden.

Provinzflucht mit Milch & Zucker, bitte

Suche einen gemütlichen Ort außerhalb der Hochschulgebäude mit Steckdose, Wifi, Kaffee & leckeren Snacks. Los! Was in einer Großstadt ganz einfach wäre, ist in Mittweida gar nicht so leicht. Ich habe den perfekten Ort für eine kurze Flucht aus der Provinz gefunden.

Text, Bilder & Bearbeitung:
Magda Lehnert

Als ich die Tür öffne, riecht es nach frisch gemahlenen Kaffeebohnen. Wärme breitet sich in meinem durchfrorenen Gesicht aus und lässt meine Wangen noch röter werden, als ich den eingeschneiten Schal abnehme. Hinter mir, aus der Ecke, höre ich das Stimmengemurmel einer Gruppe Studenten, vor mir das laute, zischende Geräusch des Milchschäumers. Ich bestelle einen Cappuccino, hänge meinen nassen Mantel auf und setze mich an einen der dunklen Holztische.

Von meinem hohen Barhocker aus beobachte ich, wie der Barista den frisch gebrühten Espresso in die Tasse füllt und Milch aufgießt. Routiniert schiebt er die Tasse seiner Frau zu, die – wie immer – liebevoll eine kleine Zeichnung in den Schaum malt, bevor sie mir meinen heißen Cappuccino herüber bringt.

Ich sitze im Café No. 14 in der Weststraße, schräg gegenüber der Mensa der Hochschule Mittweida. Seit Eröffnung im Frühling des letzten Jahres ist das Café mein Zufluchtsort, wenn ich versuche, der Provinz für wenigstens ein paar Minuten zu entfliehen.

Wärme, Steckdosen, Wifi: Eine gemütliche Alternative zur grauen Mensa.

Wärme, Steckdosen, Wifi: Eine gemütliche Alternative zur grauen Mensa.

Denn so modern und hoch technologisiert meine zweite Heimat, das neue Mediengebäude der Hochschule auch sein mag, so scheint sein Standort fast ironisch: Mittweida – keine 15.000 Einwohner, eine Innenstadt geprägt von Gemüsehändlern, Discountern, alteingesessenen Bäckern und Döner-Geschäften und Totenstille nach 18.00 Uhr – vor allem am Wochenende und dann, wenn die 7000 Studierenden Mittweida in den Semesterferien fluchtartig verlassen.

Studenten unerwünscht

Wenn ich bisher an Cafés in Mittweida dachte, dann wohl auch eher an die angestaubte Atmosphäre, bitteren Kaffee, fehlendes Wifi und meinen gleichsam fehlenden Appetit auf die immer gleichen Backwaren. Oftmals frage ich mich, wenn mich doch die Müdigkeit an einen ihrer Kaffeeautomaten führt, weshalb die Cafés und Bäckereien die Wünsche und Bedürfnisse der Studenten so vehement ignorieren. Was folgt, ist keine Antwort – nur eine weitere, fette Schicht Remoulade auf dem Schinkenbrötchen.

Trotz aller Bemühungen des Projekts “Zukunftsstadt Mittweida” einen Dialog zwischen Bürgern und Studenten zu schaffen, scheint Mittweida im Kern noch immer geteilt in zwei Welten: Die der echten Mittweidaer und die der Studenten. Annäherung unerwünscht – zumindest in den Cafés der Bäckereien.

Ein bisschen Großstadt in der Kleinstadt

Anders im Café No. 14: “Klar ist die erste Zielgruppe der Student, aber natürlich versuchen wir ein Café für Jedermann zu sein. Wobei wir sagen müssen, dass das einheimische Klientel noch etwas auf sich warten lässt. Aber erfahrungsgemäß dauert das in Mittweida so etwa zwei Jahre.”, erklärt Ines Haferkorn, Inhaberin des Cafés auf der Weststraße. Michaela Füge, Studentin der Hochschule Mittweida, bestätigt: “Ich fühle mich hier direkt wohl und das geht nicht nur mir so. Die Atmosphäre ist einfach gemütlich und familiär. Es gibt leckere belegte Brötchen, der Kaffee ist wirklich gut und wird liebevoll gemacht.”

Und es stimmt: Das Angebot passt zum Trend: Es gibt Cookies und Donuts, Kaffeevariationen wie in einem Kaffeehaus im Prenzlauer Berg, Mate, vegetarische Mittagsgerichte und – am allerwichtigsten – Wifi und Steckdosen. Et voilá, fertig ist ein kleiner Raum gemütlichen Großstadtflairs in der sonst schlafenden Kleinstadt.

Entwicklung: Positiv

Auch Ines & Matthias Haferkorn sehen die Zukunft ihres Cafés positiv: “ Dafür, dass wir erst seit zehn Monaten hier vor Ort sind, entwickeln sich unsere Zahlen zunehmend positiv. Wenn die Entwicklung so bleibt und sich unsere Zahlen in den nächsten Monaten weiterhin gut entwickeln, wird das Café auch Bestand haben. ”

Auch in punkto Marketing hat das Ehepaar anderen gastronomischen Einrichtungen in Mittweida einiges voraus: Auf ihrer Website gibt es einen ersten bildstarken Einblick in das Café und fast täglich informieren die Inhaber auf ihrer facebook-Seite ihre Follower über das aktuelle Mittagsangebot.

Ines und Matthias Haferkorn sehen der Zukunft des Cafés positiv entgegen.

Ines und Matthias Haferkorn sehen der Zukunft des Cafés positiv entgegen.

Zuletzt schlossen in Mittweida, kaum ein Jahr nach Beginn meines Studiums, Café und Pub Black & White in der Innenstadt und vor wenigen Wochen erst der Gastronomiebetrieb des universitätsnahen ZUMM – trotz ihrer nahezu optimalen Standorte. Somit bleibt das Café No. 14 vorerst das einzige, das in Angebot & Ambiente dem Lifestyle eines (Medien)-Studenten im Jahr 2017 wirklich entspricht. Ein bisschen Großstadt in der Kleinstadt eben, ein bisschen “Ja, wir treffen uns dort!” statt “Nein, komm lieber in Alcatraz.”

<h3>mlehnert2</h3>

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