„Microsoft“ kopiert „Google+“

von | 6. Juni 2012

Das neue „Microsoft"-Netzwerk „So.cl" soll eine Lernplattform für Studenten sein. Trotz des guten Ansatzes werde es sich nicht etablieren, sagt Social Media-Experte Daniel Wagner.

Die ursprüngliche Idee hinter „So.cl“ ist einfach: Studenten sollen sich vernetzen, Inhalte teilen und lernen. Die 2011 gelaunchte Plattform stand aber vorerst nur Studierenden dreier US-amerikanischer Universitäten zur Verfügung, war zu diesem Zeitpunkt als reine Lehrplattform gedacht. Am 21. Mai wurde „So.cl“ dann still und heimlich für Jedermann geöffnet. Studenten bleiben aber vorerst die Hauptzielgruppe.

„Nachdem es ‚Googles‘ Strategie gewesen ist, mit ‚Google+‘ Suche und Social Network enger zu verknüpfen, kann ‚So.cl‘ durchaus als Versuch gedeutet werden, den selben Weg zu gehen“, meint Daniel Wagner, Geschäftsführer der Social Media-Beratung „danny woot„.

Der Social Media-Experte schätzt die Chancen von „So.cl“ als schlecht ein: „Die Zeit jedes Einzelnen ist begrenzt. Wenn es sich also nicht gerade um ein hilfreiches Nischen-Netzwerk handelt, das für bestimmte Personengruppen klare Vorteile bietet, so sehe ich schwarz für ‚So.cl'“, sagt Wagner.

„So.cl“ als neue Lernplattform?

Wie „Microsoft“ weiß, haben Internet-Suchmöglichkeiten und Social Networking das Zusammenarbeiten von Studenten grundlegend verändert. Obwohl der Softwarehersteller für „So.cl“ als ein Werkzeug zur „Informationsbeschaffung und zum Lernen“ wirbt, dürfte dieser Verwendungszweck dem User nicht auf Anhieb ersichtlich sein.

Vielmehr sieht die Seite aus wie eine Mischung aus Suchmaschine und „Facebook“ selbst: Die User können virtuelle Public Viewings veranstalten, Bildergalerien anlegen, die Suchanfragen anderer Mitglieder kommentieren. „Dieser besagte Lernaspekt ist eher Teil der Marketingkommunikation um ein Unterscheidungsmerkmal zu ‚Facebook‘, ‚Twitter‘ und ‚Google+‘ zu etablieren“, beurteilt Wagner.

Suchmaschine und Social Network in einem

Die Symbiose aus Suchmaschine und Social Network sei dennoch generell sinnvoll: „Die Interessen, Meinungen, Wertvorstellungen und Wünsche, die ich als Person habe, kommen von dem Umfeld, in dem ich mich bewege – also sprich von der Familie, von Freunden, von Lehrern“, erklärt Wagner. Demzufolge sei das vermeintlich individuelle Suchverhalten nicht so individuell, wie die Nutzer glauben würden: „Es ist sehr stark sozial geprägt.“ Er sieht in der Kombination eine Entwicklung „back to the roots“: „Wer vor hundert Jahren etwas wissen wollte, hat Freunde, Eltern oder den Pfarrer gefragt oder in Büchern nachgeschlagen.“

Kein Konkurrenzprodukt zu „Facebook“

Als interne Suchmaschine kommt der „Microsoft“-Dienst „Bing“ zum Einsatz. Dieser führt bereits seit Mai auch „Facebook“-Posts in der Ergebnisliste auf. So werden auch bei „So.cl“ Suchanfragen, Posts und Videos von „Facebook“-Freunden angezeigt. Dadurch soll die Vernetzung unter den Usern verstärkt werden. Das ursprünglich als Experiment gestartete Netzwerk will nach eigenen Angaben aber keinesfalls ein Konkurrent von „Facebook“ sein.

<h3>Richard Hardege</h3>

Richard Hardege