Plattform für Independent-Filme

von | 25. November 2010

Der finnische Film "Iron Sky" wird gerade in Frankfurt gedreht. Das Besondere: Viele Ideen bekam der Regisseur von seiner eigenen Internetcommunity. Die kollaborative Zusammenarbeit in der Filmproduktion zahlt sich aus.

Der Film „Iron Sky“ wird wahrscheinlich schon durch seine außergewöhnliche Geschichte Aufmerksamkeit erregen. Im Science-Fiction-Streifen kehren Nazis, die sich über Jahrzehnte auf der von der Erde abgewandten Seite des Mondes versteckt haben, zurück auf die Erde. Das Besondere an diesem Film, der derzeit in Frankfurt/Main gedreht wird, ist aber seine Entstehungsweise. Personen aus der ganzen Welt wirkten via Internet am Drehbuch mit. Das Produktionsteam konnte vielfach auf engagierte Helfer zurückgreifen, die auf der Website wreckamovie.com ihre Ideen zum Film abgaben. Obwohl die Produzenten von keinem professionellen Filmstudio unterstützt werden, liegt das Budget von „Iron Sky“ bei 6,9 Millionen Euro. Filmförderungsgesellschaften sichern dabei den Großteil der Summe ab, die restlichen 900.000 Euro sollen durch Crowdfounding finanziert werden, wovon bisher nur knapp 30 Prozent erreicht wurden.

Eine Erfolgsgeschichte aus dem Norden

Wreckamovie ist ein Treffpunkt für Hobbyfilmemacher und wird von den Star Wreck Studios betrieben. Die Finnen veröffentlichten 2005 mit „Star Wreck: In The Pirkinning“ ihren ersten Film. Aufgrund des Erfolgs beschlossen die Macher, die Arbeit für ihre zukünftigen Projekte und andere Filme zu vereinfachen und brachten 2007 Wreckamovie an den Start. Mitglieder können hier zu vorhandenen Projekten beitragen oder eigene Filme initiieren. In den meisten Fällen geben die Produktionsteams bestimmte Probleme und Fragen vor, worauf die einzelnen Nutzer ihre Lösungsvorschläge unterbreiten. „Die Plattform selbst wurde nicht gegründet, um Gewinn zu erzielen“, so der Gründer Timo Vuorensola gegenüber medienMITTWEIDA. Den wirtschaftlichen Erfolg ziehen die Betreiber vielmehr aus den kostenlosen Ressourcen, die dadurch erschlossen werden. Für die von Mitgliedern erledigten Aufgaben braucht der Produzent schließlich kein Personal einstellen. „Ich denke Community-Zusammenarbeit wird ein essentieller, Spielregeln ändernder Teil des Filmemachens in der Zukunft sein“, sagt Vuorensola.

Großes Publikum für kleine Produktionen

Ein deutsches Beispiel für Wreckamovie-Projekte stellt der Anfang November veröffentlichte Film „Snowblind“ dar, welcher von den Produzenten als „postapokalyptischer Spaghetti-Western“ angepriesen wird. Der Film ist frei zugänglich auf Youtube und wurde ebensfalls mit Wreckamovie realisiert. „Es ist schon ein sehr interessanter Prozess, wenn Leute von der ganzen Welt Einfluss auf die Gestaltung eines Spielfilms nehmen können,“ beschreibt Kalle Max Hofmann den Vorteil der Einbeziehung von Wreckamovie, mit der seine Produktionsfirma „MangoFilm“ zusätzlich Geld sparen konnte.

Das Budget des Titels belief sich auf 500.000 Euro. Hofmann ist vom Erfolg mit über 170.000 Zuschauern in drei Wochen begeistert. Im Vorfeld waren sich die Produzenten allerdings unsicher, ob Videoplattformen wie Youtube eine gute Wahl wären, um das Projekt erstmals zu veröffentlichen. „Die 80 Prozent abgegebenen positiven Bewertungen sprechen aber eine deutliche Sprache, dass auch Langfilmformate dort dankbar angenommen werden,“ so Hofmann. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist aber die Refinanzierung des Projekts: „In dieser Hinsicht sieht es noch nicht besonders vielversprechend aus“, räumt er ein. Diese Vermutung kam aber schon früher auf und so sehen die Produzenten die „initiale Verbreitung des Films erst einmal als eine Art Werbekampagne.“ Die Zukunft solcher Projekte hängt laut Hofmann von den Nutzern ab. Entscheidend sei, ob sie bereit sind, Geld für etwas auszugeben, das sie sich auch kostenlos anschauen können.

<h3>Jörg Lehmann</h3>

Jörg Lehmann