Die Tage werden dunkler, die Nächte kälter ー wer freut sich da nicht auf entspannte Serienabende? So eine richtig klischeehafte Weihnachtsromanze zwischen zwei Teenagern oder doch lieber etwas zum Wegschmeißen vor Lachen? Wohlfühlfaktor garantiert! Und wer schon wieder die Nase voll von all diesen kitschigen Liebesdramen hat, für den gibt es etwas nordische Mystery mit Horrorelementen ー also dranbleiben.
Weihnachten zu Hause
Johanne (Ida Elise Broch), dreißig Jahre alt, Krankenschwester, Single. Als sie zum Familien-Adventsessen zwischen den Babyzwillingen ihres Bruders platziert wird, platzt ihr der Kragen. Sie beginnt eine Lüge, die nicht nur ihre komplette Vorweihnachtszeit, sondern auch ihr Leben auf den Kopf stellen wird.
Staffel eins erschien im Dezember 2019, passend zur Weihnachtszeit. Hinter dem Netflix-Original verbirgt sich eine klassische Liebeskomödie. Aufgeteilt in sechs Folgen, jeweils 30 Minuten lang, folgt man Johanne bei ihren Männereskapaden. Obwohl die Serie FSK 12 gekennzeichnet ist, verbirgt sich hinter dem seichten Plot eine Serie für Erwachsene. Regie führte Per-Olav Sørensen, bekannt durch die Serie Quicksand und dem Film Royalteen. Nachdem im Januar 2020 die zweite Staffel erschien, gibt es Gerüchte, dass die dritte Staffel im Dezember 2023 folgen wird, offiziell bestätigt wurde dies aber noch nicht.
Liebenswerte Nebencharaktere mit guten Plots
Neu ist die Handlung nicht. Die Hauptperson ist Single und versucht vor Weihnachten noch einen Partner zu finden. Natürlich scheint es bei allen anderen Menschen in ihrem Leben perfekt zu laufen, nur bei ihr nicht. Doch während sie sich durch zahlreiche erfolglose Dates quält, wird ihr bewusst, dass nicht nur sie Probleme in Sachen Beziehung hat.
Trotz der massiven Übertreibungen ist Weihnachten zu Hause doch gar nicht so weit weg von der Realität, denn viele fanden sich schon einmal in der Welt von Dating-Apps wieder. Die zahlreichen Dates, die Johanne durchläuft, führen allerdings nicht nur bei ihr zu Verwirrung. Durch ständig wechselnde Personen und Handlungen verliert auch der Zuschauer schnell den Überblick.
Weihnachtsfeeling kommt auf jeden Fall auf, von Entspannung kann man aber nur träumen. Doch neben dem klassischen Kitsch und einem Vater, der im Wettkampf um die beste Weihnachtsbeleuchtung mit seinem Nachbarn steht, werden auch ernstere Themen angesprochen. Von langsam zerbrechenden Ehen bis zu Beziehungen mit größerem Altersunterschied. Auch die Auswirkungen von Drogenkonsum und Einsamkeit im hohen Alter werden anhand berührender Geschichten der Krankenhauspatienten von Johanne thematisiert. Dies ist auch ganz klar eine Stärke der Serie: liebenswerte Nebencharaktere mit guten Plots. Auch die LGBTQIA Community wird repräsentiert, selbst wenn es ein eher kurzes Vergnügen ist. Alle Figuren haben im Allgemeinen eine runde und ausgereifte Persönlichkeit.
Weihnachten zu Hause schaut man schnell durch und ist perfekt für alle, die etwas zum Lachen suchen. Staffel eins birgt Suchtpotenzial und macht definitiv Lust auf mehr.
Dash & Lily
Lily (Midori Francis) ist 17 Jahre alt, wohnt in New York und ist ein totaler Weihnachtsfan. Sie ist Optimistin, kreativ und hält es für viel leichter, mit Erwachsenen zu kommunizieren als mit gleichaltrigen Menschen. Als sich das Weihnachtsfest aber in ihren persönlichen Albtraum verwandelt, fasst sie mit ihrem Bruder einen Plan. Durch ein rotes Notizbuch will sie ihre große Liebe finden. Dafür füllt sie das Notizbuch mit Rätseln und versteckt es in ihrem Lieblingsbuchladen. Dash (Austin Abrams) ist sarkastisch, trauert immer noch seiner letzten Beziehung hinterher und findet die Weihnachtszeit furchtbar. Ausgerechnet er findet Lilys Notizbuch. Fasziniert von den Herausforderungen fängt er an, diese zu lösen. Die sich dadurch formende Schnitzeljagd zwischen ihm und Lily führt beide in ein Netz aus Verwirrung, Emotionen, neue Bekanntschaften und Erfahrungen.
Basierend auf dem Roman Dash & Lilys Winterwunder erschien die Serie im November 2020 als Netflix-Original. In acht Folgen, jeweils 30 Minuten, wird die Liebeskomödie erzählt. Mit FSK 6 gekennzeichnet, wird schon verraten, dass es sich um leichten Stoff handelt. Geschrieben wurde sie von Joe Tracz, der vor allem für die Serie Eine Reihe betrüblicher Ereignisse bekannt ist.
Großes Lob oder 08/15?
Obwohl Dash & Lily allgemein bei Kritiken gut wegkommt, stellt sich die Frage nach dem Warum.
Ein Mädchen, viel zu nett für diese Welt und nicht sehr beliebt. Sie macht ihre Kleidung selbst und schreckt dabei vor Farbe nicht zurück. Ein Junge, angeblich Einzelgänger, nur um dann doch alle fünf Minuten bei seinem besten Freund aufzutauchen. Trotzdem sie nicht unterschiedlicher sein könnten, werden sie beide voneinander angezogen. Kommt einem doch irgendwie bekannt vor, oder? Die Geschichte ist 08/15, vorhersehbar und nicht besonders originell.
Auch wenn versucht wird, mit der Schnitzeljagd Abwechslung einzubringen, gelingt dies nur mäßig. Durch wechselnde Perspektiven und Zeitsprünge wird versucht ein Spannungsbogen aufzubauen. Dies führt allerdings eher zu Verwirrung und einem stockenden Handlungsfluss.
Laut Rotten Tomatoes, einem Kritikportal für Filme und Serien, liegt die durchschnittliche Bewertung der Zuschauer bei 70 Prozent. Was erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen der Nebencharakter, wie die Liebesgeschichte Lilys Bruders mit seinem Grindr-Date, interessanter sind als die der Hauptcharaktere.
Hier liegt aber auch eine der wenigen Stärken dieser Serie: Die Geschichte repräsentiert sehr gut die moderne Gesellschaft. Neben LGBTQIA-Charakteren werden auch verschiedene Kulturen realitätsnah dargestellt.
Obwohl sich die Serie nur auf acht Folgen aufteilt, mit insgesamt etwas mehr als drei Stunden, ist sie an manchen Stellen schon sehr schwerfällig und in die Länge gezogen. Sollte man einmal pausieren, ist es zweifelhaft, ob man die Motivation findet, wieder auf Play zu drücken.
Der größte Kritikpunkt der Serie ist jedoch, dass traumatische Ereignisse nur oberflächlich behandelt werden. Die entstehenden Probleme lassen sich einfach mit einem Fingerschnippen in Luft auflösen. Ob Trennungskinder, konstantes Wechseln der Wohnorte oder lebensverändernde Entscheidungen, die einfach von den Eltern getroffen werden. Obwohl das alles natürlich keine neuen Themen sind, sollte man auf den richtigen Ton achten und den Themen auch ihre zustehende Härte lassen. Beispielsweise bekommt Lily von ihren Eltern eröffnet, dass sie innerhalb einer Woche auf die andere Seite der Welt ziehen. Würde man da nicht versuchen, in seiner Heimat zu bleiben? Zumal ihr Opa eine riesige Wohnung besitzt, in der sie bis jetzt sowieso schon gewohnt haben. Aber nein, nicht Lily – denn sie findet sich mit der Situation ab und findet es auch gar nicht schlimm, dass ihr Opa sie nicht bei sich wohnen lässt, nur weil sie das erste Mal in ihrem Leben Teenagerdinge erlebt und einen Jungen im Kopf hat.
Dash & Lily ist ganz klar für Teenager konzipiert. Besonders das Thema, sich durch andere ermutigen zu lassen, steht bei der Serie im Vordergrund. Ob sie dies allerdings rüberbringt, ist zweifelhaft. Weihnachtsfeeling kommt beim Schauen schon auf, wird aber durch unausgereifte Charaktere übertönt, die dabei eher an eine billige Fanfiction erinnern.
Elfen
Die vierköpfige Familie Svane fährt für ihre Weihnachtsferien auf eine entlegene Insel im dänischen Inselmeer. Dort angekommen, haben sie auf der Suche nach ihrer Unterkunft einen vermeintlichen Wildunfall. Vom schlechten Gewissen geplagt, kehrt Tochter Josefine (Sonja Steen) später allein zum Unfallort zurück, um dort eine Entdeckung zu machen, die sowohl ihre Familie als auch alle Einwohner der Insel ihr Leben kosten könnte.
Das 2021 erschienene Netflix-Original vermischt Drama mit Horror-Mystery und bietet damit perfekte Abwechslung zu den typischen Weihnachtsromanzen. In einer Staffel mit sechs Folgen, je rund 30 Minuten, taucht der Zuschauer in die nordische Mythologie ein. Mit FSK 16 gekennzeichnet, lässt sich schon vermuten, dass es neben Liebesbeziehungen und Familiendrama auch blutrünstige Elemente gibt. Die Idee stammt von Jannik Tai Mosholt und Christian Potalivo (The Rain), geschrieben von Stefan Jaworski und regie führte Roni Ezra.
Blut und Mystery unterm Weihnachtsbaum
Elfen ー wie der Name schon vermuten lässt, birgt diese Serie mystische, ja vielleicht sogar magische Momente. Doch wer fröhliche und liebenswerte Stunden sucht, sollte bei dieser Serie passen.
Einmal Weihnachten in Dänemark: nordische Mythologie begeistert viele und lässt Platz für Grusel-Elemente. Mit dem Setting auf der kleinen dänischen Insel wird eine gute Atmosphäre geschaffen. Auch auf unnötige Längen wird verzichtet, was der Serie große Pluspunkte bringt. Leider muss man dafür unausgereifte Charaktere in Kauf nehmen.
Besonders thematisch fällt eins auf: nicht die Wesen, sondern der Mensch ist das Böse. Probleme in Bezug auf Menschen werden gut, aber auch auf Kosten der Charaktere aufgezeigt. Ob Umweltschutz, Vandalismus eines Naturschutzgebietes oder Wegnahme von Lebensraum ー von allem ist etwas dabei.
Eine zweite Staffel scheint wohl eher abwegig, was sich aber positiv auswirken könnte. Obwohl Staffel eins mit einem offenen Ende aufhört, ist die Handlung in sich sinnvoll abgeschlossen.
Direktes Weihnachtsfeeling kommt bei Elfen nur bedingt auf. Die Serie bietet ein gutes Setting, aber nur mittelmäßiges Gruseln. Wer also nach einer Wohlfühlserie oder blanken Horror sucht, ist hier falsch.
Text und Bild: Kira Lange