Die „Junge Presse Berlin“ ist noch immer geschockt: Nick Jaussi, ein Mitglied des Verbandes für Nachwuchsjournalisten, wurde bei seiner Arbeit von der Polizei abgeführt. Die Polizei wirft ihm nun Hausfriedensbruch vor. „Das ist ein klarer Verstoß gegen das Landespresseschutzgesetz Berlins“, protestierte die Jugendpresse. Die Berliner Polizei hingegen scheint sich keiner Schuld bewusst –wirklich ernst scheint sie die Bedenken nicht zu nehmen. Die „Junge Presse Berlin“ plant jetzt eine Dienstaufsichtsbeschwerde.
Doch was war passiert? Etwa 80 Studenten erklärten am Abend des 17. November 2011 einen Hörsaal der „Freien Universität Berlin“ für besetzt. „Eine Einigung mit der Universitätsleitung kam nicht zustande, woraufhin diese die Polizei alarmierte und Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs stellte“, schildert die Berliner Polizei den Vorfall gegenüber medienMITTWEIDA. Die Studenten ihrerseits informierten drei Journalisten, die den weiteren Verlauf dokumentieren wollten, darunter auch Nick Jaussi. „Als freier Fotograf hatte ich den Auftrag die Bildungsstreikdemonstration in Berlin zu begleiten“, erklärt der 23-Jährige.
Polizei streitet Verstoß gegen Landespresseschutzgesetz ab
Laut dem Polizeibericht mussten letztlich 56 Personen aus dem Raum gebracht werden. „Die Beamten überprüften deren Personalien und leiteten Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruchs ein“, erklärt die Berliner Polizei. Auch Nick Jaussi wurde abgeführt, obwohl er einen Jugend-Presseausweis gut sichtbar um den Hals trug. „Mir wurde gesagt, dass ich mich auf Privatgrund befinde und somit das Hausrecht über allem stehen würde. Weitere Gründe wurden mir nicht genannt“, erinnert sich der freie Fotograf.
Die Polizei hingegen erklärte medienMITTWEIDA: „Am Ort anwesende Journalisten verschiedener Medien folgten den Anweisungen der eingesetzten Beamten und konnten ihrer Arbeit, unterstützt durch die Polizisten, ungehindert nachgehen“. Die zwei zusätzlich anwesenden Pressevertreter, die sich mit dem bundeseinheitlichen Presseausweis als Journalisten zu erkennen gaben, wurden nicht angezeigt.
„Berliner Polizei verstößt gegen geltendes Recht“
„Die Reaktion der anwesenden Beamten beurteile ich als völlig Fehl am Platze“, kritisierte Bernd Fiedler, Vorstandssprecher der „Jungen Presse Berlin“. Jeder vor Ort habe durch den Jugend-Presseausweis genau erkennen können, dass Jaussi nicht zu den Besetzern gehörte und über die Räumung berichten wollte. „Wir verurteilen dieses Vorgehen, da wird einfach gegen geltendes Recht verstoßen. Es war einerseits unnötig und angesichts der Dienstaufsichtsbeschwerde, die wir gerade anstrengen, dumm“, prangert Fiedler an. Auf eine offizielle Reaktion wartet die „Junge Presse Berlin“ noch immer.
Eingriffe in die journalistische Arbeit scheinen – so schildert es Nachwuchsjournalist Nick Jaussi – keine Seltenheit zu sein. „Ich habe bereits erlebt, dass Gewalt von Polizisten gegen mich und andere Pressevertreter angewendet wurde und auch die Festnahme eines Kollegen gesehen. Dennoch war selbst für mich diese krasse Einschränkung der Pressefreiheit in diesem Maße neu“, sagt Jaussi. „Ich glaube, das Gefühl der Machtlosigkeit war in diesem Moment am schlimmsten, den Beamten hilflos ausgeliefert zu sein.“
Jugend-Presseausweis generell anerkannt
Nach einem solchen Vorfall wird auch die Wirksamkeit des Jugend-Presseausweises bezweifelt. Eigentlich soll dieser Nachwuchsjournalisten bei der Recherche helfen und ihre journalistische Tätigkeit glaubhaft nachweisen. „Normalerweise funktioniert der Jugend-Presseausweis recht gut, auch in diesem Fall: Ein Fotokollege, der den ‚großen‘ Presseausweis hatte, wurde ja erst gar nicht mehr ins Gebäude gelassen“, sagt Fiedler.
Der Jugend-Presseausweis wird auch von den deutschen Journalistenverbänden anerkannt. „Insofern kann ich sagen: Natürlich wird der Jugend-Presseausweis in der Öffentlichkeit akzeptiert. Ein paar unbedachte Polizisten können mich da nicht vom Gegenteil überzeugen“, bekräftigt Fiedler. Diese Einschätzung teilt auch Nick Jaussi: „Ich habe eigentlich viele gute Erfahrungen mit dem Jugend-Presseausweis gemacht. Unter anderem war ich aktuell bei den Protesten um den Castor-Transport dabei, bei dem der Jugend-Presseausweis ganz klar als ebenbürtig angesehen wurde.“ Bei der Berichterstattung von der Hörsaal-Besetzung hat der Ausweis diese Funktion allerdings nicht erfüllen können.