In den letzten Jahren hat ein ungewöhnlicher Sport die Aufmerksamkeit auf sich gezogen und begeistert Menschen weltweit: Hobby Horsing. Was einst als kindliche Fantasie abgetan wurde, hat sich zu einer ernstzunehmenden Freizeitbeschäftigung und sogar zu einem wettkampforientierten Sport entwickelt. Jugendliche und Erwachsene schwingen sich nicht auf echte Pferde, sondern auf kunstvoll gestaltete Steckenpferde, um komplexe Dressur- und Springübungen zu absolvieren. Dieser Trend, der ursprünglich aus Finnland stammt, verbindet Kreativität, handwerkliches Geschick und körperliche Fitness. Doch mit diesem Sport geht nicht nur Freude einher – Viele Teilnehmer leiden unter Mobbing und stoßen auf Ablehnung.
Was ist Hobby Horsing?
Hobby Horsing (engl.: „Steckenpferd reiten“) ist eine beliebte neue Trendsportart, bei der das Steckenpferd zum Sportpartner wird. Dabei werden Elemente des klassischen Pferdesports, wie Springreiten oder Dressur, spielerisch und so realitätsnah wie möglich nachgestellt. Die Handhaltung der Sportler entspricht dabei der des Reiters, während sie mit den Beinen die Bewegungen und Gangarten eines Pferdes imitieren. Die verschiedenen Disziplinen im Hobby Horsing bieten eine breite Palette an Herausforderungen und Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung. Während es im Bereich Dressur auf die präzise und elegante Ausführung von festgelegten Bewegungsabläufen und Figuren ankommt, geht es beim Springreiten eher darum, einzelne Hindernisse oder einen Parcours fehlerfrei zu überwinden. Dabei spielen sowohl Sprungkraft als auch Schnelligkeit und Geschicklichkeit eine entscheidende Rolle. Auch Westernreiten, Polo oder Vielseitigkeit sind mögliche Disziplinen, die man als Hobby Horser ausüben kann.
Hobby Horsing ist keine neue Erfindung
Steckenpferde existieren seit Jahrhunderten und waren ursprünglich einfache Spielzeuge für Kinder. In Finnland hat sich dieses Spiel jedoch zu einer organisierten und anerkannten Sportart für Jung und Alt entwickelt. Seit 2008 gehen dort über 10.000 Menschen diesem ungewöhnlichen Hobby nach. Neben zahlreichen regionalen Wettkämpfen und Turnieren findet jedes Jahr eine nationale Meisterschaft statt. Dabei kommen Hobby Horse Reiter aus dem ganzen Land zusammen, um ihre Begeisterung für den Sport zu teilen und ihre Fähigkeiten zu messen. Diese Meisterschaften unterstreichen den sportlichen Charakter des Hobby Horsing in Finnland und heben die Disziplin weit über den Status einer bloßen Freizeitaktivität hinaus.
Von Finnland in die Welt
Über soziale Medien wie Instagram, YouTube und TikTok verbreitet sich dieser Sport rasant und gewinnt nicht nur in den skandinavischen Ländern, sondern auch in weiteren Teilen Europas an Popularität. Seit 2015 begeistert das Reiten ohne Pferd zunehmend auch die Menschen in Deutschland. Aus ersten Nachahmern formten sich kleine Clubs, was dazu führte, dass 2018 die ersten deutschen Vereine Hobby Horsing als Sportart anboten. Inzwischen wird die Zahl der aktiven Hobby Horser in Deutschland auf rund 5.000 geschätzt. Hobby Horsing ist zudem nicht mit dem ursprünglichen Kinderspiel des Steckenpferd Reitens gleichzusetzen, denn es gibt wesentliche Unterschiede, die in der Intensität, Struktur und Zielsetzung der beiden Aktivitäten liegen. Zum einen sind die Übungen und Choreografien im Hobby Horsing komplex und erfordern ein hohes Maß an Training, Koordination und körperlicher Fitness. Teilnehmer trainieren regelmäßig, um ihre Fähigkeiten zu verbessern und an Wettbewerben teilzunehmen. Es hat sich zu einem strukturierten Sport entwickelt, der von Vereinen und Clubs organisiert wird. Die Zielsetzung im Hobby Horsing geht über das reine Spiel hinaus. Es geht darum, sportliche Leistungen zu erbringen, sich zu verbessern und in Wettkämpfen zu messen. Beim Kinderspiel Steckenpferdreiten gibt es keine vorgegebenen Strukturen oder Regeln. Es geht hauptsächlich darum, seine Fantasien spielerisch auszuleben, ohne den Fokus auf sportliche Leistung und Wettbewerbsdruck zu legen. Das Hauptziel des Steckenpferdreitens ist der Spaß und die Freude am Spielen. Es gibt keine formalen Trainings oder Wettkämpfe, und die Aktivität ist in erster Linie eine spielerische Freizeitbeschäftigung.
Ist Hobby Horsing wirklich ein Sport?
Hobby Horsing ist zwar noch nicht flächendeckend als offizieller Sport anerkannt, hat jedoch in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in diese Richtung gemacht. Bislang dienten die finnischen Regelwerke als Vorlage für den Sport in Deutschland. Nun arbeitet ein Komitee bestehend aus deutschen Hobby Horsern, Richtern und Trainern an der Erstellung eines Regelwerkes mit dem Ziel, einheitliche Regeln zu schaffen. Diese sollen den Turniersport professioneller ausbauen und gestalten, Trainer- und Richterschulungen ermöglichen. Damit soll Hobby Horsing einen Schritt näher in Richtung des offiziellen Sports rücken. Seit 2023 sorgt auch der Hobby Horser Pass für Fairness und Sicherheit bei Turnieren. Er dokumentiert die Leistungen in den verschiedenen Disziplinen und Klassen sowie Turniererfolge und Sichtungen vor Prüfern, Richtern und Trainern.
Wer Hobby Horsing schon einmal ausprobiert hat, weiß – Es ist anstrengender, als es aussieht. Es hat sich vor allem deswegen als Sport etabliert, weil es sowohl körperliche als auch geistige Anforderungen stellt, die zu einer gesundheitlichen Förderung beitragen. In der Disziplin Springen wird zum Beispiel die Sprungkraft trainiert sowie Ausdauer und Kondition, wohingegen Dressurübungen die Körperspannung und den Gleichgewichtssinn beanspruchen. Darüber hinaus bietet Hobby Horsing auch geistige Vorteile. Das Einüben komplexer Choreografien und das Meistern von Hindernisparcours schulen die Konzentration und das räumliche Vorstellungsvermögen.
Hate im Netz
Trotz des steigenden Zuspruchs für den Trendsport bringt Hobby Horsing mehrere gesellschaftliche Herausforderungen mit sich, die sowohl die Teilnehmer als auch die breitere Gemeinschaft betreffen. Eine der größten Herausforderungen sind die Vorurteile, die diesem ungewöhnlichen Sport anhaften. Viele Menschen betrachten Hobby Horsing noch immer als kindische oder alberne Aktivität, was dazu führt, dass Teilnehmer häufig Mobbing und Spott ausgesetzt sind. Trotz der körperlichen und geistigen Anforderungen, die dieser Sport stellt, und der strukturierten Organisation durch Vereine und Wettkämpfe, wird Hobby Horsing oft nicht mit traditionellen Sportarten gleichgestellt.
Text: Emma Theuring, Titelbild: Canva