Blockchain ist nicht gleich Bitcoin. Ein digitales Kassenbuch punktet mit Sicherheit und Transparenz, welches jedoch auch hohen Energiekosten und Datenmanipulation ausgesetzt ist. Zwischen Potenzial und Problem lohnt ein zweiter Blick.
Seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 2008 bleibt die wahre Identität des Schöpfers Satoshi Nakamoto ein Rätsel. Die Blockchain-Technologie gilt neben künstlicher Intelligenz als neue technische Revolution. Mit Versprechen wie Transparenz, Dezentralität und Sicherheit bei Transaktionen soll es zukünftig möglich sein, gänzlich auf Mittelsmänner wie Banken oder Behörden zu verzichten.
Was ist eine Blockchain?
Diese Frage stellen sich knapp zwei Drittel der Deutschen laut einer Studie von 2024 des Branchenverbandes Bitkom.
Quellenverweis: Jeder und jede Dritte hat noch nie von „Deepfakes“ gehört , Bitkom e. V.
Eine Blockchain kann man sich wie ein digitales Kassenbuch vorstellen. Jede Seite dieses Buches ist ein sogenannter Block, der Transaktionsdaten, einen Zeitstempel und einen sogenannten Hashwert enthält – ein kryptografisch erzeugter Fingerabdruck, der auf mathematischen Algorithmen basiert. Dieser ist wie ein Siegel, das die Seite vor Manipulation schützt. Der Zeitstempel wiederum fixiert den genauen Zeitpunkt chronologisch, an dem die Transaktion erstellt wurden.
Quellenverweis: Video zur Funktionsweise einer Blockchain, Hochschule Luzern
Was sind Hashwerte und was ist Mining?
- Der Hashwert wird von allen Teilnehmern im Netzwerk durch das Lösen einer Rechenaufgabe ermittelt, die auf dem jeweiligen Blockchain-Protokoll (z. B. Bitcoin) basiert..
- Wer diese Aufgabe am schnellsten löst, bestätigt die Transaktion. Diese Methode wird als „Mining“ bezeichnet – eine Art digitaler Arbeitsnachweis.
- Die „Miner“ sammeln Transaktionen, bündeln diese zu einem Block zusammen und müssen dann nach Kriterien aus dem jeweiligen Protokoll den Hashwert hierfür ermitteln.
- Im Falle von Bitcoin erfolgt die Entlohnung ihrer Arbeit durch eine Kombination aus neu erzeugten Kryptowährungen und den Transaktionsgebühren.
- Alle beteiligten Miner, welche an der Erstellung eines neuen Blocks mitgewirkt haben, zahlen geringe Blockchain-Transaktionsgebühren. Dies sind kleine Beträge, die für die Validierung der Transaktionen im Blockchain-Netzwerk erhoben werden.
Quellenverweis: Ablauf des Mining-Prozesses am Beispiel von Kryptowährungen, bitcoin-2go.de

Quellenverweis: Arbeitsprozess eines Miners vereinfacht dargestellt, eigene Darstellung

Quellenverweis: Funktionsweise eines Hashwerts in einem Kassenbuch, eigene Darstellung
Diese Struktur sorgt für fälschungssichere Einträge, denn jeder Nutzer im Netzwerk erhält eine exakte Kopie des Kassenbuchs. Wenn ein Teilnehmer versuchen würde, etwas an diesem Kassenbuch zu manipulieren, würden alle Nutzer dies sofort erkennen. Das macht eine nachträgliche Änderung schlichtweg unmöglich. Die Veränderung der Originalinformationen einer “vorherigen Seite” würde zu einem komplett anderen Hashwert führen. Die bekannteste Anwendung eines solchen digitalen Kassenbuchs, welches nichts anderes als eine Verkettung von Blöcken darstellt, ist die Kryptowährung Bitcoin. Autor Dr. Julian Hosp beschreibt es in seinem Buch Blockchain 2.0 mit den Worten:
”Eine Blockchain ist eine digitale Datei, in der dieselbe Information von allen Mitgliedern einer Gesellschaft abgespeichert und Updates in regelmäßigen Zeitblöcken an die bereits bestehende Information angehängt werden, so dass jeder Teilnehmer die gesamte Information besitzt und sich nicht auf andere verlassen muss.”
Anwendungsgebiete & Entwicklungen
Der ursprüngliche Gedanke der Blockchain-Technologie war es, eine digitale Währung ohne zentrale Regulierungsstelle zu entwickeln. Der Wegfall von Mittelsmännern wie Banken oder Plattformbetreibern kann zur Stärkung von Transparenz und Vertrauen zwischen den beteiligten Parteien beitragen. Diese Eigenschaften sind besonders gefragt in der Verwaltung, im Gesundheitswesen und bei der Erstellung einer digitalen Identität im Netz.
Quellenverweis: Gegenüberstellung von zentralen und dezentralen Systemen, eigene Darstellung
Intelligente Verträge
Um die Lieferprozesse für den Endkunden transparent und nachvollziehbar zu machen, investieren viele Unternehmen in die Blockchain-Technologie. So dokumentiert der finnische Schokoladenhersteller Goodio jeden seiner Verarbeitungsschritte auf einer Blockchain. Mithilfe eines QR-Codes auf den fertigen Produkten kann sich der Verbraucher umfassend über den gesamten Prozess informieren und jeden Schritt in kürzester Zeit nachvollziehen. Dieses Prinzip kennt man auch unter dem Namen „Smart Contracts“, welche nach einer „Wenn-Dann-Logik“ arbeiten. Diese intelligenten Verträge werden automatisch ausgeführt, sobald eine bestimmte Bedingung erfüllt ist. Ein Beispiel erklärt Blockchain-Experte Dr. Julian Hosp in seinem Buch „Blockchain 2.0“ anhand von Immobilienkäufen und -verkäufen. Durch die Automatisierung und Dezentralisierung dieser Prozesse mittels dieser intelligenten Verträge können viele der bislang hohen anfallenden Gebühren wie Grundbucheintragung, Notar- oder Maklergebühren entfallen oder deutlich reduziert werden. Die Registrierung und alle Details zu der Immobilie seien in einer Blockchain transparent und für jeden nachzuvollziehen.
Vorteile
- Dezentralisierung: Die Kontrolle der Blockchain liegt nicht nur an einer Stelle oder , wodurch Manipulationen erschwert werden.
- Schutz vor Manipulation: Die Verkettung der Blöcke im „Kassenbuch“ sorgt dafür, dass einmal erfasste Daten nachträglich nicht mehr geändert werden können.
- Transparenz: Alle Teilnehmer eines Netzwerks haben für den jeweiligen Anwendungsbereich Einsicht in alle Abläufe, was Vertrauen schafft.
- Effizienzsteigerung: „Smart Contracts„ ermöglichen schnellere und kostengünstigere Abläufe und können Wettbewerbsvorteile für Unternehmen schaffen.
Nachteile
- Hoher Energieverbrauch: Die Berechnung der einzelnen Blöcke erfordert enorme Rechenleistung, wodurch hohe Strom- und Umweltkosten entstehen.
- Datenmanipulation: Die Blockchain schützt zwar vor nachträglicher Manipulation, garantiert jedoch nicht die Richtigkeit der Ursprungsdaten. Wie Mario Oettler von der Blockchain-Academy Mittweida betont, bleibt die Transparenz gefährdet, wenn falsche oder Informationen von Beginn an in die Blockchain eingebracht werden.
- Technologische Risiken: Durch den enormen Fortschritt im Bereich Quantencomputing könnte die Sicherheit der Technologie zukünftig gefährdet sein. Die aktuellen Verschlüsselungsmethoden wären für solche Systeme in Sekunden zu umgehen.
- Akzeptanzprobleme: Viele Unternehmen stehen der Technologie noch kritisch gegenüber. Eine Umfrage aus 2023 des Branchenverbandes Bitkom ergab, dass deutsche Unternehmen wie fehlendes technisches Knowhow oder auch ein Mangel an Personal als ein Problem angeben. (siehe Abbildung – Herausforderungen für deutsche Unternehmen)
Die Integration von Blockchain in ihre Infrastruktur und die damit verbundenen Kosten lassen Zweifel aufkommen. Die Nutzung von etablierten Systemen wird zurzeit noch bevorzugt genutzt.
Quellenverweis: in Anlehnung an Bitkom, 2025, bitkom.org
Relevanz & Prognose
Blockchain hat das Potenzial, nicht nur Wirtschaft und Industrie, sondern auch gesellschaftliche Prozesse zu verändern. Beispielsweise testen einige Regierungen die Blockchain-Technologie für die sichere Speicherung von Wahlergebnissen, um Wahlbetrug zu verhindern. Auch in der Medienbranche wird Blockchain genutzt, um Urheberrechte zu schützen und digitale Inhalte fälschungssicher zu machen. Journalisten könnten mithilfe von „Micropayments“, also Kleinstbeträgen, für einzelne Artikel entlohnt werden. Rezipienten könnten somit teure Monatsabos umgehen und Medienhäuser daraus neue Erlösmodelle etablieren. An der Blockchain-Academy in Mittweida laufen zurzeit mehrere ähnliche Projekte. Sie verfolgt das Ziel, Fachkräfte in Sachen Blockchain zu schulen und an die Region zu binden. Der Einsatz digitaler Identitäten bei Wahlen und die Speicherung von Gesundheitsdaten auf einer Blockchain sind Themen, die dort diskutiert werden.
Quellenverweis: Einschätzung von Unternehmen zur Nutzung der Technologie im Jahresvergleich, w3now.de
Statistiken zeigen, dass die Nutzung von Blockchain in Unternehmen eher stagniert und das Interesse daran nachlässt. Einer Studie des Hanseatic Blockchain Institute aus dem Jahr 2024 zufolge sank das Interesse deutscher Unternehmen an der Technologie im Vergleich zum Vorjahr.
Während einige Experten Blockchain als grundlegende Innovation betrachten, die viele Branchen revolutionieren könnte, sehen andere sie als überbewerteten Trend, der in einigen Jahren wieder verschwinden könnte. Einen großen Einfluss darauf, wie sich diese Technologie entwickelt, könnten Quantencomputer haben. In diesem Zusammenhang weist der Kryptologe und Mathematiker Daniel J. Bernstein in einer Publikation darauf hin, dass Technologien wie Bitcoin, Blockchain & Co. kurzfristig vor Quantenangriffen geschützt seien. Mittelfristig bestünde jedoch Handlungsbedarf, um die Sicherheit und den Datenschutz zu gewährleisten.
Quellenverweis: Übersicht der aktuellen und zukünftigen Verschlüsselungsverfahren, eigene Darstellung
Die Integration quantensicherer Verschlüsselungsverfahren und die Akzeptanz durch Unternehmen werden maßgeblich darüber entscheiden, ob die Blockchain dauerhaft an Relevanz gewinnt. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, die Technologie technisch weiterzuentwickeln, regulatorisch einzubetten und gesellschaftlich zu verankern. Erst dann könnte sich zeigen, ob Blockchain sein großes Potenzial ausschöpfen kann und zu einer der führenden Zukunftstechnologien wird.
Text, Titelbild: Jörn Schröder, Video: Hochschule Luzern