Und es gibt ihn doch

von | 7. Dezember 2009

Den Festtag des heiligen Nikolaus am 6. Dezember nahmen wir zum Anlass mit Karl-Micheal Soemer zu sprechen. Er besucht seit vielen Jahren Kinder zum Nikolaus und sorgt dafür, dass der Geist des heiligen Nikolaus nicht verloren geht.

Wie kamen Sie dazu sich als Nikolaus zu vermieten?

Mit 16 Jahren bin ich beim Seniorenkreis in meinem Heimatort (Rönkhausen im Sauerland) für den Nikolaus eingesprungen, der damals sehr krank war. Bei dieser Feier habe ich mein Herz an den Nikolaus verloren. Es ist wunderschön in glänzende Augen zu schauen, die sich freuen, wenn der Heilige Nikolaus sie besucht.

Wie verstehen Sie Ihren Job?

Ich verstehe mich als vorweihnachtlicher Bote, der den Menschen etwas von der Nächstenliebe und von guten Taten der Menschen bringen möchte. Beispielhaft am Nikolaus, der in seiner legendär historischen Gestalt alles gab, um andere Menschen glücklich zu machen. Wenn wir heute etwas vom Teilen und vom Schenken ohne Gegenleistung verstehen wollen, dann kann der Nikolaus da ein Vorbild sein.

Bemerken Sie bei ihren Auftritten im Laufe ihrer Karriere Veränderungen der Erwartungen an den Nikolaus?

Früher hatte ich öfters Werbeanfragen von Firmen oder Geschäften. Ich denke aber, dass sich herumgesprochen hat, dass ich eher für Kinder und Familien „zu haben“ bin. Der Nikolaus kann und soll nicht zu einer Werbefigur degradiert werden. Bei meinen Auftritten versuche ich immer authentisch das zu verkörpern, was mir am Nikolaus wichtig ist. Das beißt sich meist mit der Werbefigur, die dann eventuell noch Flugblätter oder Warenproben verteilen soll.

Familien feiern Nikolaus immer häufiger im Freundesverbund, das finde ich sehr schön. Freunde und Verwandte tun sich zusammen, treffen sich zum Adventskaffee und als Überraschung kommt der Nikolaus. Eine wirklich sehr schöne Sache. Die Einzelbesuche (Eltern mit einem oder zwei Kindern) werden etwas weniger. Eine schöne Entwicklung, da sie meiner Meinung nach alte Traditionen und neuen Formen widerspiegelt.

Gab es besondere Ereignisse, an die Sie sich heute noch erinnern?

Ja, ich habe mal bei einem Auftritt meinen Nikolaussack vergessen (glücklicher weise war der leer). Das fiel mir dann auf dem Weg zur nächsten Familie auf. Umkehren ging nicht mehr, weil es zu spät war. Also bin ich bei der Raiffeisen (Genossenschaft) vorbeigefahren und habe gefragt, ob ich einen Sack haben könne. Der dortige Verkäufer sprach mich die ganze Zeit mit „Herr Erzbischof“ an und ließ sich auch nicht davon überzeugen, dass ich nur ein Nikolausdarsteller bin. Bis auf den Bart und die Mitra behalte ich beim Fahren alle Nikolauskleidung an.

Haben sich die Geschenke im Laufe der Zeit verändert, vor allem was Anzahl und Größe angeht?

Insgesamt ist das eine Frage der Familie, die ich besuche. Es gibt Familien, die schenken ein Bilderbuch, ein paar Socken und etwas Süßes, es gibt aber auch Familien, bei denen reicht ein Sack nicht aus. Da werden Kinder mit Päckchen überschüttet. Bei letzteren Familien geht der Sinn meiner Meinung nach verloren, da der Nikolaus ja auf das eigentliche Friedensfest hinweisen will – Weihnachten. Und theologisch gesehen kommen alle Geschenke von Gott. Sorry für den theologischen Gedankensprung, ich meine natürlich keine Socken, Bücher und
Spielekonsolen, sondern das Leben in seiner Fülle. Damit dürfte die Frage:

Spielt das Christentum bei Ihnen persönlich und bei Ihren Auftritten eine Rolle?

… fast schon geklärt sein. Advent, Nikolaus und Weihnachten sind ohne Christentum für mich undenkbar. Ich feiere die Ankunft des Herrn. Nicht den Geburtstag oder die Ankunft des Weihnachtsmannes mit seinen Rentieren. Von meiner Vorbildung bin ich Religionspädagoge und habe anschließend Theologie studiert. Dementsprechend ist der weihnachtliche Festkreis mit vielen seiner schönen Traditionen und Ausformungen immer zielgerichtet auf die Geburt Jesu und das Erlösungswerk Gottes an den Menschen.

Sind Kinder heute aufgeklärter als früher, glauben sie noch an den Nikolaus?

Die Kinder in der Altersstufe, die ich als Nikolaus besuche, glauben alle an den Nikolaus. Zweifelnde Kinder glauben meist nach dem Besuch noch einmal für einige Zeit an den Nikolaus. Aber es spielt auch keine wirkliche Rolle. Wenn Kinder mich fragen: „Bist Du der echte Nikolaus?“, dann antworte ich darauf: „Ja, ich bin hier der echte Nikolaus. Der echte Nikolaus ist immer da, wenn Kinder geliebt werden, Gutes getan wird, und wenn sich die Menschen im Advent eine Freude bereiten. Nur, man sieht den Nikolaus nicht immer dabei“. Damit können die Kinder und auch die größeren Kinder gut leben. Jeder versteht es auf seine Weise und ich muss nicht lügen. Ich konnte bisher aber nicht feststellen, dass die Kinder, was den Nikolaus angeht, heute aufgeklärter sind, als vor 20 Jahren.

Haben Sie früher an den Nikolaus geglaubt?

Ja, früher habe ich an die personelle Form des Nikolauses geglaubt, der nachts vor meiner Zimmertür Leckereien in meine Stiefel gelegt hat. Auch als ich wusste, dass meine Mutter das tut, war der Zauber nicht verloren. Ich betrachte es so, wie ich in meiner vorigen Ausführung beschrieben habe. Also, ich glaube auch heute noch an den Nikolaus. Sonst wäre das auch kein „Job“, keine Beruf(ung) für mich.

Wir bedanken uns für das Gespräch.

<h3>Jakob Ihde</h3>

Jakob Ihde